leichtathletik.de-Analyse - Kugelstoßen Männer
Die Olympische Leichtathletik-Saison 2008 ist Geschichte. Sowohl mit Enttäuschungen als auch mit freudigen Überraschungen im Gepäck kehrten die Athleten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) aus Peking (China) zurück. leichtathletik.de nimmt die einzelnen DLV-Disziplinbereiche unter die Lupe, macht eine Momentaufnahme, bilanziert das Jahr 2008, blickt voraus auf 2009 und stellt die aktuellen Hoffnungsträger vor.
Wo stehen die DLV-Asse international?„Die Platzierung in der Weltbestenliste ist besser als das, was wir letztendlich beim Höhepunkt, den Olympischen Spielen in Peking, erreicht haben.“ DLV-Disziplintrainer Werner Goldmann fängt also mit dem Positiven an. Peter Sack (LAZ Leipzig) hat sich mit 21,19 Metern auf dem achten Platz einrangiert, Ralf Bartels (SC Neubrandenburg) mit 20,60 Metern auf dem 26. Rang.
Peter Sack gehörte mit dieser Leistung von 21,19 Metern, 2007 hat er auch schon 21,00 Meter gestoßen, mit zum erweiterten Kreis der Weltspitze. Ralf Bartels zählte vor seiner Knieverletzung mit zur Weltspitze, war Europameister in Göteborg (Schweden) 2006 und Bronze-Medaillengewinner bei der WM 2005 in Helsinki (Finnland). Er hatte sich mehrfach unter den besten Acht bei internationalen Höhepunkten qualifiziert.
„Allerdings, bei Olympischen Spielen haben wir beinahe regelmäßig unsere schlechtesten Ergebnisse produziert und das kann nicht befriedigen“, merkt der Trainer kritisch an. Peter Sack schaffte mit 20,01 Metern nicht den Einzug ins Finale, Ralf Bartels musste wegen Verletzung ganz auf seinen olympischen Einsatz verzichten.
Dabei zeigte Peking, dass die Weltspitze nicht weit weggeeilt ist, es früher wesentlich bessere Ergebnisse im Medaillenbereich gegeben hat. „Für Peter Sack hat, wenn man die aktuellen Leistungen des olympischen Kugelstoßfinales betrachtet, durchaus eine Medaillenchance bestanden, wenn er an sein Bestleistungsniveau herangekommen wäre“, meint Werner Goldmann. Doch hätte, wenn und aber, die Realität war eine andere. „Wir haben als Kugelstoßer das schlechteste Ergebnis der letzten 20 Jahre bei Olympischen Spielen erzielt“, fällt das Fazit des Trainers kritisch aus.
Die Bilanz 2008
Am 17. Mai, also sehr früh in der Saison, schaffte Peter Sack in Versmold seine Bestweite von 21,19 Metern, bei Nieselregen und Temperaturen von 14 Grad. An dieses Leistungsvermögen konnte er allerdings auf Grund einiger kleiner gesundheitlicher Probleme die gesamte folgende Wettkampfsaison über nicht mehr anknüpfen. Trotz einer sehr gut verlaufenden unmittelbaren Wettkampfvorbereitung schied er dann mit 20,01 Metern in der Olympia-Qualifikation in Peking als 13. aus. Offensichtlich ist seine individuelle Technik unter Stressbedingungen noch nicht stabil genug, um bei nachweislich hohem Leistungsvermögen in solchen internationalen Wettkämpfen erfolgreich zu sein.
Ralf Bartels musste sich im Herbst 2007 am Knie operieren lassen und kam 2008 erst so richtig bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg wieder in Schwung. Dort schaffte er unter misslichen Witterungsbedingungen mit 20,60 Metern seine Jahresbestweite und wurde Deutscher Meister. Danach steigerte er seine Form weiter, doch wenige Tage vor der Olympia-Entscheidung im Kugelstoßen zog er sich bei einer leichten Sprintübung einen Muskelfaserriss in der rechten Wade zu, der dann einen Start bei Olympia verhinderte. „Das war schon tragisch, denn er war richtig im Höhenflug.“
Andy Dittmar (LG Ohra-Hörselgas) hatte 2007 eine Brustmuskelverletzung, die ihn lange zum Aussetzen zwang. Als das ausgeheilt war, verletzte er sich erneut, diesmal im Adduktorenbereich. Planmäßig konnte er erst trainieren, nachdem die Nominierung schon fast abgeschlossen war, das heißt kurz vor den Deutschen Meisterschaften. Er hatte eigentlich keine wirkliche Chance, noch das Olympia-Ticket zu bekommen.
Detlef Bock (TV Wattenscheid 01) hatte 2007 eine Ellenbogenoperation und danach kam er nicht wieder richtig in Form. Mittlerweile hat er sich aus dem Leistungssport zurückgezogen.
Marco Schmidt (VfL Sindelfingen) sah 2007 mit einer Bestweite von 19,52 Metern gute Chancen, 2008 die Olympianorm von 20,30 Metern zu packen. Aber er plagt sich seit längerer Zeit mit Fußproblemen herum, und dass hindert ihn daran, seine Leistungen zu steigern.
Sehr gut entwickelt hat sich Julian Dobbrunz (FSV Sarstedt; Jahrgang 1985), der auf 19,56 Meter kam und damit Rang vier in der deutschen Bestenliste einnimmt.
Sven-Eric Hahn (VfL Sindelfingen) konnte in diesem Jahr ebenfalls eine gute Entwicklung nachweisen und seine Bestleistungsweite von 19,55 Meter unter den schwierigen Witterungsbedingungen bei den Deutschen Meisterschaften aufstellen. Das war für ihn, der voll im Studium steht, eine anerkennenswerte Leistung.
Bei den U20-WM in Bydgoszcz (Polen) überstrahlte David Storl (LAC Erdgas Chemnitz) alles, mit seinem Sieg und der Weite von 21,08 Metern (mit der 6 Kilogramm-Kugel), die gleichzeitig neuen deutschen Jugendrekord bedeutete. Er setzte damit nahtlos seine internationale Erfolgsstory fort, die mit Gold bei der U18-WM begann.
Ebenfalls überzeugen konnte Hendrik Müller (SC Neubrandenburg) mit einem sehr guten achten Platz. „In diesem Jahr war der C-Kader (Anm. Jahrgänge 1990/91), zu dem neben diesen beiden Aushängeschildern noch weitere sieben Athleten gehören, so stark wie noch nie in meiner bisherigen 18-jährigen Amtszeit als DLV-Trainer“, meint Werner Goldmann. So etwas hängt sicher von der Entwicklung der einzelnen Jahrgänge ab, die nun mal unterschiedlich stark sind. „Sie hängt aber auch“, und auf diese Feststellung legt der DLV-Trainer wert, „vom Trainerpotential ab. Es gab zeitweise nur drei, vier Trainer in Deutschland, die sich direkt und fast ausschließlich mit dem Kugelstoßen befassten. Aber nun hat sich das verbessert. Im letzten Olympiazyklus haben wir zwei Trainer hinzubekommen, die sich sehr im Kugelstoßen engagieren.“ Das ist einmal Peter Salzer, der in Sindelfingen trainiert, und zum anderen Sven Lang, der im sächsischen Thum arbeitet und unter anderen David Storl, Max Bedewitz (LG Mittweida), Drehstoßer Candy Bauer (LV 90 Thum), Thomas Tandel (LAZ Leipzig) und Sophie Kleeberg (LV 90 Thum) unter seinen Fittichen hat.
Die Chancen 2009
Die Qualifikationsnorm für die WM in Berlin ist mit 20,30 Metern die gleiche geblieben wie vor den Olympischen Spielen in Peking. Kandidaten dafür sind in erster Linie Peter Sack und Ralf Bartels. Dazu kommt als Dritter Andy Dittmar, der nochmals alles daran setzen wird, dabei zu sein. Mit Julian Dobbrunz, Marco Schmidt und Sven-Eric Hahn sind drei Leute in der Hinterhand, von denen der eine oder andere mit der zusätzlichen Motivation einer WM im eigenen Land den großen Leistungssprung vollziehen und in den Normbereich stoßen könnte.
„Wir werden alles daran setzen, mit drei Athleten in Berlin an den Start zu gehen“, meint Werner Goldmann. „Zwei Leute sollen dann in den Endkampf kommen, und mit entsprechender Leistungsentwicklung die Chance zu nutzen, um eine Medaille zu kämpfen.“
In der Hallensaison werden sich zuvor sowohl Peter Sack als auch Ralf Bartels und Andy Dittmar auf einen Start bei der Hallen- EM in Turin (Italien) vorbereiten.
Für die U23-EM in Kaunas (Litauen) kommt vor allem der momentan Beste, Markus Bandekow (SCC Berlin), in Frage, der bei Werner Goldmann trainiert. Er hat sich gut entwickelt, ist bei 18,02 Metern angekommen. Für ihn sollte die Qualifikationsnorm von 18,60 Metern machbar sein.
Daneben haben mit Arthur Hoppe (LG Radolfzell), ein ehemaliger Diskuswerfer, der sich im Drehstoßen ausprobiert, Tobias Hepperle (VfB Stuttgart) und Tobias Dahm (VfL Sindelfingen) drei junge Athleten die Chance, mit großen Anstrengungen in den Bereich von 18,60 Meter zu kommen. „Doch Medaillenambitionen gibt es in diesem Altersbereich nicht, die Weltspitze ist zu weit voraus.“
Für die U20-EM in Novi Sad (Serbien) sind erneut David Storl und Hendrik Müller startberechtigt und sie gehen mit guten Aussichten in diesen Wettkampf. David Storl wird wieder um Gold kämpfen. Neben den beiden gibt es noch weitere Kandidaten mit Max Bedewitz, Marcel Bosler (TV Iffezheim) und Thomas Tandel (LAZ Leipzig).
Für die U18-WM in Brixen (Italien) bietet sich vor allem Dennis Lewke (SC Neubrandenburg) an, der bei Gerald Bergmann trainiert.
Die Hoffnungsträger
„Ich hoffe, dass Peter Sack und Ralf Bartels bis 2012 noch dabei bleiben“, schaut DLV-Trainer Werner Goldmann voraus. „Damit wären sie für den nächsten Olympiazyklus die Hoffnungsträger im Erwachsenen-Bereich. Hinter ihnen gilt das ebenso für die beiden jüngeren Athleten Julian Dobbrunz und Candy Bauer. Aus dem Nachwuchsbereich ist natürlich David Storl, der im nächsten Olympiazyklus mit Sicherheit den Anschluss an das nationale Spitzenniveau herstellen wird, der absolute Hoffnungsträger.“
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