leichtathletik.de-Check - Speerwurf Frauen
Die von internationalen Höhepunkten gespickte Saison 2012 ist Geschichte. Acht Medaillen bei Olympia in London (Großbritannien), einer erfolgreichen EM in Helsinki (Finnland) und einer Hallen-WM in Istanbul (Türkei) als Durchgangsstation sowie anderen Meisterschaften und Meetings standen aber auch Enttäuschungen gegenüber. leichtathletik.de nimmt die einzelnen Disziplinbereiche noch einmal genau unter die Lupe.
2012 IM RÜCKBLICK |
Die deutschen Speerwerferinnen konnten zufrieden aus dem Sommer gehen. Mit jeweils Silber für Christina Obergföll (LG Offenburg) und Bronze für Linda Stahl (TSV Bayer 04 Leverkusen) bei den Europameisterschaften in Helsinki (Finnland) und den Olympischen Spielen in London (Großbritannien) räumten die DLV-Weitenjägerinnen im Edelmetallrennen ganz groß ab.
Christina Obergföll, mit 67,04 Metern Nummer drei in der Welt, konnte mit ihrem Olympiaerfolg die Enttäuschung nach dem vierten Platz bei der WM im Vorjahr ad acta legen und ihre Wettkampfqualitäten in dem Moment großer Nervenanspannung neu beweisen.
Linda Stahl stellte ihrerseits ihr aufwändiges Medizinstudium zugunsten des Olympiasommers hinten an und wurde dafür mit Doppel-Bronze reichlich belohnt. In London überzeugte sie mit ihrer Saisonbestleistung (64,91 m) besonders. Die 27-Jährige war damit wie schon vor zwei Jahren, als sie in Barcelona (Spanien) Europameisterin wurde, auf den Punkt da.
Die weitere Leverkusenerin Katharina Molitor komplettierte mit Platz fünf bei der EM und Platz sechs bei Olympia das wieder einmal besonders bemerkenswerte deutsche Mannschaftsergebnis.
Bei der U20-WM sammelte die U18-Weltmeisterin Christin Hussong weitere internationale Erfahrung. Die 18 Jahre alte Athletin des TV Thaleischweiler wurde in Barcelona (Spanien) Siebte. Charlotte Müller (ASV Erfurt) scheiterte an der Qualifikation, zeigte dann aber bei der Jugend-DM mit einer neuen Bestleistung von 56,49 Metern und dem Titelgewinn ihre Möglichkeiten auf.
UNSERE TOP DREI |
| Christina Obergföll LG Offenburg 31 Jahre SB: 67,04 m PB: 70,20 m (2007) DM: 1. Platz | EM: 2. Platz Olympia: 2. Platz DLV-Jahresbestenliste: 1. Platz Europa-Jahresbestenliste: 2. Platz Welt-Jahresbestenliste: 3. Platz |
| Linda Stahl TSV Bayer 04 Leverkusen 27 Jahre SB: 64,91 m PB: 66,81 m (2010) DM: 2. Platz | EM: 3. Platz Olympia: 3. Platz DLV-Jahresbestenliste: 2. Platz Europa-Jahresbestenliste: 7. Platz Welt-Jahresbestenliste: 10. Platz |
| Katharina Molitor TSV Bayer 04 Leverkusen 29 Jahre SB: 63,20 m PB: 64,67 m (2011) DM: 3. Platz | EM: 5. Platz Olympia: 6. Platz DLV-Jahresbestenliste: 3. Platz Europa-Jahresbestenliste: 8. Platz Welt-Jahresbestenliste: 14. Platz |
DIE HOFFNUNGSTRÄGERIN |
| Christin Hussong TV Thaleischweiler 18 Jahre SB: 55,74 m | PB: 59,74 m (2011) Dem U18-Weltmeistertitel folgte in diesem Jahr ein siebter Platz bei der U20-WM samt neuer Erfahrungen. Für die kommende U20-EM ist Christin Hussong eine Medaillenkandidatin. |
2013 IM AUSBLICK |
Die Erfolge sprechen für die Perspektiven und damit eine deutliche Sprache. Die drei besten deutschen Speerwerferinnen sind auch für die WM in Moskau (Russland) wieder auf vordere Plätze avisiert, wenn nichts dazwischen kommt. Dabei tun sich sogar neue Chancen auf, denn die tschechische Olympiasiegerin Barbora Spotakova hat ihre Babypause schon verkündet.
Für die U23-Europameisterschaft in Tampere (Finnland) stehen mit Titelverteidigerin Sarah Mayer (SC Potsdam), der Saarbrückerin Desiree Schwarz und der Erfurterin Charlotte Müller drei Kandidatinnen parat. Sie können den nächsten Schritt in ihrer Karriere machen. Die Potsdamerin Laura Henkel, Dritte der U20-EM, steht nach überstandener Ellenbogen-Operation wieder im vollen Training und kann ebenfalls die U23-EM ins Visier nehmen.
U18-Weltmeisterin Christin Hussong ist bei der U20-EM in Rieti (Italien) zum Kreis der Medaillenkandidatinnen zu zählen.
DAS SAGT DIE BUNDESTRAINERIN |
Maria Ritschel, wie fällt Ihre Bilanz für das EM- und Olympiajahr 2012 aus?
Maria Ritschel:
Wir sind mit unserem Olympiaergebnis über unseren Erwartungen gelegen, zumal das Jahr von der Leistungsentwicklung her nicht ganz so los ging wie wir uns das vorgestellt hatten. Wir hatten in London mit einer starken Gegnerschaft gerechnet und waren glücklich, dass wir aufs Treppchen gekommen sind. Das Ergebnis bei Olympia war das Optimum. Mehr war nicht drin. Bei der EM waren wir zwar sehr erfolgreich mit zwei Medaillen, aber sicherlich sind nicht alle Träume in Erfüllung gegangen. Eine sehr gute Entwicklung haben wir im U23-Bereich genommen mit fünf Athletinnen, mit denen wir auch im neuen Jahr rechnen können. Das war sehr erfreulich. Nicht ganz so zufrieden sind wir mit der U20-WM. Dort haben wir ein bisschen Lehrgeld gezahlt.
Was oder wer war für Sie das ganz persönliche Highlight der vergangenen Monate?
Maria Ritschel:
Auf alle Fälle Olympia mit den zwei Medaillen. Jeder Trainer arbeitet auf dieses Ereignis hin. Wenn es dann so ausgeht, ist es ein persönliches Highlight. Ich war im Vorfeld sehr angespannt. Unsere Gegner hatten sich zeitig in eine lange Trainingsphase zurückgezogen. Wir hatten in der Vergangenheit schon mehrfach spüren müssen, dass sie das gut beherrschen. Als dann in London der letzte Versuch durch war, herrschte auch bei mir nur Freude pur.
Mit welchen Aufgaben und Zielen gehen Sie in die kommende Saison?
Maria Ritschel:
Wir wollen bei der WM in Moskau schon zeigen, dass wir eine der führenden Speerwurf-Nationen der Welt sind. Man hat aber auch in London gesehen, dass der Speerwurf ein bisschen russisches Roulette sein kann und es doch nicht so einfach ist. Deshalb sehe ich uns gewiss nicht als die dominante Nation. Wir haben starke Gegnerinnen wie Mariya Abakumova oder Vira Rebryk. Wir müssen darauf eingestellt sein, dass noch einige andere in die Fußstapfen von Barbora Spotakova (Anm. Babypause) treten wollen. Bei der U23-EM haben wir einen Titel zu verteidigen. Ob es dafür reicht, weiß ich nicht. Wir haben Athletinnen, die gut vorbereitet an den Start gehen können und Potenzial für vorne haben. Christin Hussong ist für die U20-EM eine Kandidatin, die in den Bereich der Medaillen kommen kann. Das wäre auch das Ziel.
ZAHLEN UND FAKTEN |
67,04 - Obergföll, Christina (LG Offenburg)
64,91 - Stahl, Linda (TSV Bayer Leverkusen)
63,20 - Molitor, Katharina (TSV Bayer Leverkusen)
59,85 - Rittweg, Mareike (LC Jena)
58,42 - Eisenlauer, Esther (SV schlau.com Saar 05)
57,68 - Rosenbauer, Susanne (LG Augsburg)
56,93 - Schwarz, Desirée (SV schlau.com Saar 05)
56,49 - Müller, Charlotte (ASV Erfurt)
56,20 - Mayer, Sarah (SC Potsdam)
55,97 - Krebs, Franziska (SCC Berlin)
Internationale Endkampf-Platzierungen 2012 (Top 8)
Olympia: 2. Platz (C. Obergföll; 65,16), 3. Platz (L. Stahl; 64,91), 6. Platz (K. Molitor; 62,89)
EM: 2. Platz (C. Obergföll; 63,69), 3. Platz (L. Stahl; 63,69), 5. Platz (K. Molitor; 60,99)
U20-WM: 7. Platz (C. Hussong; 53,20 m)
Entwicklung des Spitzenniveaus
Athleten >65,00 m | Schnitt Top 10 | |
2005 | Christina Obergföll (70,03), Steffi Nerius (66,52) | 59,23 |
2006 | Christina Obergföll (66,91), Steffi Nerius (65,82) | 59,83 |
2007 | Christina Obergföll (70,20), Steffi Nerius (65,78) | 60,89 |
2008 | Christina Obergföll (69,81), Steffi Nerius (68,34), Linda Stahl (66,06) | 60,49 |
2009 | Christina Obergföll (68,59), Steffi Nerius (67,30) | 60,83 |
2010 | Christina Obergföll (68,63), Linda Stahl (66,81) | 59,85 |
2011 | Christina Obergföll (69,57) | 59,70 |
2012 | Christina Obergföll (67,04) | 59,67 |
Entwicklung Jahresbestleistungen
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. |
2005 | 70,03 (C. Obergföll) | 70,03 (Obergföll/GER) | 0,00 | 71,70 (Menendez/CUB) | 0,67 |
2006 | 66,91 (C. Obergföll) | 66,91 (Obergföll/GER) | 0,00 | 66,91 (Obergföll/GER) | 0,00 |
2007 | 70,20 (C. Obergföll) | 70,20 (Obergföll/GER) | 0,00 | 70,20 (Obergföll/GER) | 0,00 |
2008 | 69,81 (C. Obergföll) | 72,28 (Spotakova/CZE) | 2,47 | 72,28 (Spotakova/CZE) | 2,47 |
2009 | 68,59 (C. Obergföll) | 68,92 (Abakumova/RUS) | 0,87 | 68,92 (Abakumova/RUS) | 0,87 |
2010 | 68,63 (C. Obergföll) | 68,89 (Abakumova/RUS) | 0,26 | 68,89 (Abakumova/RUS) | 0,26 |
2011 | 69,57 (C. Obergföll) | 71,99 (Abakumova/RUS) | 2,42 | 71,99 (Abakumova/RUS) | 2,42 |
2012 | 67,04 (C. Obergföll) | 69,55 (Spotakova (CZE) | 2,51 | 69,55 (Spotakova (CZE) | 2,51 |
WAS AUFFÄLLT |
- Die deutschen Speerwerferinnen sind im internationalen Geschäft mit je zweimal Silber bei EM und Olympia ganz vorne mit dabei.
- Christina Obergföll ist seit 2005 ununterbrochen die Nummer eins in der deutschen Jahresbestenliste.
- Christina Obergföll bleibt aber wie im Vorjahr die einzige 65-Meter-Werferin.
- Im Zehnerschnitt ist das Niveau weiter recht stabil.
- Eine Leistungsexplosion blieb international aus. Auf einen 70-Meter-Wurf