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Die von internationalen Höhepunkten gespickte Saison 2012 ist Geschichte. Acht Medaillen bei Olympia in London (Großbritannien), einer erfolgreichen EM in Helsinki (Finnland) und einer Hallen-WM in Istanbul (Türkei) als Durchgangsstation sowie anderen Meisterschaften und Meetings standen aber auch Enttäuschungen gegenüber. leichtathletik.de nimmt die einzelnen Disziplinbereiche noch einmal genau unter die Lupe.

2012 IM RÜCKBLICK |
Drei deutsche Mittelstreckler rissen im Olympiajahr für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) die Kohlen aus dem Feuer. Einer von ihnen: der Braunschweiger Sören Ludolph. Über 800 Meter stieß er mit einer deutlichen Steigerung seiner Bestleistung auf 1:44,80 Minuten in die erweiterte Weltspitze vor.
So groß die Freude über diese Topzeit war, so groß war die Enttäuschung über das Abschneiden bei den Saisonhöhepunkten: EM-Aus im Halbfinale, Siebter im Vorlauf bei den Olympischen Spielen. Bei den Deutschen Meisterschaften holte er dagegen souverän seinen dritten Titel in Folge.
Über 1.500 Meter musste Routinier Carsten Schlangen (LG Nord Berlin) zunächst einige Rückschläge einstecken: In der Halle schnappte ihm Youngster Homiyu Tesfaye Heyi, wohnhaft in Frankfurt, geboren in Äthiopien, den Titel vor der Nase weg. Im Freien hatte der Regensburger Florian Orth die Nase vorn.
Doch Carsten Schlangen bewies Kampfgeist: Mit Bestzeit von 3:33,64 Minuten sicherte er sich in Bottrop in letzter Minute das Olympia-Ticket und damit nicht nur den Platz an der deutschen Spitze, sondern auch Platz zwei in Europa. In London schaffte er es bis ins Halbfinale.
Bei der EM in Helsinki lief sich dagegen der Deutsche Meister Florian Orth ins Rampenlicht. Im Finale verpasste er als Elfter nur aufgrund eines Sturzes eine vordere Platzierung. Beim ISTAF im September platzte endgültig der Knoten: 3:34,56 Minuten bedeuten Platz zwei in Deutschland und Platz vier im Vergleich mit den europäischen Topathleten.
Mit Ausnahme von Sebastian Keiner (Erfurter LAC), der über 800 Meter ins EM-Halbfinale einzog und auch über 1.500 Meter einen Sprung nach vorne machte, klopfte 2012 kein weiterer DLV-Läufer an das Tor zur Weltspitze an.
Im Nachwuchs-Bereich machte dafür Dennis Krüger (LAC Berlin) auf sich aufmerksam. Er schaffte es in Barcelona (Spanien) als erster Deutscher seit 1996 ins Finale einer U20-Weltmeisterschaft und steigerte sich dort auf 1:46,92 Minuten.
UNSERE TOP DREI |
| Carsten Schlangen LG Nord Berlin; 1.500 m 31 Jahre SB: 3:33,64 min PB: 3:33,64 min (2012) DM: 2. Platz | EM: 17. HF | OS: 11. HF DLV-Jahresbestenliste: 1. Platz Europa-Jahresbestenliste: 2. Platz Welt-Jahresbestenliste: 18. Platz |
| Florian Orth LG Telis Finanz Regensburg, 1.500 m 23 Jahre SB: 3:34,56 min PB: 3:34,56 min (2012) DM: 1. | EM: 11. Platz DLV-Jahresbestenliste: 2. Platz Europa-Jahresbestenliste: 4. Platz Welt-Jahresbestenliste: 35. Platz |
| Sören Ludolph LG Braunschweig; 800 m 24 Jahre SB: 1:44,80 min PB: 1:44,80 min (2012) DM: 1. Platz | EM: 13. HF | OS: 40. VL DLV-Jahresbestenliste: 1. Platz Europa-Jahresbestenliste: 7. Platz Welt-Jahresbestenliste: 28. Platz |
UNSER HOFFNUNGSTRÄGER |
| Dennis Krüger LAC Berlin, 800 m 18 Jahre SB: 1:46,92 min PB: 1:46,92 min (2012) Schnell und selbstbewusst: Dennis Krüger belegte Platz acht im U20-WM-Finale und steigerte seine Bestleistung um fast zwei Sekunden. |
DER PECHVOGEL |
| Stefan Eberhardt LG Ohra Hörselgas, 1.500 Meter 27 Jahre SB: - PB: 3:33,92 min (2009) Die Durststrecke geht weiter: Nach zwei verletzungsgeplagten Jahren machten 2012 Knieprobleme die Olympiahoffnungen von Stefan Eberhardt zunichte. |
2013 IM AUSBLICK |
Neben den Olympiastartern haben 2013 sowohl über 800 als auch über 1.500 Meter ein bis zwei weitere Athleten das Potenzial, sich für die Saison-Höhepunkte zu qualifizieren. Zu diesen zählen EM-Halbfinalist Sebastian Keiner, der sich über 1.500 Meter ein zweites Standbein aufbauen könnte, sowie nach überstandener Verletzung Stefan Eberhardt und Robin Schembera (TSV Bayer 04 Leverkusen).
Die größten Hoffnungen ruhen aber weiterhin auf Sören Ludolph sowie auf Carsten Schlangen und Florian Orth. Besonders der Regensburger, mit 23 Jahren Jüngster im Spitzentrio, hat 2012 angedeutet, dass es im kommenden Jahr für ihn noch weiter bergauf gehen könnte. Bei der Hallen-EM in Göteborg (Schweden) haben die 1.500-Meter-Läufer in Topform sogar das Potenzial, in den Kampf um die Medaillen einzugreifen.
Für den Sommer hat Bundestrainer Henning von Papen die Devise ausgegeben, auf Über- und Unterdistanzen Rennhärte zu sammeln. Die Hatz nach der WM-Norm für Moskau (Russland) 2013 wird einem guten Abschneiden bei der EM 2014 untergeordnet.
Zuvor hatte schon Carsten Schlangen angekündigt, im nächsten Jahr vor allem mit Spaß und freiem Kopf an den Start gehen zu wollen ohne den ständigen Normdruck im Hinterkopf. Gut möglich, dass dabei sowohl für den Berliner als auch für die weiteren Topathleten ein Ticket nach Moskau abfällt.
Die aussichtsreichsten Kandidaten für die U23-EM in Tampere (Finnland) sind über 800 Meter Dennis Krüger und über 1.500 Meter Timo Benitz (TG Stockach). Für Patrick Zwicker (LG Rülzheim) und Julius Lawnik (SC Magdeburg) ist das Finale der U20-EM in Rieti (Italien) in Reichweite.
DAS SAGT DER BUNDESTRAINER |
Herr von Papen, wie fällt Ihre Bilanz für das EM- und Olympiajahr 2012 aus?
Wir mussten einige Rückschläge wegstecken, dennoch kann ich insgesamt ein recht positives Fazit ziehen. Bei der EM verhinderte nur der Sturz von Florian Orth ein Ergebnis im Punktebereich. Bei den Olympischen Spielen hatten wir je einen Teilnehmer über 800 und 1.500 Meter, aber die Ausbeute war nicht ganz zufriedenstellend, denn es wäre mehr drin gewesen. Hinzu kam der Totalausfall von zwei Leistungsträgern, Robin Schembera über 800 und Stefan Eberhardt über 1.500 Meter.
Positiv stimmt mich die Entwicklung der Zeiten. Einen Spitzenwert von 1:44,80 Minuten über 800 Meter hatten wir in Deutschland schon lange nicht mehr. Ebenso erfreulich die Steigerungen von Carsten Schlangen und Florian Orth. Und auch Sebastian Keiner sollten wir nicht vergessen, der über 1.500 Meter mit 3:39,96 Minuten seine erweiterten Möglichkeiten für die nächsten Jahre andeutete.
Hinzu kommt die sehr gute Bilanz in der Jugend mit dem Final-Einzug von Dennis Krüger bei der U20-WM sowie der Halbfinal-Teilnahme von Kevin Stadler. Auch Patrick Zwicker wartete mit einer tollen Steigerung auf 1:47,74 Minuten auf und ist 2013 immer noch in der Jugend startberechtigt. Über 1.500 Meter waren wir in Barcelona mit Julius Lawnik und Fabian Brunswig ebenfalls zweifach vertreten.
Was oder wer war für Sie das ganz persönliche Highlight der vergangenen Monate?
Die neue Bestzeit von 1:44,80 Minuten von Sören Ludolph, das Aufbäumen von Carsten Schlangen in Bottrop nach ein paar verkorksten Rennen im Vorfeld und der Auftritt von Dennis Krüger bei der U20-WM.
Mit welchen Aufgaben und Zielen gehen Sie in die kommende Saison?
2013 müssen wir an diese Leistungen anknüpfen. Wir wollen vor allem bei der Hallen-EM zeigen, dass wir in Europa vorne mitlaufen können. Auch wenn wieder eine WM ansteht, so wird 2013 ein Hauptziel sein, die Voraussetzungen für eine erfolgreiche EM 2014 und die darauf folgenden Jahre zu schaffen. Die Athleten sollen frei vom Normendruck mehr Läufe in der Unter- und Überdistanz absolvieren. Über 800 Meter müssen wir dem Olympia-Finale nach zu urteilen die Schnelligkeitsgrundlage erheblich steigern. Dies ist nicht zu schaffen, wenn die Normerfüllung den absoluten Vorrang hat.
ZAHLEN UND FAKTEN |
Die Jahresbesten 800 m:1:44,80 – Sören Ludolph (LG Braunschweig)
1:46,33 – Sebastian Keiner (Erfurter LAC)
1:46,92 – Dennis Krüger (LAC Berlin)
1:47,03 – Martin Conrad (LAC Quelle Fürth)
1:47,17 – Patrick Schoenball (ABC Ludwigshafen)
1:47,24 – Martin Bischoff (TV Wattenscheid 01)
1:47,40 – Homiyu Tesfaye (LG Eintracht Frankfurt)
1:47,56 – Andreas Lange (LG Reinbek/Ohe)
1:47,74 – Patrick Zwicker (LG Rülzheim)
1:48,18 – Timo Benitz (TG Stockach)
1.500 m:
3:33,64 – Carsten Schlangen (LG Nord Berlin)
3:34,56 – Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg)
3:38,56 – Tesfaye Homiyu (LG Eintracht Frankfurt)
3:39,96 – Sebastian Keiner (Erfurter LAC)
3:40,37 – Christoph Lohse (TV Wattenscheid 01)
3:41,32 – Timo Benitz (TG Stockach)
3:42,36 – Moritz Waldmann 85 (LG Braunschweig)
3:43,17 – Martin Sperlich (VfB LC Friedrichshafen)
3:43,18 – Rico Loy (LG Baden. Nordschwarzwald)
3:43,37 – Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg)
Internationale Endlauf-Platzierungen 2012
EM: 11. Platz 1.500 m (Florian Orth; 3:58,54 min) OS: keine U20-WM: 8. Platz 800 m (Dennis Krüger; 1:46,92 min) Hallen-WM: keine
Entwicklung des Spitzenniveaus (800 m)
Athleten < 1:46,00 min | Schnitt Top 10 | |
2005 | René Herms (1:44,71) | 1:47,81 |
2006 | René Herms (1:45,26) | 1:47,44 |
2007 | René Herms (1:45,89) | 1:47,22 |
2008 | Robin Schembera (1:45,66), René Herms (1:45,82), Sebastian Keiner (1:45,98) | 1:47,13 |
2009 | Robin Schembera (1:45,63) | 1:47,35 |
2010 | keiner | 1:48,10 |
2011 | Sören Ludolph (1:45,04) | 1:47,51 |
2012 | Sören Ludolph (1:44,80) | 1:47,04 |
Entwicklung des Spitzenniveaus (1.500 m)
Athleten < 3:38,00 min | Schnitt Top 10 | |
2005 | keine | 3:41,79 |
2006 | keine | 3:40,78 |
2007 | Carsten Schlangen (3:36,54), Wolfram Müller (3:37,85) | 3:40,05 |
2008 | Carsten Schlangen (3:34,99), Stefan Eberhardt (3:37,51) | 3:40,02 |
2009 | Stefan Eberhard (3:33,92), Carsten Schlagen (3:34,60) | 3:40,04 |
2010 | Carsten Schlangen (3:34,19), Moritz Waldmann (3:36,97), Christoph Lohse (3:37,60) | 3:39,86 |
2011 | Carsten Schlangen (3:35,74), Stefan Eberhardt (3:36,90) | 3:41,56 |
2012 | Carsten Schlangen (3:33,64), Florian Orth (3:34,56) | 3:40,05 |
Entwicklung Jahresbestleistungen (800 m)
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. |
2005 | 1:44,71 (R. Herms) | 1:44,18 (Borzakovskiy/RUS) | 0,53 | 1:43,70 (Bungei/KEN) | 1,01 |
2006 | 1:45,26 (R. Herms) | 1:43,42 (Borzakovskiy/RUS) | 1,84 | 1:43,09 (Mulaudzi/RSA) | 2,17 |
2007 | 1:45,89 (R. Herms) | 1:44,37 (Milkevics/LET) | 1,52 | 1:43,74 (Mulaudzi/RSA) | 2,15 |
2008 | 1:45,66 (R. Schembera) | 1:44,68 (Rimmer/GBR) | 0,98 | 1:42,69 (Kaki/SUD) | 2,97 |
2009 | 1:45,63 (R. Schembera) | 1:43,59 (Som/NED) | 2,04 | 1:42,01 (Rudisha/KEN) | 3,92 |
2010 | 1:46,38 (R. Schembera) | 1:43,89 (Rimmer/GBR) | 2,49 | 1:41,01 (Rudisha/KEN) | 5,37 |
2011 | 1:45,04 (S. Ludolph) | 1:43,30 (Kszczot/POL) | 1,74 | 1:41,33 (Rudisha/KEN) | 3,71 |
2012 | 1:44,80 (S. Ludolph) | 1:43,74 (López/ESP) | 1,06 | 1:40,91 (Rudisha/KEN) | 3,89 |
Entwicklung Jahresbestleistungen (1.500 m)
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. |
2005 | 3:40,39 (F. Haschke) | 3:30,80 (Baala/FRA) | 9,59 | 3:29,30 (Lagat/USA) | 11,09 |
2006 | 3:38,04 (C. Schlangen) | 3:31,00 Heshko (UKR) | 7,04 | 3:29,02 (Komen/KEN) | 9,02 |
2007 | 3:36,54 (C. Schlangen) | 3:31,01 (Baala/FRA) | 5,53 | 3:30,54 (Webb/USA) | 5,00 |
2008 | 3:34,99 (C. Schlangen) | 3:32,00 (Baala/FRA) | 2,99 | 3:31,49 (Komen/KEN) | 3,50 |
2009 | 3:33,92 (S. Eberhard) | 3:30,96 (Baala/FRA) | 2,96 | 3:29,47 (Choge/KEN) | 4,45 |
2010 | 3:34,19 (C. Schlangen) | 3:32,70 (Casado/ESP) | 1,49 | 3:29,27 (Kiplagat/KEN) | 4,92 |
2011 | 3:35,74 (C. Schlangen) | 3:31,37 (Özbilen/TUR) | 4,37 | 3:30,46 (Kiprop/KEN) | 5,28 |
2012 | 3:33,64 (C. Schlangen) | 3:33,32 (Özbilen/TUR) | 0,32 | 3:28,88 (Kiprop/KEN) | 4,76 |
WAS AUFFÄLLT |
- Sowohl über 800 als auch über 1.500 Meter hat sich der Top-Ten-Schnitt im Vergleich zum Vorjahr verbessert. Auch die Zeiten der Jahresbesten haben sich gesteigert.
- Auf beiden Strecken klafft zwischen den Topathleten und ihren nationalen Verfolgern eine recht große Lücke.
- Über 1.500 Meter ist der Abstand zur europäischen Spitze so gering wie seit Jahren nicht mehr.
- Im Vergleich zur Weltspitze haben die DLV-Mittelstreckler nach wie vor deutlich das Nachsehen.
- Mit Dennis Krüger konnte erstmals seit vielen Jahren wieder ein Nachwuchsathlet in der internationalen Spitze mitlaufen.
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800 Meter
Andreas Lange schlägt Martin Bischoff
Dennis Krüger demonstriert Top-Verfassung
Kevin Stadler überrascht Dennis Krüger auf der Ziellinie
Sebastian Keiner schafft Norm für EM
Dennis Krüger löst Ticket für Barcelona
Sören Ludolph verpasst knapp EM-Norm
Sören Ludolph läuft souverän zum Titel
Kevin Stadler wird für Mut belohnt
1.500 Meter
Homiyu Tesfaye spielt mit der Konkurrenz
Homiyu Tefaye locker zum zweiten Sieg
Julius Lawnik wird Favoritenrolle gerecht
Homiyu Tesfaye besiegt Carsten Schlangen
Homiyu Tesfaye läuft einsames Rennen
Florian Orth im heißen Duell mit Homiyu Tesfaye
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