leichtathletik.de-Analyse - Stabhoch Männer
Die Olympische Leichtathletik-Saison 2008 ist Geschichte. Sowohl mit Enttäuschungen als auch mit freudigen Überraschungen im Gepäck kehrten die Athleten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) aus Peking (China) zurück. leichtathletik.de nimmt die einzelnen DLV-Disziplinbereiche unter die Lupe, macht eine Momentaufnahme, bilanziert das Jahr 2008, blickt voraus auf 2009 und stellt die aktuellen Hoffnungsträger vor.
Wo stehen die DLV-Asse international?Mit Tim Lobinger (LG Stadtwerke München), Danny Ecker (TSV Bayer 04 Leverkusen) und Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken) vertraten drei Stabhochspringer den DLV bei den Olympischen Spielen. Die beiden Letztgenannten schafften es bis ins Finale, wo sie mit übersprungenen 5,70 und 5,60 Metern die Plätze sechs und acht belegten.
Bester Deutscher war in der Olympiasaison jedoch ausgerechnet einer, der diesen Höhepunkt von Zuhause aus mitverfolgen musste: Alexander Straub (LG Filstal) meisterte 5,81 Meter und reihte sich mit dieser Höhe im weltweiten Vergleich auf Rang sieben ein. Nur einen Platz dahinter landete der Überflieger der Saison, Raphael Holzdeppe. Der 19-Jährige stellte mit 5,80 Metern den seit 19 Jahren gültigen U20-Weltrekord des Russen Maxim Tarasov ein. In der U20-Altersklasse gingen weltweit die sieben besten Sprünge auf sein Konto, und auch im U23-Bereich kam niemand höher hinaus als er.
Der 22-jährige Malte Mohr (TSV Bayer 04 Leverkusen) konnte seine persönliche Bestleistung auf 5,76 Meter steigern, was Platz zwölf bei den Männern und Platz zwei in der Altersklasse U23 bedeutete. Mit Tim Lobinger und Danny Ecker (5,75 m) landeten zwei der erfahrensten deutschen Athleten im weltweiten Vergleich gemeinsam auf Rang 13. In der europäischen Bestenliste sind die fünf Springer auf den Positionen fünf bis acht zu finden.
Der internationalen Konkurrenz weit voraus waren im Olympiajahr die drei 6-Meter-Springer Brad Walker (USA; 6,04 m), Evgeniy Lukyanenko (Russland; 6,01 m) und Olympiasieger Steven Hooker (Australien; 6,00 m).
Die Bilanz 2008
Obwohl sich das Abschneiden seiner Schützlinge in Peking im Vergleich zu anderen Disziplinen durchaus sehen lassen kann, fällt das Saisonfazit von DLV-Disziplintrainer Jörn Elberding nur eingeschränkt positiv aus: „Was die Spitzenleistungen betrifft, können wir nicht hundertprozentig zufrieden sein. Nach der super Saison 2007 deutete sich diese Entwicklung aber schon ein wenig an.“ Zum ersten Mal seit 2004 überquerte kein Springer die 5,90 Meter.
„In der Breite waren die Ergebnisse allerdings wirklich sensationell“, fügt der Stabhochsprung-Bundestrainer gleich hinzu und lobt vor allem die Leistungsdichte in seinem Bereich. „Auf den Plätzen drei bis zehn waren wir so gut wie nie. Da kommt von unten richtig was nach.“ Einen hebt er dabei besonders hervor: „Die Saison von Raphael Holzdeppe war unglaublich. Er hat bereits auf sehr hohem Niveau eine konstante Leistung gezeigt.“
Der Zweibrücker hatte schon in der Hallensaison für Begeisterung gesorgt, als er mit 5,68 Metern die Jugend-Weltbestleistung um einen Zentimeter verbesserte. Im Freien setzte er seine Höhenjagd dann ungebremst fort. Sieben Mal sprang er 5,60 Meter und höher, und spätestens nach der Einstellung des U20-Weltrekords waren alle Blicke auf ihn gerichtet.
Bei der U20-WM in Bydgoszcz (Polen) holte er sich mit 5,50 Metern unangefochten den Weltmeistertitel. Nur wenige Tage zuvor war er unbekümmert und in der selbst bestimmten Rolle des Außenseiters bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg angetreten und hatte dort als Dritter das Ticket nach Peking gelöst.
Als Erste und Zweite der Titelkämpfe sicherten sich Tim Lobinger und Danny Ecker ihre Plätze im Olympiateam. „Ich habe vor der Saison darauf getippt, dass wir zwei erfahrene und einen jungen Athleten mitnehmen werden“, berichtet Jörn Elberding rückblickend. „Aber mit dieser Kombination hatte ich dann doch nicht gerechnet. Besonders Tim hat in Nürnberg einen phänomenalen Wettkampf abgeliefert.“
Der 36-Jährige war bereits im März bei der Hallen-WM in Valencia (Spanien) im deutschen Nationaltrikot an den Start gegangen und dort Fünfter geworden. Bei den Olympischen Spielen verpasste er allerdings die Qualifikation für das Olympia-Finale - es wäre sein viertes in Folge gewesen.
Danny Ecker, der im gesamten Saisonverlauf mit Achillessehnen-Problemen zu kämpfen hatte, schaffte zwar den Finaleinzug, konnte aber in Peking insgesamt nicht ganz sein Leistungspotenzial abrufen. „Ihm fehlten einfach vorher drei Wettkämpfe. Deswegen ist das Ergebnis absolut im Rahmen.“
Auch Björn Otto (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen), der beste Deutsche des vergangenen Jahres, kam nicht beschwerdefrei durch die Saison. Erst plagten ihn Schmerzen im linken Fuß, bevor er sich bei den Deutschen Meisterschaften dann auch noch die Achillessehne anriss. So blieb er mit 5,70 Metern, gesprungen Anfang Juni in Kassel, zwanzig Zentimeter unter seiner Leistung des Vorjahres.
Mit Wehmut wird besonders Alexander Straub die TV-Übertragungen aus dem „Vogelnest“ verfolgt haben. Der 25-Jährige schrammte als DM-Vierter knapp an der Nominierung vorbei. In Wattenscheid steigerte er nur wenig später die deutsche Saison-Bestleistung auf 5,81 Meter, musste aber anschließend mit ansehen, wie die Nationalmannschaft ohne ihn nach Peking verabschiedet wurde. „Die Leistung von Alexander Straub war für mich keine Überraschung“, betont Jörn Elberding. „Er ist schon im letzten Jahr konstant über 5,70 Meter gesprungen.“
Der drei Jahre jüngere Malte Mohr hatte dagegen im vergangenen Jahr mit Problemen zu kämpfen und bewies 2008 eindrucksvoll, dass wieder mit ihm zu rechnen ist. Im polnischen Zary steigerte er Anfang Juni seine zwei Jahre alte Bestmarke um fünf Zentimeter auf 5,76 Meter und rückte damit in den Kreis der Olympiaanwärter, ohne aber dann seine Ansprüche zu untermauern.
Zu diesem Kreis gehörten auch Richard Spiegelburg und Lars Börgeling (beide TSV Bayer 04 Leverkusen), die ebenfalls vor den nationalen Titelkämpfen bereits die 5,70 Meter gemeistert hatten. Schließlich stieß mit Fabian Schulze (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg) Mitte Juli ein achter deutscher Springer zur Gruppe der 5,70 Meter-Bezwinger hinzu. In der Halle hatte der 24-Jährige sogar 5,76 Meter bewältigt und war als Nachrücker für Danny Ecker für die Hallen-WM nominiert worden. Hier blieb er jedoch ohne gültigen Versuch.
Die Chancen 2009
Disziplintrainer Jörn Elberding blickt mit Optimismus auf die Saison der Heim-WM in Berlin. „Ich denke, dass es im kommenden Jahr zwölf Athleten schaffen können, über 5,70 Meter zu springen. Bei den Deutschen Meisterschaften wird es vermutlich noch einmal schwieriger, sich für die Weltmeisterschaften zu qualifizieren. Hier muss man wahrscheinlich schon 5,80 Meter überqueren, um zu den ersten Dreien zu gehören“, lautet seine Prognose.
Die Liste der Kandidaten für die Teilnahme ist lang. „Das liegt nicht zuletzt daran, dass wir in der Breite wirklich hervorragende Trainer haben.“ Chancen auf eine Nominierung besitzen dabei sowohl die Erfahrenen als auch die Nachwuchsathleten.
„Wir haben auf der einen Seite die Etablierten um Tim Lobinger, Danny Ecker, Björn Otto, Richard Spiegelburg und Lars Börgeling. Fabian Schulze und Alexander Straub würde ich ebenfalls diesem Kreis zurechnen“, listet der DLV-Trainer auf und kommt aus dem Aufzählen gar nicht mehr heraus. „Aber auch mit den jüngeren Springern, allen voran Raphael Holzdeppe, ist zu rechnen.“
Im Berliner Olympiastadion will er dann drei seiner Schützlinge im Endkampf sehen: „Bei den Weltmeisterschaften wird wie sonst auch das Erreichen des Finales das erklärte Ziel sein. Der Gewinn einer Medaille ist dann tagesformabhängig. Man muss ja auch immer das Weltniveau in Betracht ziehen.“
Die Hoffnungsträger
Dafür, dass der Stabhochsprung auch in Zukunft eine der deutschen Paradedisziplinen bleibt, scheint gesorgt: „Die Jungen drücken sehr stark von unten nach.“ Hoffnungsträger sind neben den erwähnten Raphael Holzdeppe und Malte Mohr in den Augen des DLV-Coachs auch die Leverkusener Tobias Scherbath und Hendrik Gruber.
Der 23-jährige Tobias Scherbath kann besonders auf eine hervorragende Hallensaison zurückblicken, in der er mit 5,75 Metern eine neue Bestleistung aufstellte. Im Freien konnte er an diese Leistung zwar nicht ganz anknüpfen, doch insgesamt steigerte er sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich und ist mittlerweile bei 5,61 Metern angelangt. Noch ein Jahr jünger ist Hendrik Gruber, der 2008 dieselbe Höhe meisterte und sich in der U23-Altersklasse europaweit auf Rang sieben wiederfindet.
Schließlich muss auch Karsten Dilla (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen) erwähnt werden. Der 19-Jährige stand ein wenig im Schatten seines gleichaltrigen Nationalmannschafts-Kameraden Raphael Holzdeppe, hatte jedoch ebenfalls eine hervorragende Saison. Bei der U20-WM gewann er die Bronzemedaille, wenige Wochen später überquerte er zum ersten Mal 5,50 Meter. Damit näherte er sich bis auf zwölf Zentimeter an den bis zu diesem Frühjahr gültigen deutschen Rekord von Lars Börgeling.
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