leichtathletik.de-Check - Hindernis Männer
Die Saison 2010 mit einer erfolgreichen EM ist Geschichte. Den guten Leistungen in Barcelona (Spanien), bei der Team-EM in Bergen (Norwegen) und der Hallen-WM in Doha (Katar) sowie anderen Meisterschaften und Meetings standen aber auch Enttäuschungen gegenüber. leichtathletik.de nimmt die einzelnen Disziplinbereiche noch einmal genau unter die Lupe.
2010 IM RÜCKBLICK |
Steffen Uliczka war der herausragende Mann auf der Hindernisstrecke, sowohl als Zweiter bei der Team-EM in Bergen (Norwegen) als besonders bei der EM in Barcelona (Spanien), wo er im Finale in 8:25,89 Minuten einen siebten Platz belegte. Damit konnte der Athlet von der SG TSV Kronshagen-Kieler TB seine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung nachweisen. DLV-Disziplintrainer Werner Klein resümierte: „Wir haben dieses Jahr den Sprung in die erweiterte Weltspitze geschafft. Betrachtet man die Weltjahresbestenliste, nähern sich unsere Spitzenergebnisse den Zeiten auf den Plätzen 11 bis 30 doch merklich an. Da war in den Jahren zuvor eine viel größere Lücke“.
Ein Grund dafür dürfte sein, dass sich das Weltniveau deutlich nach unten verschoben hat. Es gibt zwar nach wie vor Ausreißer, wie etwa bei der EM die beiden Franzosen Mahiedine Mekhissi-Benabbad und Bouabdellah Tahri, aber hinter ihnen ist es relativ eng gewesen. Und dass Steffen Uliczka auf europäischem Niveau ganz vorn mitmischen kann, bewies er bei der Team-EM, wo er den amtierenden Europameister und den Vize-Europameister geschlagen hat.
„Steffen ist ein akribischer, sehr disziplinierter und konsequenter Athlet“, lobt Werner Klein sein Aushängeschild. „Sein großer Vorteil ist zudem, dass er sehr kompakt und wenig verletzungsanfällig ist.“
Gehofft hatte der Trainer auf einen zweiten Läufer, auf Filmon Ghirmai. Aber der Tübinger fand diesmal nicht den richtigen Zugang zu den Hindernissen. Als Vorbereitung wollte er die 10.000 Meter nehmen, lief bei der DM in Ohrdruf als Zweiter mit 28:41,36 Minuten auch die EM-Norm für diese Distanz. Aber anschließend war er an der Wade verletzt, zudem auch noch krank. Zwar hatte er die internationale Norm über die Hindernisse, aber eben nicht die DLV-Norm. Und er war sich nun nicht sicher, ob er diese Zeit noch schaffen würde. In einem Ausscheidungsrennen gegen Musa Robe-Kinkal über 5.000 Meter bei den Deutschen Meisterschaften sicherte er sich den Platz im EM-Team, aber eben für die 10.000 Meter.
Also nach dem Motto, lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Dabei erinnerte er sich garantiert an das Jahr 2005, als er sich in Florenz am 17. Juni mit 8:22,37 Minuten für die WM in Helsinki (Finnland) qualifiziert hatte, sich dann aber im Trainingslager verletzte, einen Gesundheitsnachweis bringen musste, in Stockholm (Schweden) eine schwache Zeit ablieferte und dann aus der Mannschaft gestrichen wurde. Das sollte ihm nicht noch einmal passieren.
DLV-Trainer Werner Klein hätte Filmon Ghirmai lieber auf der Hindernisstrecke laufen sehen. „Er hat ein ähnlich hohes Leistungsniveau wie Steffen Uliczka, hätte auch Chancen für das EM-Finale gehabt. Aber trotzdem sind wir insgesamt einen Schritt vorangekommen, denn auch auf den Rängen hinter den beiden Schnellsten gibt es einige junge Leute, die sich gut entwickelt haben.“
Allen voran Felix Hentschel, der sich in diesem Jahr um fast 15 Sekunden verbesserte. Der Bamberger lief bei der DM in Braunschweig ein beherztes Rennen, hielt bis 500 Meter vor Schluss mit Steffen Uliczka mit. „Er war bei der U20-EM schon mal Fünfter, hat gezeigt, dass man dranbleiben muss und sich dann auch der Erfolg einstellt. Er zählt zu unseren größten Hoffnungsträgern“, meint Werner Klein.
Martin Grau wurde bei den U20-WM in Moncton (Kanada) Zehnter. „Damit kann man erstmal zufrieden sein“, so Werner Klein. „ Bei den jungen Leuten muss man vorsichtig sein, gerade im Hindernisbereich, denn der Umstieg von der U20 und U23 in die Erwachsenenklasse ist extrem. Das braucht seine Zeit und geht nicht so fließend wie etwa auf den Mittelstrecken bei Nils Schumann oder Robin Schembera.“
Zudem kommt noch das ewige Reizthema 2.000 oder 3.000 Meter Hindernis. Zwar will sich der Trainer nicht auf eine Seite schlagen, aber Fakt ist, dass in dieser Altersklasse meistens die 2.000 Meter Hindernis gelaufen werden und oft nur einmal im Jahr eben bei internationalen Höhepunkten die 3.000 Meter Hindernis. Für den Trainer ist es aber vor allem wichtig, dass schnelle Flachzeiten gelaufen werden, über 1.500 Meter, 3.000 Meter und 5.000 Meter. Und da nennt er als Musterbeispiel Steffen Uliczka, der sich in diesem Jahr über 1.500 Meter immerhin auf 3:41,85 Minuten verbesserte.
UNSERE TOP DREI |
| Steffen Uliczka SG TSV Kronshagen-Kieler TB 26 Jahre SB: 8:25,39 PB: 8:25,39 (2010) DM: 1. Platz I EM: 7. Platz I Team-EM: 2. Platz DLV-Jahresbestenliste: 1. Platz Europa-Jahresbestenliste: 14. Platz Welt-Jahresbestenliste: 50. Platz |
| Filmon Ghirmai LAV asics Tübingen 31 Jahre SB: 8:30,64 PB: 8:20,50 (2003) DM (10000 m 1. Platz; 5000 m 2. Platz DLV-Jahresbestenliste: 2. Platz Europabestenliste: 24. Platz Welt-Jahresbestenliste: 70. Platz |
| Felix Hentschel LG Bamberg 22 Jahre SB: 8:46,38 PB: 8:46,38 (2010) DM: 2. Platz DLV-Jahresbestenliste: 3. Platz Europabestenliste: 65. Platz Welt-Jahresbestenliste: 187. Platz |
DER PECHVOGEL |
| Daniel Krüger LG Dorsten 19 Jahre SB: 8:59,59 min PB: 8:56,40 min (2009) Im letzten Jahr schnitt Daniel Krüger bei der U20-EM mit einem siebten Platz gut ab, in diesem Jahr hatte er Pech. Im zweiten Rennen der Saison stürzte er am Balken und verletzte sich so schwer, dass er dann die Qualifikation für die U20-WM verpasste. |
2011 IM AUSBLICK |
Die erste Hürde vor der WM in Daegu (Südkorea) wird die DLV-Norm sein, wahrscheinlich eine Vorgabe um 8:23 Minuten. Steffen Uliczka ist so schnell noch nicht gelaufen, aber DLV-Disziplintrainer Werner Klein traut es ihm zu. „Und wenn er es schafft, dann ist auch das WM-Finale möglich.“
Noch offen ist die Lage bei Filmon Ghirmai. „Wenn er seine Karriere fortsetzt und seine Liebe zu den Hindernissen wiederentdeckt, dann wäre er der zweite WM-Kandidat.“ Alle anderen Athleten sind nach gegenwärtigem Stand zu weit von der Norm entfernt.
Aber trotzdem gibt sich Werner Klein insgesamt optimistisch für die Zukunft. „Sicherlich dominieren die kenianischen Läufer im Weltmaßstab, zumal sie nicht nur mit drei Athleten antreten, sondern sich zusätzlich unter fremden Landesflaggen wie etwa Bahrain oder Katar verstecken. Aber ich glaube, dass wir generell über die Mittelstrecken international eine Chance habe, und bedingt auch über 3.000 Meter Hindernis.“
Für die beiden internationalen Nachwuchswettbewerbe stehen ausreichend Kandidaten zur Verfügung. Das sind für die U23-EM Daniel Götz, Benedikt Karus und Simon Dörflinger. „Wenn sie denn eine 8:45 laufen - so war die letzte Norm - haben sie sogar Medaillenchancen in Ostrava.“
Ähnlich positiv sieht es für die U20-EM in Tallinn (Estland) aus, wo mit Stephan Abisch, Martin Grau, Sebastian Schenk, Martin Schwertfeger und Tim Stegemann sogar fünf Kandidaten um die drei Tickets kämpfen. „Bei der U20-EM haben wir immer gut ausgesehen, das sollte auch diesmal so sein, denn mit Zeiten um die 8:55 hat man immer gute Chancen“, meint Werner Klein.
ZAHLEN UND FAKTEN |
8:25,39 - Steffen Uliczka (SG Kronshagen/Kiel)
8:30,64 - Filmon Ghirmai (LAV asics Tübingen)
8:46,38 - Felix Hentschel (LG Bamberg)
8:48,45 - Stephan Hohl (TV Neulingen)
8:50,71 - Daniel Götz (LAC Quelle Fürth)
8:50,84 - Hannes Liebach (LC Cottbus)
8:50,89 - Christian Schmitz (LG Maifeld/Pellenz)
8:53,50 - Marcus Schöfisch (Erfurter LAC)
8:53,74 - Christian Biele (LG Ohra Hörselgas)
8:54,17 - Benedikt Karus (LG Badenova Nordschwarzwald)
Internationale Endkampf-Platzierungen
EM: 7. Platz (Steffen Uliczka; 8:25,39)
Team-EM: 2. Platz (Steffen Uliczka; 8:33,39)
U20-WM: 11. Platz (Martin Grau; 9:00,56)
Olympische Jugendspiele: keine
Entwicklung des Spitzenniveaus
Athleten < 8:26,00 min | Schnitt Top 10 | |
2005 | Filmon Ghirmai (8:22,37) | 8:38,57 |
2006 | Keiner | 8:46,74 |
2007 | Filmon Ghirmai (8:22,23) | 8:45,19 |
2008 | Keiner | 8:50,96 |
2009 | Keiner | 8:51,53 |
2010 | Steffen Uliczka (8:25,39) | 8:46,47 |
Entwicklung Jahresbestleistungen
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. |
2005 | 8:22,37 (F. Ghirmai) | 8:04,95 (Vroemen/NED) | 17,42 | 7:56,37 (Koech/KEN) | 26,00 |
2006 | 8:33,76 (F. Ghirmai) | 8:09,53 (Tahri/FRA) | 24,23 | 7:59,94 (Koech/KEN) | 33,82 |
2007 | 8:22,23 (F. Ghirmai) | 8:05,75 (Mohammed/SWE) | 16,48 | 7:58,80 (Koech/KEN) | 23,43 |
2008 | 8:26,66 (F. Ghirmai) | 8:08,95 (Mekhissi/FRA) | 18,71 | 8:00,57 (Koech/KEN) | 26,09 |
2009 | 8:26,18 (S. Uliczka) | 8:01,18 (Tahri/FRA) | 25,00 | 7:58,85 (Kemboi/KEN) | 27,33 |
2010 | 8:25,39 (S. Uliczka) | 8:02,52 (Mekhissi/FRA) | 23,87 | 8:00,90 (K.Kipruto/KEN) | 24,49 |
WAS AUFFÄLLT |
- Der Schnitt der deutschen Top Ten hat sich im Vergleich zu den beiden Vorjahren wieder verbessert
- Steffen Uliczka rangiert zwar in der Europa-Bestenliste 23,87 Sekunden hinter dem besten Europäer, aber im EM-Finale fehlten ihm nur sechs Sekunden zum Bronzeplatz
- In der deutschen Bestenliste liegt Felix Hentschel als Dritter rund 20 Sekunden hinter dem Spitzenreiter Steffen Uliczka, aber bei der DM in Braunschweig war der Unterschied zwischen beiden nur acht Sekunden.
- Der Abstand der Nummer drei der deutschen Bestenliste zur Nummer zwei lag diesmal nur bei 16 Sekunden, im Vorjahr waren es 27 Sekunden.
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