leichtathletik.de-Check - Mittelstrecke Männer
Die Saison 2011 mit einer erfolgreichen WM in Daegu (Südkorea) ist Geschichte. Guten WM-Leistungen, Erfolgen bei der Team-EM in Stockholm (Schweden) und der Hallen-EM in Paris (Frankreich) sowie anderen Meisterschaften und Meetings standen aber auch Enttäuschungen gegenüber. leichtathletik.de nimmt die einzelnen Disziplinbereiche noch einmal genau unter die Lupe.
2011 IM RÜCKBLICK |
Das Ausrufezeichen der Saison setzte Sören Ludolph (LG Braunschweig) über 800 Meter. „Leider etwas zu spät“, so Bundestrainer Henning von Papen. 1:45,04 Minuten bedeuteten die WM-A-Norm für den 23-Jährigen und wären, etwas früher in der Saison gelaufen, das Ticket für Daegu gewesen. So blieb es eine beeindruckende Leistungssteigerung des Deutschen Meisters und die schnellste 800-Meter-Zeit im DLV seit 2005.
Ansonsten ist der Bundestrainer mit dem Auftritt der Männer „nicht so zufrieden.“ Carsten Schlagen zeigte noch bei der Hallen-EM eine starke Leistung und verpasste in einem taktischen Rennen als Vierter eine Medaille nur knapp. Auch Robin Schemberas (TSV Bayer 04 Leverkusen) Form gab zu diesem Zeitpunkt Grund zum Optimismus. Doch dann schlug bei den Mittelstrecklern das Pech in Form von Verletzungen, Formschwäche oder unglücklichen Rennverläufen zu.
Carsten Schlangen schaffte trotz schwierigen Saisonverlaufs als einziger Mittelstreckler des DLV die WM-Norm. In Daegu musste er dann verletzungsbedingt auf einen Start verzichten. Robin Schembera und Sebastian Keiner (LAC Erfurt) dagegen kamen nie so recht in Tritt und liefen der Norm vergebens hinterher. Eine durchaus ernüchternde Bilanz.
Dabei schienen allerdings gerade die 1.500-Meter-Läufer etwas vom Pech verfolgt. Als Entschuldigung will Henning von Papen das aber nicht gelten lassen. „Es war alles noch im normalen Bereich. Einige Ausfälle sind nichts Außergewöhnliches.“
Gemeint sind beispielsweise Christoph Lohse (TV Wattscheind 01), der krankheitsbedingt nicht ins Wettkampfgeschehen eingreifen konnte, die verletzungsbedingte Formschwäche von Moritz Waldmann (LG Hannover), aber auch die eher durchwachsene Saison von Stefan Eberhardt (LG Ohra Hörselgas), der deutlich hinter seinen Möglichkeiten blieb.
„Es ist klar, dass bei diesen Ausfällen der Durchschnitt der Top 10 natürlich etwas gelitten hat“, betonte Henning von Papen. Auch die Abstände innerhalb der zehn Schnellsten sind ihm „etwas zu viel“.
Im Nachwuchsbereich über 800 Meter wussten vor allem Martin Bischoff (TV Wattenscheid 01) und Alexander Schwab den Bundestrainer zu überzeugen. „Beide Leistungen waren sehr erfreulich.“ Das Durschnittsniveau ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen, jedoch fehlten mit Ausnahme von Sören Ludolph die Ausreißer nach oben.
Angesichts der Entwicklungen in der europäischen Spitze und der Weltspitze fehlt den deutschen Mittelstrecklern noch ein gutes Stück, um sich auf internationalem Parkett messen zu können.
Etwas freundlicher sieht es dagegen im Nachwuchsbereich über 1.500 Meter aus. Hier hat Timo Benitz (TG Stockach) mit einem Leistungssprung auf 3:40,36 Minuten aufhorchen lassen. Auch über 800 Meter zeigte sich der 19-Jährige stark verbessert. Platz sechs bei der U23-EM war daher die logische Konsequenz einer starken Saison. Ihm ist der Sprung in die deutsche Spitze durchaus zuzutrauen.
Im U20-Bereich gibt es mit Alexander Schwab (VfL Sindelfingen) und Marcel Fehr (LG Limes-Rems) zwei weitere Athleten, die sich international profilieren konnten. Mit einer Bronzemedaille und einem vierten Platz bei der U20-EM boten beide eine überzeugende Leistung.
UNSERE TOP DREI |
| Carsten Schlangen LG Nord Berlin; 1.500m 30 Jahre SB: 3:35,74 min PB: 3:34,19 min (2010) DM: 1. Platz | WM: DNS | Hallen-EM: 4. Platz DLV-Jahresbestenliste: 1. Platz Europa-Jahresbestenliste: 11. Platz Welt-Jahresbestenliste: 55. Platz |
| Stefan Eberhardt LG Ohra Hörselgas; 1.500m 26 Jahre SB: 3:36,90 min PB: 3:33,92 min (2009) DM: kein Start DLV-Jahresbestenliste: 2. Platz Europa-Jahresbestenliste: 21. Platz Welt-Jahresbestenliste: 80. Platz |
| Sören Ludolph LG Braunschweig; 800m 23 Jahre SB: 1:45,04 min PB: 1:45,04 min (2009) DM: 1. Platz | Universiade: 7. Platz DLV-Jahresbestenliste: 1. Platz Europa-Jahresbestenliste: 8. Platz Welt-Jahresbestenliste: 28. Platz |
UNSER HOFFNUNGSTRÄGER |
| Alexander Schwab VFL Sindelfingen; 800m/1.500m 18 Jahre SB: 1:48,48 min/3:44,82 min PB: 1:48,48 min/3:44,82 min (2011) Bei der U20-EM gewann er die Bronzemedaille. Vor allem über 800 Meter steigerte er sich deutlich und beendet die Saison auf Platz neun der Männerbestenliste. „Seine 1.500 Meter-Zeit ist noch deutlich ausbaufähig“, meinte Mittelstrecken-Bundestrainer Henning von Papen. Die einzige Gefahr bleibt seine Verletzungsanfälligkeit. |
DER PECHVOGEL |
| Robin Schembera TSV Bayer 04 Leverkusen, 800 m 23 Jahre SB: 1:46,36 min PB: 1:45,63 min (2009) Um nationale Titel konnte Robin Schembera 2011 nicht mitlaufen, Verletzungen oder Krankheiten kamen dazwischen. Bei der Hallen-EM fuhren ihm im Finale nach einem Fehltritt Schmerzen durch die Glieder und er musste aussteigen. Im Sommer lief der 23-Jährige der WM-Norm vergeblich hinterher. Mit Paul-Heinz Wellmann als neuem Trainer soll es wieder bergauf gehen. |
2012 IM AUSBLICK |
Für das Olympiajahr gibt Bundestrainer Henning von Papen klare Ziele vor. „Über beiden Strecken möchten wir jeweils zwei Athleten nach London schicken." Im Klartext heißt das, 1:45,55 Minuten über 800 Meter oder 3:35,50 Minuten über 1.500 Meter zu unterbieten. Sören Ludolph, Robin Schembera und mit einer Rückkehr zu alter Stärke sicherlich auch Sebastian Keiner haben gute Chancen, sich auf der doppelten Stadionrunde zu qualifizieren.
Auf der längeren Mittelstrecke sollte die Norm für Carsten Schlangen und Stefan Eberhardt im Bereich des Machbaren liegen. Auch Moritz Waldmann und Christoph Lohse werden versuchen, in den Kampf um die Tickets einzugreifen.
Im Hinblick auf London (Großbritannien) wird die EM in Helsinki (Finnland; 27. Juni bis 1. Juli) für die Mittelstreckler die erste Bewährungsprobe. Um zu diesem Zeitpunkt in Top-Form zu sein, ist für die Spitzenathleten eine einfache Periodisierung mit weitgehendem Verzicht auf die Hallensaison geplant.
In Finnland erwartet Henning von Papen von den DLV-Athleten dann „eine gute Europameisterschaft zu laufen“. Eine Finalteilnahme sollte über beide Strecken das jeweilige Ziel sein. „In Richtung einer Medaille wird es aber noch schwierig.“ Trotzdem ist der Bundestrainer zuversichtlich, in den nächsten Jahren wieder in diese Bereiche vorstoßen zu können.
Für die Nachwuchsläufer steht im Mittelpunkt, den Anschluss an die deutsche Spitze zu finden, sich verletzungsfrei weiterzuentwickeln und Bestleistungen zu steigern. Timo Benitz und Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg) ist über 1.500 Meter der Sprung unter 3:40 Minuten zuzutrauen. Aber auch auf die Entwicklungen von Martin Bischoff, Alexander Schwab und Marcel Fehr darf man gespannt sein.
Die Möglichkeiten, 2012 deutlich positiver zu gestalten, sind vorhanden. Viel wird davon abhängen, ob die Top-Athleten verletzungsfrei durch die Vorbereitung kommen und sich bereits früh im Jahr in guter Form präsentieren können. Der Druck, nur wenige Qualifikationsmöglichkeiten für Olympia zu haben, wird ein entscheidender Faktor sein.
ZAHLEN UND FAKTEN |
Die Jahresbesten800 m:1:45,04 – Sören Ludolph (LG Braunschweig)
1:46,36 – Robin Schembera (TSV Bayer 04 Leverkusen)
1:47,29 – Martin Bischoff (TV Wattenscheid 01)
1:47,51 – Sebastian Keiner (Erfurter LAC)
1:47,84 – Patrick Schoenball (ABC Ludwigshafen)
1:47,88 – Oliver Vogel (SC Magdeburg)
1:47,99 – Timo Benitz (TG Stockach)
1:48,18 – Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg)
1:48,48 – Alexander Schwab (VfL Sindelfingen)
1:48,52 – Martin Conrad (LAC Quelle Fürth)
1.500 m:
3:35,74 – Carsten Schlangen (LG Nord Berlin)
3:36,90 – Stefan Eberhardt (LG Ohra Hörselgas)
3:40,36 – Timo Benitz (TG Stockach)
3:41,42 – Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg)
3:42,11 – Moritz Waldmann (LG Hannover)
3:42,77 – Jonas Hamm (LG Braunschweig)
3:43,83 – Sven Praetorius (ASV Erfurt)
3:43,91 – Daniel Gruber (TSV Bayer 04 Leverkusen)
3:44,06 – Marcel Fehr (LG Limes-Rems)
3:44,46 – Richard Ringer (VfB LC Friedrichshafen)
Internationale Endkampf-Platzierungen 2011
WM: keine
U23-EM: 6. Platz Timo Benitz (1.500 m; 3:51,76 min) U20-EM: 3. Platz Alexander Schwab ( 1.500 m; 3:44,82 min), 4. Platz Marcel Fehr (1.500 m; 3:46,73 min) U18-WM: keine
Hallen-EM: 4. Platz Carsten Schlangen (1.500m ; 3:41,55 min)
Entwicklung des Spitzenniveaus (800 m)
Athleten < 1:46,00 min | Schnitt Top 10 | |
2005 | René Herms (1:44,71) | 1:47,81 |
2006 | René Herms (1:45,26) | 1:47,44 |
2007 | René Herms (1:45,89) | 1:47,22 |
2008 | Robin Schembera (1:45,66), René Herms (1:45,82), Sebastian Keiner (1:45,98) | 1:47,13 |
2009 | Robin Schembera (1:45,63) | 1:47,35 |
2010 | keiner | 1:48,10 |
2011 | Sören Ludolph (1:45,04) | 1:47,51 |
Entwicklung des Spitzenniveaus (1.500 m)
Athleten < 3:38,00 min | Schnitt Top 10 | |
2005 | keine | 3:41,79 |
2006 | keine | 3:40,78 |
2007 | Carsten Schlangen (3:36,54), Wolfram Müller (3:37,85) | 3:40,05 |
2008 | Carsten Schlangen (3:34,99), Stefan Eberhardt (3:37,51) | 3:40,02 |
2009 | Stefan Eberhard (3:33,92), Carsten Schlagen (3:34,60) | 3:40,04 |
2010 | Carsten Schlangen (3:34,19), Moritz Waldmann (3:36,97), Christoph Lohse (3:37,60) | 3:39,86 |
2011 | Carsten Schlangen (3:35,74),Stefan Eberhardt (3:36,90) | 3:41,56 |
Entwicklung Jahresbestleistungen (800 m)
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. |
2005 | 1:44,71 (R. Herms) | 1:44,18 (Borzakovskiy/RUS) | 0,53 | 1:43,70 (Bungei/KEN) | 1,01 |
2006 | 1:45,26 (R. Herms) | 1:43,42 (Borzakovskiy/RUS) | 1,84 | 1:43,09 (Mulaudzi/RSA) | 2,17 |
2007 | 1:45,89 (R. Herms) | 1:44,37 (Milkevics/LET) | 1,52 | 1:43,74 (Mulaudzi/RSA) | 2,15 |
2008 | 1:45,66 (R. Schembera) | 1:44,68 (Rimmer/GBR) | 0,98 | 1:42,69 (Kaki/SUD) | 2,97 |
2009 | 1:45,63 (R. Schembera) | 1:43,59 (Som/NED) | 2,04 | 1:42,01 (Rudisha/KEN) | 3,92 |
2010 | 1:46,38 (R. Schembera) | 1:43,89 (Rimmer/GBR) | 2,49 | 1:41,01 (Rudisha/KEN) | 5,37 |
2011 | 1:45,04 (S. Ludolph) | 1:43,30 (Kszczot/POL) | 1,74 | 1:41,33 (Rudisha/KEN) | 3,71 |
Entwicklung Jahresbestleistungen (1.500 m)
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. |
2005 | 3:40,39 (F. Haschke) | 3:30,80 (Baala/FRA) | 9,59 | 3:29,30 (Lagat/USA) | 11,09 |
2006 | 3:38,04 (C. Schlangen) | 3:31,00 Heshko (UKR) | 7,04 | 3:29,02 (Komen/KEN) | 9,02 |
2007 | 3:36,54 (C. Schlangen) | 3:31,01 (Baala/FRA) | 5,53 | 3:30,54 (Webb/USA) | 5,00 |
2008 | 3:34,99 (C. Schlangen) | 3:32,00 (Baala/FRA) | 2,99 | 3:31,49 (Komen/KEN) | 3,50 |