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Das Leichtathletik-Jahr 2007 ist Geschichte. Die deutsche Szene war dabei vor allem von einer erfolgreichen WM in Osaka (Japan) gekennzeichnet. leichtathletik.de nimmt die einzelnen DLV-Disziplinbereiche unter die Lupe, macht eine Momentaufnahme, bilanziert das Jahr 2007, blickt auf 2008 voraus und stellt die aktuellen Hoffnungsträger vor.

Mit seiner Zeit von Heusden (Belgien), als Jan Fitschen mit einem fulminanten Lauf das WM-Ticket löste und seine Bestzeit über 5.000 Meter um zwölf Sekunden auf 13:14,85 Minuten verbesserte, ist der Wattenscheider schnellster Deutscher über diese Distanz. Im europäischen Vergleich nimmt er damit Platz vier ein. Schnellster 10.000-Meter-Läufer ist der Chemnitzer André Pollmächer (27:55,56 min), immerhin zweitbeste Zeit auf dem Kontinent hinter dem Iren Alistair Cragg (27:39,55 min).
Um einiges schlechter sieht es da bei den Marathonläufern aus. Kein einziger Deutscher findet sich unter den besten 30 Europäern wieder. Jahresbester über die 42,195 Kilometer ist Martin Beckmann von der LG Leinfelden-Echterdingen mit 2:15:22 Stunden.
Die Bilanz 2007
Jan Fitschen vertrat nach der verletzungsbedingten Absage von André Pollmächer die deutschen Farben bei den Weltmeisterschaften auf der Bahn. Um zwei Plätze oder 2,16 Sekunden verfehlte er den Endlauf über 5.000 Meter. „Das war meine erste WM, leider musste ich Lehrgeld zahlen“, kommentierte er sein Rennen. Für Osaka hatte sich der 10.000-Meter-Europameister in einem Ausscheidungsrennen gegen den Tübinger Arne Gabius in Heusden qualifiziert. Der „Vorzeigeathlet“, wie in die Frankfurter Allgemeine Zeitung nach seinem EM-Sieg bezeichnet hat, kämpfte in diesem Jahr lange um seine Form.
„Ich war ein bisschen übertrainiert“, gestand er nach dem Erfolg in Heusden, seine Anläufe davor auf die WM-Norm waren gescheitert. Eigentlich stand schon Arne Gabius in den Startlöchern für Japan. Doch im entscheidenden Moment konnte er mit Jan Fitschen nicht Schritt halten und musste vier Runden vor Schluss aussteigen.
Dennoch kann der Schützling von Dieter Baumann auf eine beachtliche Saison zurückblicken. Schon unter dem Hallen-Dach überzeugte er über 3.000 Meter und belegte im DLV-Trikot den neunten Platz bei den Hallen-Europameisterschaften. Beim Askina in Kassel verbesserte er seine Bestleistung über 5.000 Meter auf 13:27,48 Minuten und startete im Anschluss beim Europacup in München. Hier belegte er einen hervorragenden zweiten Platz und sammelte wertvolle Punkte für das deutsche Team. Diesem Erfolg fügte der Medizinstudent seinen ersten Deutschen Meistertitel in Erfurt hinzu.
"Das ist der Hammer, dass er dieses Rennen gewinnt. Wir hatten keinen Gedanken an einen Sieg verschwendet. Im Rennverlauf waren plötzlich die Perspektiven da", sagte DLV-Disziplintrainer Detlef Uhlemann nach dem 10.000-Meter-Europacup in Ferrara (Italien). André Pollmächer gelang es in die Fußstapfen von Dieter Baumann zu treten, der diesen Wettbewerb zweimal (1997, 2002) für sich entscheiden konnte. In 28:17,17 Minuten deklassierte der EM-Siebte die europäische Konkurrenz, war aber damit noch nicht am Ende seiner Leistungsentwicklung angekommen.
Am 2. Juni lief er im belgischen Dommelhof 27:55,66 Minuten und unterbot damit die WM-Norm (28:06,00 min) klar. Eine Knieverletzung zerstörte die Träume von einem Start bei den Weltmeisterschaften.
Mit großen Ambitionen hat der Wattenscheider Alexander Lubina an das Abenteuer Marathon angepackt. Dreimal ging er in diesem Jahr über die 42,195 Kilometer an den Start. Einzig in Brügge (Belgien) kam er ins Ziel (2:21:27 h). In Berlin und bei den Deutschen Meisterschaften in Mainz erwischte den blonden Läufer der „Mann mit dem Hammer.“ „Wahrscheinlich ist mein Laufstil wohl doch noch zu kraftraubend, so dass ich (noch) nicht ökonomisch genug über die Marathondistanz komme“, schreibt er auf seiner Homepage. „Wie es nun weitergeht weiß ich selber noch nicht genau“, lässt er weiter verlauten.
Martin Beckmann, Mario Kröckert (TSV Bayer 04 Leverkusen) und Uli Steidl (SSC Hanau/Rodenbach) ließen nicht die Hoffnung aufkeimen, dass über 42,195 Kilometer der Anschluss an die internationale Spitze sich bald wieder herstellen lässt. Detlef Uhlemann nimmt seine Schützlinge in Schutz: „Denen hilft es nicht weiter, wenn wir ihnen unsere guten Frauen als Vorbild hinhalten.“ Durchaus ordentlich zu bewerten ist das Debüt des 23 Jahre alten Stefan Koch. Der Wattenscheider lief beim Marathon "Rund um den Baldeneysee" in Essen nach 2:17:09 Stunden ins Ziel.
Die Chancen 2008
Auf der Bahn setzt sich der Kandidaten-Kreis für die Olympischen Spiele aus den altbekannten Namen zusammen. Jan Fitschen, der in diesem Jahr sein Studium abschließt, will wieder angreifen und verspricht: „Da bin ich wieder fit.“ Ein gesunder André Pollmächer gehört wie Arne Gabius zum Kandidatenkreis für ein Peking-Ticket.
Einen deutschen Marathonläufer wird man nach jetzigem Stand nicht in China erleben. Mit Carsten Eich beendet einer der besten deutschen Straßenläufer der letzten Jahre seine Laufbahn. Er gibt am 31. Dezember beim Silvesterlauf in Peuerbach (Österreich) seine Abschiedsvorstellung.
Die Hoffnungsträger
Silber sicherte sich der Berliner Matti Markowski bei den U20-Europameisterschaften über 10.000 Meter im niederländischen Hengelo. Einen Läufer, den man vielleicht „mittelfristig“ auf der Marathon-Distanz erwarten kann, wie Nachwuchs-Bundestrainer Werner Grommisch hofft. „Man muss ihnen Zeit geben“, sagt der erfahrene Trainer über seine Schützlinge, „wichtig ist, dass sie motiviert bleiben.“
Zu den Kandidaten für die Zukunft zählen mit Sicherheit auch der Trierer Thorsten Baumeister, Richard Ringer (TSV Brendlorenzen), und der Leverkusener Alexander Hahn, der von Adi Zaar in die Trainingsgruppe von Paul Heinz Wellmann gewechselt ist.
Einen bleibenden Eindruck haben die jungen Läufer bei den Cross-Weltmeisterschaften, als bestes europäisches Team und bei den Cross-Europameisterschaften, Alexander Hahn belegte den sechsten Platz, hinter lassen. Und auch bei den bevorstehenden kontinentalen Cross-Meisterschaften wollen sie wieder ein Ausrufezeichen setzen.