leichtathletik.de-Check - Langhürden Männer
Die Saison 2010 mit einer erfolgreichen EM ist Geschichte. Den guten Leistungen in Barcelona (Spanien), bei der Team-EM in Bergen (Norwegen) und der Hallen-WM in Doha (Katar) sowie anderen Meisterschaften und Meetings standen aber auch Enttäuschungen gegenüber. leichtathletik.de nimmt die einzelnen Disziplinbereiche noch einmal genau unter die Lupe.
2010 IM RÜCKBLICK |
Es spricht viel dafür, dass es der Beginn einer neuen Ära sein könnte. Aus den letzten Jahren bekannte Namen wie der des Dopingsünders Thomas Goller (TV Wattenscheid 01) und jene von den zurückgetretenen Christian Duma (LG Eintracht Frankfurt) und Henning Hackelbusch (TV Wattenscheid 01) sind verschwunden, eine neue Generation an Hürdenläufern wächst heran.
„Der Nachwuchs hat Freude bereitet“, stellt entsprechend Bundestrainer Volker Beck in seiner Saisonbilanz zu den 400 Meter Hürden der Männer die internationalen Leistungen der jungen Kräfte heraus.
Bei der U20-WM in Moncton (Kanada) wartete der Berliner Neueinsteiger Varg Königsmark mit Platz vier (50,47 sec) auf, sein Mitstreiter Tobias Giehl (LG Würm Athletik) lag, nachdem ihn im Winter noch ein Kreuzbandriss aus der Bahn warf, bei Einstellung seiner Saisonbestzeit von 51,77 Sekunden als Halbfinal-Vierter ebenfalls im Soll. Felix Franz (LG Neckar-Enz) glänzte bereits im Mai in Moskau (Russland) bei der Qualifikation zu den Olympischen Jugendspielen in Singapur, wo er schließlich als Vierter das Podest nur knapp verpasste, mit einer neuen deutschen B-Jugend-Bestleistung (51,07 sec).
Mehr als ein Wermutstropfen war das Fehlen der Hürden-Hoffnungen bei der EM in Barcelona (Spanien). Über die Platzierung in der europäischen Jahresbestenliste hatte Volker Beck seine Vorschläge vorgebracht, diese fanden aber bei der Nominierung letztlich keine Berücksichtigung. „Da gab es deutlichen Diskussionsbedarf“, sagt Volker Beck, der seinen Athleten mit einer Nominierung eine Perspektive aufzeigen wollte. „Aber es ist ein Schlussstrich gezogen und wir kucken jetzt nach vorne.“
Das hatte der von den Kurz- auf die Langhürden gewechselte Georg Fleischhauer auch ohne EM-Ticket getan. Bei der Junioren-DM in Regensburg holte er sich nach seinem Überraschungscoup bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig erneut einen Titel und das bei einer bemerkenswerten Steigerung seiner Bestzeit auf 49,85 Sekunden - einer Leistung, mit der er in Barcelona (Spanien) das EM-Finale erreicht hätte. Damit übertrumpfte er auch an der Spitze der deutschen Jahresbestenliste seinen Vereinskollegen Silvio Schirrmeister um eine Hundertstel. „Er hat eine Riesenentwicklung vollzogen“, lobt ihn Volker Beck.
Die beiden Dresdner führen die neue hoffnungsvolle Generation an Langhürdlern an, die sich nachhaltig in den Statistiken dokumentiert. Der Älteste unter den ersten Zwanzig der aktuellen Bestenliste ist mit dem Bürstädter Falco Lausecker ein gerade einmal 24-Jähriger. Unter den Top 12 sind sechs U23- und fünf U20-Athleten. Die sieben Schnellsten, darunter auch der Sindelfinger Stephan Stoll, der Offenburger Quentin Seigel und der Erdinger David Gollnow, erreichten allesamt eine neue persönliche Bestzeit. Einzig nennenswerter Ausfall war Marc-John Dombrowski (LG Eintracht Frankfurt), der wegen einer Fersenverletzung passen musste.
Überschattet hatte das Jahr im Hürdenbereich allerdings ein Dopingfall. Der Wattenscheider Thomas Goller wurde als amtierender Deutscher Meister für zwei Jahre gesperrt, nachdem er positiv auf ein anaboles Steroid (Boldenon) getestet worden war. „Das war für alle ein Schock, der Supergau schlechthin“, sagt Bundestrainer Volker Beck. Thomas Goller erklärte daraufhin seine Laufbahn für beendet.
UNSERE TOP DREI |
| Georg Fleischhauer Dresdner SC 1898 22 Jahre SB: 49,85 sec PB: 49,85 sec (2010) DM: 1. Platz DLV-Jahresbestenliste: 1. Platz Europa-Jahresbestenliste: 15. Platz Welt-Jahresbestenliste: 60. Platz |
| Silvio Schirrmeister Dresdner SC 1898 21 Jahre SB: 49,86 sec PB: 49,86 sec (2010) DM: 2. Platz DLV-Jahresbestenliste: 2. Platz Europa-Jahresbestenliste: 16. Platz Welt-Jahresbestenliste: 61. Platz |
| Stephan Stoll VfL Sindelfingen 23 Jahre SB: 50,04 sec PB: 50,04 sec (2010) DM: 3. Platz DLV-Jahresbestenliste: 3. Platz Europa-Jahresbestenliste: 17. Platz Welt-Jahresbestenliste: 65. Platz |
UNSER HOFFNUNGSTRÄGER |
| Felix Franz LG Neckar-Enz 17 Jahre SB/PB: 51,07 sec (84 cm; 2010) Mit einer neuen deutschen B-Jugendbestleistung und Platz vier bei den Olympischen Jugendspielen in Singapur, obwohl dort von Magen-Darm-Problemen gehandicapt, offenbarte Felix Franz sein riesiges Talent. |
DER PECHVOGEL |
| Marc-John Dombrowski LG Eintracht Frankfurt 20 Jahre SB: kein Start PB: 50,89 sec (2009) Der U20-Vize-Europameister konnte wegen einer Fersenverletzung nicht in das Geschehen eingreifen. |
2011 IM AUSBLICK |
Wollen die deutschen Hürdenläufer an das Tor zur WM in Daegu (Südkorea) anklopfen, werden sie um eine weitere Leistungssteigerung nicht umhinkommen. 2009 war einmal die A-Norm von 49,25 Sekunden bzw. zweimal die B-Norm von 49,80 Sekunden gefragt. Mit den Dresdnern Georg Fleischhauer und Silvio Schirrmeister lagen in diesem Jahr zumindest zwei Athleten auf Tuchfühlung zur möglichen B-Norm.
Bundestrainer Volker Beck stimmt die Ausgangsposition vor allem mit Blick auf die U20- und U23-Europameisterschaft zuversichtlich. Für die U20-EM in Tallinn (Estland) gibt er ein klares Ziel aus: „Wir wollen eine Medaille gewinnen.“ Die Vorzeichen stehen dabei nicht schlecht. Varg Königsmark hat mit Platz vier bei der U20-WM ebenso Hoffnungen geschürt wie der allerdings noch ein Jahr jüngere Felix Franz.
Bei der U23-Europameisterschaft in Ostrava (Tschechische Republik) ist für deutsche Hoffnungen das Finale eine machbare Aufgabe. Anderen voran dürfen sich David Gollnow und Tobias Giehl um einen Startplatz im DLV-Team bewerben. Allerdings sitzen ihnen der zurückzuerwartende U20-Vize-Europameister Marc-John Dombrowski, der in diesem Jahr bereits stark verbesserte Christian Heimann (LAZ Puma Troisdorf/Siegburg) und der Potsdamer Florian Handt im Nacken.
ZAHLEN UND FAKTEN |
Die Jahresbesten
49,85 - Georg Fleischhauer (Dresdner SC 1898)
49,86 - Silvio Schirrmeister (Dresdner SC 1898)
50,04 - Stephan Stoll (VfL Sindelfingen)
50,28 - Quentin Seigel (LG Offenburg)
50,47 - David Gollnow (TSV Erding)
50,47 - Varg Königsmark (LG Nike Berlin)
51,61 - Christian Heimann (LAZ Puma Troisdorf/Siegb.)
51,77 - Tobias Giehl (LG Würm Athletik)
52,00 - Mirko Schmidt (TV Wattenscheid 01)
52,14 - Florian Handt (SC Potsdam)
Internationale Endkampf-Platzierungen 2010
EM: keine U20-WM: 4. Platz (Varg Königsmark; 50,47 sec) Olympische Jugendspiele: 4. Platz (Felix Franz; 51,60 sec) Hallen-WM: keine Hallendisziplin
Entwicklung des Spitzenniveaus
Athleten < 50 sec | Schnitt Top 10 | |
2005 | Christian Duma (49,17) | 50,79 |
2006 | Christian Duma (49,69) | 51,11 |
2007 | keiner | 51,25 |
2008 | keiner | 51,43 |
2009 | Thomas Goller (49,20), Christian Duma (49,95) | 50,58 |
2010 | Georg Fleischhauer (49,85), Silvio Schirrmeister (49,86) | 50,85 |
Entwicklung Jahresbestleistungen
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. |
2005 | 49,17 (C. Duma) | 48,24 (Iakovakis/GRE) | 0,93 | 47,24 (Clement/USA) | 1,93 |
2006 | 49,69 (C. Duma) | 47,82 (Iakovakis/GRE) | 1,87 | 47,39 (Clement/USA) | 2,30 |
2007 | 50,37 (T. Goller) | 48,12 (Plawgo/POL) | 2,25 | 47,61 (Clement/USA) | 2,76 |
2008 | 50,81 (L. Hense) | 48,52 (Plawgo/POL) | 2,29 | 47,25 (Taylor/USA) | 3,65 |
2009 | 49,20 (T. Goller) | 48,27 (Greene/GBR) | 0,93 | 47,91 (Clement/USA) |