leichtathletik.de-Analyse – Hammerwurf Frauen
Der Leichtathletik-Sommer 2006 ist Geschichte. Die deutsche Szene war dabei vor allem von einer erfolgreichen EM in Göteborg (Schweden) gekennzeichnet. leichtathletik.de nimmt die einzelnen DLV-Disziplinbereiche unter die Lupe, macht eine Momentaufnahme, bilanziert das Jahr 2006, blickt auf 2007 voraus und stellt die aktuellen Hoffnungsträger vor.
Betty Heidler entwickelte sich prächtig (Foto: Chai)
Wo stehen die DLV-Asse international?Die Hammerwerferinnen sind international vielleicht noch einen Tick besser als ihre männlichen Disziplinkollegen. Warum? "Weil wir mit Betty Heidler, Kathrin Klaas, Susanne Keil und Andrea Bunjes vier Frauen haben, die international mitwerfen können", meint DLV-Disziplintrainer Michael Deyhle. "Es geht nur darum, dass diese Damen ihre Stabilität noch etwas ausbauen, und auch bei einem Großereignis das Quäntchen mehr Glück haben als in diesem Jahr."
Die Frankfurterin Betty Heidler in Göteborg auf Rang fünf, ihre Vereinskollegin Kathrin Klaas auf der Sechs, das konnte sich trotzdem sehen lassen. Nur die Leverkusenerin Susanne Keil scheiterte knapp in der Qualifikation. Und dass sich Betty Heidler auf Rang fünf, Kathrin Klaas auf 19, Susanne Keil auf 26 und Andrea Bunjes auf 38 in der unbereinigten Weltjahresbestenliste einrangieren konnten, unterstreicht die Stärke der Hammerwerferinnen. "Aber wir wollen endlich mal wieder in die Medaillenränge kommen", unterstreicht der Trainer.
Die Bilanz 2006
Die Bilanz von Betty Heidler wird in der Öffentlichkeit unterschiedlich beurteilt. Die einen sagen: es war gut bis sehr gut. Und die anderen meinen: ja, aber weniger die EM und der Europacup.
Für Michael Deyhle, der auch der Heimtrainer von Betty Heidler ist, war es eine gute bis sehr gute Saison. "Wir haben in diesem Jahr einen Schritt nach vorn gemacht. Auch von der Bewertung der internationalen Wettkämpfe war Betty Heidler bis Göteborg extrem stabil. Den Europacup in Malaga klammere ich mal völlig aus, weil das eine besondere Situation war. Wir hatten dort ein technisches Problem und haben es nicht in den Griff bekommen. Das kann immer mal passieren. Gerade das Hammerwerfen ist dafür eine Paradedisziplin, dass solch ein Wettkampf mal vollkommen daneben gehen kann. Und man darf nicht vergessen: Betty ist eine junge Athletin, die das Recht hat, Fehler zu machen."
In Göteborg lief es für sie anfangs rund, die Qualifikation wurde locker geschafft. Und auch im Finale war sie locker, jeder Wurf ging über 70 Meter, abgesehen vom ersten, der ungültig war. "Es hat aber die Spitze gefehlt. Wenn man die Wettkämpfe vorher und hinterher betrachtet, ist das natürlich mega-ärgerlich." Immerhin ist die Spitzenserie ihrer fünf besten Ergebnisse beeindruckend (76,55; 76,11; 76,09; 75,44; 75,38 m).
Rundum zufrieden konnte Kathrin Klaas mit der Saison sein. "Sie hat einen schönen Schritt nach vorn gemacht, ist mit dem sechsten Platz von Göteborg belohnt worden. Das war das Optimum, was wir uns vorgestellt haben. Bei ihr ist es genau anders als wie bei Betty gelaufen. Vorher hatte sie bescheidene Wettkämpfe. In Göteborg war sie hochmotiviert und es lief alles bestens."
Die Leistung von Susanne Keil ist nicht so einfach zu beurteilen. "Von der Form her wäre sie auch fähig gewesen, sicher über 70 Meter zu werfen", meint Michael Deyhle. "Aber irgendwie war bei ihr in diesem Jahr der Wurm drin. Technische Probleme bekam sie das ganze Jahr über nicht in den Griff, obwohl sie körperlich gut drauf war."
Andrea Bunjes (LG Eintracht Frankfurt) war ebenfalls körperlich in Schuss, rannte aber ihrer Form hinterher. "Ihr Problem ist, dass sie weiß, dass es drei andere gute Athletinnen gibt und sie eine davon schlagen muss. Das ist immer schwierig. Im Training sieht sie mit Heidler und Klaas zwei und weiß, wie stark die sind", analysiert es Michael Deyhle. "Aber wir werden einiges verändern, sowohl im Training als auch von der Einstellung her. Und deswegen bin ich auch optimistisch."
Der Auftritt der weiblichen Jugend bei der Junioren-WM in Peking (China) lief nicht nach Wunsch. "In diesem Jahr war da einfach der Wurm drin", bringt es der Trainer auf den Punkt." Sowohl Tiffany Newton (LA Team Oberfranken) als auch Kristin Steinert (LG Eintracht Frankfurt) waren im Training und auch bei den Wettkämpfen vorher besser, als es ihre Ergebnisse in Peking auswiesen. Kristin Steinert, die auch vom DLV-Trainer betreut wird, hatte im Training klar Weiten über 60 Meter geworfen, in Peking aber nur 54,08 Meter. "Sie ist einfach noch nicht stabil genug."
Die Chancen 2007
Im Vorfeld der WM von Osaka (Japan) wird sich das Bild von 2006 wiederholen. Drei dürfen antreten, vier streiten sich um diese Plätze. Die Richtung aber ist dann klar: "Wir wollen wie bei den Männern eine Medaille holen. Das ist immer unser Ziel."
Ähnlich wie bei den jungen Männern ist auch das Angebot an Anwärterinnen für die U23-EM recht groß. Mit Melanie Motzenbäcker (MTG Mannheim), Kristin Steinert , Katrin Falter (LG Eintracht Frankfurt), Tiffany Newton und Joana Hahn (TV St. Wendel) stehen fünf Athletinnen der Jahrgänge 1985 bis 1987 bereit. Von ihnen werden Leistungen über 61 Meter verlangt, Melanie Motzenbäcker hat das mit 62,96 Metern schon klar geworfen. Doch solch eine Weite reicht noch nicht aus, um international mitreden zu können. Da sind schon Weiten über 65 Meter notwendig.
Und in diesem Zusammenhang macht Michael Deyhle auf ein generelles Problem aufmerksam. "Dadurch, dass die Entwicklung bei den Frauen rasant nach oben gegangen ist, haben wir momentan im Nachwuchsbereich ein richtiges Loch. Das kann man am besten daran sehen, dass die beste Nachwuchswerferin Melanie Motzenbäcker rund 62 Meter wirft, die Spitzen bei den Frauen bei 76 Meter liegen. Das sind 14 Meter Unterschied. Da weiß man, wieviel Jahre notwendig sind, um diese Lücke zu schließen. Wenn man durchschnittlich von drei Metern pro Jahr ausgeht, und das ist schon eine gute Entwicklung, dann würde es fünf Jahre dauern, um die Lücke zu schließen. Aber die Zeit haben wir eigentlich nicht."
Die Hoffnungsträgerinnen
"Solch einen wie Jens Rautenkranz bei den jungen Männern haben wir bei den jungen Frauen nicht. Aber wir haben eben in der Altersklasse U23 fünf junge Damen, die, wenn sie vernünftig arbeiten, den nächsten Schritt nach vorn gehen können. Das heißt erst mal für die meisten, einen sicheren Schritt über die 60 Meter zu machen. Dann hätten wir schon eine Menge erreicht", wünscht sich der Trainer. "Und Hoffnungsträger sind natürlich auch unsere Spitzen-Frauen, die allesamt jung sind."