leichtathletik.de-Check - Hochsprung Männer
Die Saison 2011 mit einer erfolgreichen WM in Daegu (Südkorea) ist Geschichte. Guten WM-Leistungen, Erfolgen bei der Team-EM in Stockholm (Schweden) und der Hallen-EM in Paris (Frankreich) sowie anderen Meisterschaften und Meetings standen aber auch Enttäuschungen gegenüber. leichtathletik.de nimmt die einzelnen Disziplinbereiche noch einmal genau unter die Lupe.

2011 IM RÜCKBLICK |
Die Achillessehne spielte zum Bedauern von Brigitte Kurschilgen in dieser Saison eine entscheidende Rolle im deutschen Hochsprung, auch bei den Männern. Der ersten Schockmeldung vom Achillessehnenriss von Ariane Friedrich (LG Eintracht Frankfurt) zu Weihnachten, folgte im Februar die zweite: Wieder Frankfurt, wieder eine Achillessehne gerissen, diesmal die von Martin Günther (ebenfalls LG Eintracht Frankfurt).
Die DLV-Bundestrainerin konnte es kaum fassen: „Das betrübt einen besonders, wenn es sich um Leistungsträger handelt“, erinnert sich Brigitte Kurschilgen. Mit Martin Günther fehlte dem DLV-Team damit der Deutsche Hallenmeister und Achte der Hallen-WM von 2010.
Die größten Erwartungen ruhten ohnehin auf Raúl Spank (Dresdner SC 1898), spätestens nach seinen 2,31 Metern in Arnstadt Mitte Februar. Nach einer enttäuschenden Hallen-EM in Paris (Frankreich) mit 2,20 Metern und Platz acht zeigte er Anfang Juni, dass er im WM-Jahr großes Potential hat: Zweimal innerhalb einer Woche meisterte er 2,32 Meter bei den Meetings in Ostrava (Tschechische Republik) und Eugene (USA). Zudem holte er Platz drei bei der Team-EM.
Dennoch offenbarte sich erneut: Die Konstanz fehlt. „Er ist kein Athlet, der konstant gute Leistungen abrufen kann. Ihm ist es aber immer gelungen, mit sehr guten Leistungen in die Saison zu starten und diese dann auch bei den Höhepunkten abzurufen“, urteilt Brigitte Kurschilgen.
In Daegu (Südkorea) misslang zum ersten Mal seine Taktik, im Finale das Highlight zu setzen. Mit 2,29 Metern wurde er WM-Neunter. Raúl Spank selbst zeigte sich davon am meisten enttäuscht. „Man darf das nicht als Versagen bezeichnen, es war nur eine Höhe unter seiner Bestleistung“, betont die DLV-Trainerin. Zudem war er mit einem Infekt ins Finale gegangen. Als Ausrede wollte das der ehrgeizige Dresdner aber nicht gelten lassen.
Als Hochsprung-Highlight auf nationaler Ebene bleibt der „Kasseler Krimi“ zwischen Raúl Spank und Vereinskollege Matthias Haverney um den DM-Titel in Erinnerung. Dort gelang es dem zwei Meter großen Bundespolizisten Matthias Haverney um ein Haar, seinem klar favorisierten Trainingspartner den Titel abzujagen.
Matthias Haverney wahrte seine weiße Weste bis hin zur neuen Bestleistung von 2,28 Metern. „Das war eine eindrucksvolle Darstellung“, sagt die Bundestrainerin im Rückblick. Raúl Spank, der bei 2,15 Metern sogar in den dritten Versuch musste, war gezwungen zu antworten - und das tat er: Von seinem Herausforderer getrieben, holte er im letzten Versuch mit 2,31 Metern seinen dritten Meistertitel im Freien. „Hier hat er gezeigt, dass er mit Stress umgehen und dagegenhalten kann“, bescheinigt Brigitte Kurschilgen.
Seinen Ausreißer nach oben mit der WM-B-Norm konnte Matthias Haverney zu keiner Zeit untermauern. Eine angerissene Achillessehne im Winter und eine Sehnen-OP in der Brust warfen den 26-Jährigen zurück. Trotz mehrmaliger Versuche scheiterte seine WM-Teilnahme letztlich an der fehlenden Wiederholung der B-Norm.
Ein gelungenes Comeback nach Fußproblemen im Vorjahr feierte Eike Onnen (LG Hannover). Nach einem Jahr in Köln wird er nun wieder von seiner Mutter Astrid in seiner Heimatstadt trainiert. „Seine Mutter hat die richtigen Ansätze gefunden, ihn wieder dahin zu bringen, wo er war“, stellt Brigitte Kurschilgen fest.
Beim Heim-Meeting in Hannover Ende Mai meldete sich der 29-Jährige gleich beeindruckend in der deutschen Spitze zurück, als er 2,31 Meter überquerte. Verletzungsfrei blieb der dreimalige Deutsche Meister aber auch in diesem Jahr nicht. Nachdem er sich bereits beim Einstiegswettkampf in der Halle unglücklich das Knie lädierte, musste er auch bei der Freiluft-DM die Achillessehne schonen und mit Platz sechs Vorlieb nehmen.
Pünktlich zur WM kam Eike Onnen wieder in Form. In der Qualifikation von Daegu übersprang er mit 2,28 Metern dieselbe Höhe wie Raúl Spank. Da er dafür aber in den zweiten Versuch musste, verpasste er das Finale denkbar knapp. „Er hatte einfach Riesenpech“, kommentiert die Bundestrainerin den sehenswerten WM-Auftritt.
Auffällig dünn bestückt zeigt sich der deutsche Hochsprung-Nachwuchs. Weder bei der U23-EM noch bei der U18-WM ging ein DLV-Springer an den Start. „Wir haben eine Riesenlücke bei den Jungs“, räumt Brigitte Kurschilgen ein. Deutlich hervor sticht dafür Mateusz Przybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen).
Der 19 Jahre alte Hoffnungsträger belegte mit 2,19 Metern bei der U20-EM in Tallinn (Estland) Platz sieben. Zudem konnte der Leverkusener seine deutschen Jugend-Titel in der Halle und im Freien verteidigen, sowie den bei den Junioren im Freien. Seine Bestleistung schraubte der Gymnasiast von 2,16 auf 2,20 Meter.
In der B-Jugend wächst mit Falk Wendrich (LAZ Soest) laut Brigitte Kurschilgen „ein großes motorisches Talent“ mit besten Voraussetzungen heran, das internationales Format erreichen könnte. Im September setzte er sich mit 2,14 Metern an die Spitze der Weltbestenliste der B-Jugend.
UNSERE TOP DREI |
| Raúl Spank Dresdner SC 1898 23 Jahre SB: 2,32 m PB: 2,33 m (2009) DM: 1. Platz | WM: 9. Platz DLV-Jahresbestenliste: 1. Platz Europa-Jahresbestenliste: 7. Platz Welt-Jahresbestenliste: 9. Platz |
| Eike Onnen LG Hannover 29 Jahre SB: 2,31 m PB: 2,34 m (2007) DM: 6. Platz | WM: 15. Platz Qualifikation DLV-Jahresbestenliste: 2. Platz Europa-Jahresbestenliste: 10. Platz Welt-Jahresbestenliste: 17. Platz |
| Matthias Haverney Dresdner SC 1898 26 Jahre SB: 2,28 m PB: 2,28 m (2011) DM: 2. Platz DLV-Jahresbestenliste: 3. Platz Europa-Jahresbestenliste: 24. Platz Welt-Jahresbestenliste: 40. Platz |
DER HOFFNUNGSTRÄGER |
| Mateusz Przybylko TSV Bayer 04 Leverkusen 19 Jahre SB: 2,20 m PB: 2,20 m (2011) Der Gymnasiast ist das herausragende Talent im DLV-Nachwuchs. Seine deutschen Jugend-Meistertitel konnte er drinnen und draußen verteidigen. Bei der U20-EM wurde er Siebter. Der Leverkusener Schützling von Hans-Jörg Thomaskamp konnte 2011 seine Bestleistung auf 2,20 Meter ausbauen. |
DER PECHVOGEL |
| Martin Günther LG Eintracht Frankfurt 25 Jahre SB: 2,21 m (Halle) PB: 2,24 m (2008) Mitte Februar zog sich der Vereinskollege von Ariane Friedrich wie diese einen Achillessehnenriss zu. Damit war die Saison für den Deutschen Hallenmeister von 2010 frühzeitig gelaufen. Dass „nur“ das Schwungbein betroffen ist, macht einen erfolgreichen Wiedereinstieg etwas wahrscheinlicher. |
2012 IM AUSBLICK |
Gebetsmühlenartig hat Raúl Spank die 2,36 Meter Jahr für Jahr als Ziel ausgegeben. Damit ist nun Schluss: Für das Olympiajahr nennt der DLV-Topspringer keine Höhenmarke. Stattdessen will der Schützling von Trainer Jörg Elbe sowohl von der Hallen-WM in Istanbul (Türkei), als auch von der EM in Helsinki (Finnland) und den Olympischen Spielen in London (Großbritannien) eine Medaille mitbringen und zudem seine nationalen Titel verteidigen.
„Bei den internationalen Meisterschaften wurden die Medaillen zuletzt durch Fehlversuche entschieden. Da kann man mit 2,32 Metern ein Medaille machen“, weiß auch Brigitte Kurschilgen. Die Olympianorm von 2,31 Metern dürfte für Raúl Spank keine ernsthafte Hürde darstellen.
Die Nominierung für London dürfte auch bei Eike Onnen fest eingeplant sein. „Vom Talent her steht er in keinster Weise hinter Raúl“, sagt die Bundestrainerin. Sorgen bereitet ihr einzig die Verletzungsanfälligkeit des Hannoveraners. „Sein Ziel ist es, Bestleistung zu springen.“ Die aktuelle liegt mit 2,34 Metern knapp über der von Raúl Spank.
In Daegu konnte sich Eike Onnen nach Jahren mal wieder auf hohem internationalen Niveau messen. „Es war wichtig, dass er den WM-Start als Vorbereitung auf die Olympischen Spiele genutzt hat“, sagt die Disziplintrainerin. Derzeit ist der 29-Jährige verletzungsfrei. Bleibt es dabei, könnte der DLV auf zwei aussichtsreiche Finalteilnehmer bei den Jahreshöhepunkten hoffen.
Auf das Ticket nach London hat es auch Matthias Haverney abgesehen. „Er scheint in sehr guter körperlicher Verfassung zu sein und macht einen selbstbewussten Eindruck“, berichtet Brigitte Kurschilgen. Dafür muss der zweite Dresdner beweisen, dass seine 2,28 Meter in Kassel keine Eintagsfliege waren.
Der Frankfurter Martin Günther will nichts überstürzen und behutsam wieder ins Sprungtraining einsteigen. Intensive Belastungsproben an der Hochsprunganlage stehen noch bevor. Ob er Hallenwettkämpfe zur Vorbereitung Richtung Olympiasaison nutzt, ist noch offen.
Als Problem könnte sich der Zeitdruck im Olympiajahr herausstellen. Gewöhnlich starten die Hochspringer ihre Freiluftsaison im Mai. Mitte Juni stehen jedoch schon die Deutschen Meisterschaften an, eineinhalb Wochen später folgen die Europameisterschaften. Somit bleiben nur drei bis vier Wettkämpfe, um die Normen zu springen.
ZAHLEN UND FAKTEN |
2,32 - Raúl Spank (Dresdner SC 1898)
2,31 - Eike Onnen (LG Hannover)
2,28 - Matthias Haverney (Dresdner SC 1898)
2,20 - Mateusz Przybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen)
2,20 - Benjamin Lauckner (LAC Erdgas Chemnitz)
2,19 - Tim Riedel (TV Wattenscheid 01)
2,17 - Sebastian Kneifel (TSV Bayer 04 Leverkusen)
2,17 - Sven Tarnowski (TV Rheinfelden)
2,17 - Sebastian Schultz (TV Rheinzabern)
2,15 - Hendrik Meier (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg)
Internationale Endkampf-Platzierungen (Top 8)
WM: keine
U23-EM: keine
U20-EM: 7. Platz (Mateusz Przybylko; 2,19 m)
U18-WM: keiner
Hallen-EM: 8. Platz Raúl Spank (2,20 m)
Entwicklung des Spitzenniveaus
Athleten >= 2,30 Meter | Schnitt Top 10 | |
2005 | Roman Fricke (2,30) | 2,21 |
2006 | keine | 2,19 |
2007 | Eike Onnen (2,34) | 2,21 |
2008 | Raul Spank (2,32), Eike Onnen (2,31) | 2,22 |
2009 | Raul Spank (2,33) | 2,22 |
2010 | Raul Spank (2,30) | 2,21 |
2011 | Raul Spank (2,32), Eike Onnen (2,31) | 2,22 |
Entwicklung Jahresbestleistungen
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. |
2005 | 2,30 (R. Fricke) | 2,38 (Sokolovskyy/UKR) | 0,08 | 2,38 (Freitag/RSA; Sokolovskyy/UKR) | 0,08 |
2006 | 2,28 (E. Onnen) | 2,37 (Silnov/RUS) | 0,09 | 2,37 (Silnov/RUS) | 0,09 |
2007 | 2,34 (E. Onnen) | 2,35 (Holm/SWE; Rybakov/RUS; Ioannou/CYP) | 0,01 | 2,35 (Thomas/BAH; Holm/SWE; Rybakov/RUS; Ioannou/CYP) | 0,01 |
2008 | 2,32 (R. Spank) | 2,38 (Silnov/RUS) | 0,06 | 2,38 (Silnov/RUS) | 0,06 |
2009 | 2,33 (R. Spank) | 2,35 (Ukhov/RUS; Rybakov/RUS) | 0,02 | 2,35 (Manson/USA; Ukhov/RUS; Rybakov/RUS) | 0,02 |
2010 | 2,30 (R. Spank) | 2,36 (Ukhov/RUS) | 0,06 | 2,36 (Ukhov/RUS) | 0,06 |
2011 | 2,32 (R. Spank) | 2,36 (Dmitrik/RUS; Shustov/RUS) | 0,04 | 2,37 (Williams/USA) | 0,05 |
WAS AUFFÄLLT |
- Raúl Spank bleibt der führende deutsche Hochspringer, aber Eike Onnen meldete sich knapp dahinter eindrucksvoll zurück
- Mit 2,32 Metern konnte Raúl Spank nahe an der absoluten Weltspitze dranbleiben
- Der Top-Ten-Schnitt der deutschen Hochspringer liegt seit Jahren nahezu konstant zwischen 2,21 und 2,22 Meter
- US-Springer Jesse Williams durchbricht die Serie: 2011 stellt kein Russe einen Weltjahresbesten
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