leichtathletik.de-Check - Hammerwurf Männer
Die Saison 2011 mit einer erfolgreichen WM in Daegu (Südkorea) ist Geschichte. Guten WM-Leistungen, Erfolgen bei der Team-EM in Stockholm (Schweden) und der Hallen-EM in Paris (Frankreich) sowie anderen Meisterschaften und Meetings standen aber auch Enttäuschungen gegenüber. leichtathletik.de nimmt die einzelnen Disziplinbereiche noch einmal genau unter die Lupe.

2011 IM RÜCKBLICK |
Nur ein deutscher Hammerwerfer konnte 2011 mit der internationalen Spitze mithalten, und das war Markus Esser (TSV Bayer 04 Leverkusen). Als einziger Athlet erzielte er Weiten nahe der 80-Meter-Marke, konkurrenzlos durfte er sich bei Vergleichskämpfen das deutsche Nationaltrikot überstreifen. „Und das wird leider auch so bleiben“, sagt Disziplintrainer Michael Deyhle, der seine Einschätzung nicht pessimistisch, sondern realistisch nennt.
Für die Leistung des deutschen Topathleten findet Michael Deyhle dagegen lobende Worte: „Wir haben in der vergangenen Saison einen ganz anderen Markus Esser gesehen als in den letzten zwei, drei Jahren“, stellt er fest. „Er hat sich viel selbstbewusster präsentiert und war körperlich hervorragend beieinander.“
Mit Saisonbestweite von 79,69 Meter stieg der 31-jährige Leverkusener im April in das WM-Jahr ein. Und auch seine weiteren Ergebnisse konnten sich sehen lassen: Sieg bei der Team-EM in Stockholm (Schweden) mit Veranstaltungsrekord (79,28 m), DM-Titel Nummer fünf (78,44 m) und Platz vier bei den Weltmeisterschaften in Daegu (Südkorea; 79,12 m).
Ein undankbarer vierter Platz? Nein, sagt Markus Esser auf seiner Homepage: „Ein Erfolg mit einem kleinen weinenden Auge.“ Für den Sprung aufs Treppchen fehlten nur 27 Zentimeter und - so der Disziplintrainer - das Bewusstsein, tatsächlich eine Medaille gewinnen zu können: „Man muss sich vorher die Medaille vorstellen können. Dann ist auch die Chance höher, dass es klappt“, erklärt der.
Mit den Erfolgen Markus Essers trägt ein neues Trainingsmodell Früchte: Der Leverkusener absolviert alle wichtigen Trainingsmaßnahmen mit Michael Deyhle in Frankfurt, wird aber zu Hause weiterhin von seinem Heimtrainer Helge Zöllkau trainiert. „So musste Markus nicht den Verein oder Trainer wechseln, wird aber trotzdem intensiv betreut“, sagt Michael Deyhle, der stolz ist auf die gute Zusammenarbeit des Trios.
Bei vielen anderen deutschen Hammerwerfern vermisst der Disziplintrainer die letzte Konsequenz. Bestes Beispiel sei der Mainzer Jens Rautenkranz. Er habe Talent und in den Vorjahren schon sehr gute Ergebnisse erzielt. „Doch er schafft es nicht, über seinen eigenen Schatten zu springen und mit 100-prozentigem Einsatz in eine Wettkampfsaison zu gehen.“ Die Folge: 2011 blieb er mehr als dreieinhalb Meter unter seiner Bestweite und spielte beim Kampf um die WM-Tickets keine Rolle.
Familie, Nachwuchs, Beruf oder Studium rückten auch bei vielen anderen Athleten in den Vordergrund und bremsten ihre sportliche Entwicklung. Der 21-jährige Richard Olbrich (Hannover 96) hängte den Hammer sogar ganz an den Nagel, um sich seiner Ausbildung bei der Polizei zu widmen - eine große Enttäuschung für den Disziplintrainer, der den Niedersachsen stets zu den größten Nachwuchshoffnungen gezählt hatte.
So ruhen die Hoffnungen nun vor allem auf Johannes Bichler (LG Stadtwerke München) und Tristan Schwandke (TV Hindelang). Der 21-jährige Johannes Bichler wurde Deutscher Juniorenmeister und steigerte sich auf 69,29 Meter. Bei der U23-EM in Ostrava (Tschechische Republik) schied er in der Qualifikation aus. Der 19-jährige Tristan Schwandke belegte bei der U20-EM in Tallinn (Estland) Platz sieben.
Bei der U18-WM in Lille (Frankreich) vertrat Simon Lang (SV Naila) die deutschen Farben. In der Qualifikation blieb er jedoch fast zehn Meter unter seiner Bestweite und verpasste den Sprung unter die besten Zwölf.
UNSERE TOP DREI |
| Markus Esser TSV Bayer 04 Leverkusen 31 Jahre SB: 79,69 m PB: 81,10 m (2006) DM: 1. Platz | WM: 4. Platz DLV-Jahresbestenliste: 1. Platz Europa-Jahresbestenliste: 6. Platz Welt-Jahresbestenliste: 9. Platz |
| Johannes Bichler LG Stadtwerke München 21 Jahre SB: 69,29 m PB: 69,29 m (2011) DM: 8. Platz DLV-Jahresbestenliste: 9. Platz Europa-Jahresbestenliste: 82. Platz Welt-Jahresbestenliste: 117. Platz |
| Jens Rautenkranz USC Mainz 29 Jahre SB: 73,70 m PB: 77,35 m (2008) DM: 2. Platz DLV-Jahresbestenliste: 2. Platz Europa-Jahresbestenliste: 47. Platz Welt-Jahresbestenliste: 63. Platz |
DER HOFFNUNGSTRÄGER |
| Tristan Schwandke TV Hindelang 19 Jahre SB / PB: 72,70 m (6 kg) Tristan Schwandke sorgte mit Platz sieben bei der U20-EM für das beste Ergebnis eines deutschen Nachwuchswerfers. „Er ist einer der engagiertesten jungen Athleten“, sagt Disziplintrainer Michael Deyhle über ihn. Im kommenden Jahr muss sich der 19-Jährige mit dem 7,26 Kilogramm schweren Männer-Hammer beweisen. |
2012 IM AUSBLICK |
Markus Esser allein auf weiter Flur - so kurz und knapp fällt die Prognose für das Jahr 2012 aus. Der Leverkusener ist der einzige deutsche Kandidat für die Europameisterschaften in Helsinki (Finnland) und die Olympischen Spiele in London (Großbritannien). Wenn sich der Aufwärtstrend der vergangenen Saison fortsetzt und Markus Esser mental noch stabiler wird, sind die 80 Meter ein realistisches Ziel. Mit dieser Weite kann er international um eine Medaille kämpfen.
Für alle anderen Athleten gilt es, den Anschluss an die nationale und damit auch internationale Spitze herzustellen. Am ehesten traut Michael Deyhle dies Johannes Bichler zu. Er habe sich gut entwickelt und sei bei seinem Trainer Joachim Lipske in München sehr gut aufgehoben. Nun müsse man abwarten, wie er weiterhin Studium und Leistungssport vereinbaren könne. Sein Ausblick: „Noch bin ich da sehr optimistisch.“
Insgesamt sieben deutsche Athleten lagen in der vergangenen Saison vor Johannes Bichler. Doch keinem von ihnen gelang die vom Disziplintrainer erhoffte Leistungsexplosion. Es bleibt abzuwarten, ob sie den Angriff des Nachwuchses auch im kommenden Jahr abwehren können. Denn auch Tristan Schwandke wird in seinem ersten Jahr in der Erwachsenenklasse die etablierten Werfer herausfordern.
In der A-Jugend ist vor allem mit Nils Lindner (ASV Erfurt) zu rechnen. In diesem Jahr konnte er bei der U20-EM internationale Erfahrung sammeln, blieb dort jedoch ohne gültigen Versuch. Bei der U20-WM in Barcelona (Spanien) könnte er im nächsten Jahr diesen Ausrutscher wieder gut machen. Er hätte dort gute Chancen auf eine Endkampf-Teilnahme: In der vergangenen Saison warfen weltweit nur fünf in Barcelona startberechtigte Athleten weiter als der Erfurter.
ZAHLEN UND FAKTEN |
73,70 - Jens Rautenkranz (USC Mainz)
72,69 - Alexander Ziegler (LG Staufen)
72,63 - Marcus Kahlmeyer (Hannover 96)
72,12 - Sven Möhsner (TSV Bayer 04 Leverkusen)
71,73 - Benjamin Boruschewski (TSV Bayer Leverkusen)
70,40 - Andreas Sahner (LC Rehlingen)
70,04 - Richard Olbrich (Hannover 96)
69,29 - Johannes Bichler (LG Stadtwerke München)
67,23 - Henrik Rittweg (Hallesche LAF) Internationale Endkampf-Platzierungen (Top 8) WM: 4. Platz (Markus Esser; 79,12)
U23-EM: keiner
U20-EM: 7. Platz (Tristan Schwandke; 70,54)
U18-WM: keiner
Entwicklung des Spitzenniveaus
Athleten > 77,00 m | Schnitt Top 10 | |
2005 | Markus Esser (80,00), Karsten Kobs (79,46), Holger Klose (79,23) | 73,65 |
2006 | Markus Esser (81,10), Karsten Kobs (80,82) | 74,20 |
2007 | Markus Esser (80,68), Karsten Kobs (77,92) | 72,46 |
2008 | Markus Esser (79,97), Jens Rautenkranz (77,35) | 73,87 |
2009 | Markus Esser (79,43), Sergej Litvinov (77,98) | 74,07 |
2010 | Sergej Litvinov (78,98), Markus Esser (78,87) | 73,90 |
2011 | Markus Esser (79,69) | 71,95 |
Entwicklung Jahresbestleistungen
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. |
2005 | 80,00 (Esser) | 86,73 (Tikhon/BLR) | 6,73 | 86,73 (Tikhon/BLR) | 6,73 |
2006 | 81,10 (Esser) | 82,95 (Devyatovskiy/BLR) | 1,85 | 82,95 (Devyatovskiy/BLR) | 1,85 |
2007 | 80,68 (Esser) | 83,63 (Tikhon/BLR) | 2,95 | 83,63 (Tikhon/BLR) | 2,95 |
2008 | 79,97 (Esser) | 84,51 (Tikhon/BLR) | 4,54 | 84,51 (Tikhon/BLR) | 4,54 |
2009 | 79,43 (Esser) | 82,58 (Kozmus/SLO) | 3,15 | 82,58 (Kozmus/SLO) | 3,15 |
2010 | 78,98 (S. Litvinov) | 80,59 (Charfreitag/SVK) | 1,61 | 80,99 (Murofishi/JPN) | 2,01 |
2011 | 79,69 (M. Esser) | 81,89 (Pars/HUN) | 2,20 | 81,89 (Pars/HUN) | 2,20 |
WAS AUFFÄLLT |
- Der Schnitt der Top 10 sank erstmals unter die 72-Meter-Marke.
- Nur einer der zehn besten deutschen Werfer konnte 2011 seine Bestweite steigern: Johannes Bichler verbesserte sich von 67,14 auf 69,29 Meter.
- Markus Esser führt zum sechsten Mal in sieben Jahren die deutsche Bestenliste an. Nur Sergej Litvinov konnte ihn im vergangenen Jahr von der Spitze verdrängen - er startet nun wieder für Weißrussland.
- Mit dem unerwarteten Abschied von Richard Olbrich verliert der DLV eines seiner größten Hammerwurf-Talente.
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