leichtathletik.de-Check - Speerwurf Männer
Die Saison 2010 mit einer erfolgreichen EM ist Geschichte. Den guten Leistungen in Barcelona (Spanien), bei der Team-EM in Bergen (Norwegen) und der Hallen-WM in Doha (Katar) sowie anderen Meisterschaften und Meetings standen aber auch Enttäuschungen gegenüber. leichtathletik.de nimmt die einzelnen Disziplinbereiche noch einmal genau unter die Lupe.
2010 IM RÜCKBLICK |
Matthias de Zordo (SV schlau.com Saar 05) glänzte mit der EM-Silbermedaille in Barcelona, Tim Wöschler (LAZ Zweibrücken) mit Gold bei der U20-WM in Moncton (Kanada). Doch DLV-Disziplintrainer Boris Henry kippt etwas Wasser in den Wein: „Natürlich wird alles überstrahlt davon, aber man muss einfach sehen, was bei den Erwachsenen dahinter passierte, und das war einfach schwach.“
Sein Ziel war eigentlich, mit drei Athleten nach Barcelona zu fahren, doch das wurde aus Verletzungsgründen nicht erreicht. Die Liste der Verletzten ist sehr lang. Mark Frank (1. LAV Rostock), der WM-Achte von Berlin, hatte relativ früh im Jahr mit Rückenproblemen zu tun, konnte so nicht in das Geschehen eingreifen. „Dabei hatte er sich im März im spanischen Trainingslager so stark präsentiert, dass ich mit 85 Metern im Sommer gerechnet habe“, erinnert sich Boris Henry.
Pech hatte auch Tino Häber (LAZ Leipzig), der im April einen doppelten Bänderriss am Fuß erlitt, erst Mitte des Jahres wieder einstieg und die EM-Norm nicht schaffte. Alexander Vieweg (SV schlau.com Saar 05), der 2009 operiert wurde, hatte 2010 ein Regenerationsjahr.
Stefan Steding (Hannover 96), der 2009 noch 81,28 Meter warf, tauchte nur einmal kurz bei der DMM mit einem 60er-Wurf auf, widmete sich dann aber voll seinem Beruf bei einer Unternehmensberater-Firma. Aufgehört mit dem Speerwurf hat Fabian Heinemann (SC Magdeburg), der an einer komplizierten Schulterverletzung laborierte und sich nun bei den Bobfahrern beworben hat. Franz Burghagen (LG Nike Berlin), vor einiger Zeit durch einen Kreuzbandriss außer Gefecht gesetzt, warf knapp 76 Meter, kämpft immer noch um den Anschluss.
Wenn man diese lange Verletztenliste sieht, dann muss man einfach glücklich sein, dass wenigstens einer durchkam. Und Boris Henry als Heimtrainer von Matthias de Zordo hat einigen Anteil daran. „Positiv war, dass Matthias in diesem Jahr ohne Verletzungen durchkam, die Schulter voll belasten konnte. Da hatte er 2009 noch Probleme, aber wir haben die Schulter im Training stabilisiert, und dann ging es automatisch nach vorn.“
Bei der Team-EM in Bergen (Norwegen) schlug er den Norweger Andreas Thorkildsen, in Schönebeck warf er 84,38 Meter und deutete an, dass das noch nicht das Ende sein musste. „Ziel war, dass er bei der EM unter die besten Acht kommt, denn er war nur als Zwölfter der Europabestenliste angereist.“ Dann aber schaffte er zum Saisonhöhepunkt die Bestweite von 87,81 Metern. Und damit überraschte er auch seinen Trainer. „Mit Silber hatte ich nicht gerechnet. Das war ja immerhin seit 2003 wieder die erste deutsche Speerwurfmedaille“, meint Boris Henry, der damals selbst WM-Bronze in Paris (Frankreich) geholt hatte.
Weniger überraschend kam das WM-Gold für Till Wöschler, das der sich bereits mit dem ersten Wurf von 82,52 Metern sicherte. Der 19-Jährige lag in der Jahresbestenliste schon vorher weit vorn. „Es war abzusehen, das der Speer auch mal über 80 Meter fliegen wird, wenn er ihn richtig trifft“, urteilt Boris Henry, der viel von ihm hält. „Er lebt von seinen technischen Fähigkeiten und wenn er weiter gesund bleibt, können wir noch viel von ihm erwarten. Immerhin hat er jetzt bereits rund vier Meter weiter geworfen als Matthias in diesem Alter.“
Thomas Röhler (TuS Jena) hatte sich etwas überraschend für die U20-WM qualifiziert, wurde mit 69,93 Metern Neunter. Er kam als Quereinsteiger vom Dreisprung, warf in diesem Jahr auf Anhieb 76,37 Meter. Gerechnet hatte man in dieser Altersklasse auch mit Andreas Hofmann (MTG Mannheim), der 2009 77,84 Meter warf, sich aber in die Reihe der vielen Pechvögel einreihte und wegen einer schweren Verletzung pausieren musste.
„Mit Till Wöschler, Thomas Röhler und Andreas Hofmann habe ich nun drei absolute Rohdiamanten, die sich in den nächsten Jahren sehr gut entwickeln können“, schaut der DLV-Trainer optimistisch voraus.
UNSERE TOP DREI |
| Matthias de Zordo SV schlau.com Saar 05 22 Jahre SB: 87,81 m PB: 87,81 m (2010) DM: 1. Platz | EM: 2. Platz DLV-Jahresbestenliste: 1. Platz Europa-Jahresbestenliste: 3. Platz Welt-Jahresbestenliste: 3. Platz |
| Till Wöschler LAZ Zweibrücken 19 Jahre SB: 82,52 m PB: 82,52 m (2010) DM: - | U20-WM: 1. Platz DLV-Jahresbestenliste: 2. Platz Europa-Jahresbestenliste: 18. Platz Welt-Jahresbestenliste: 23. Platz |
| Mark Frank 1. LAV Rostock 33 Jahre SB: 80,46 m PB: 84,88 m (2005) DM: 2. Platz DLV-Jahresbestenliste: 3. Platz Europa-Jahresbestenliste: 26. Platz Welt-Jahresbestenliste: 33. Platz |
DER HOFFNUNGSTRÄGER |
| Thomas Röhler TuS Jena 19 Jahre SB/PB: 76,73 m (2010) Thomas Röhler kommt vom Dreisprung, hat erst in diesem Jahr richtig Speer geworfen, wurde bei der Jugend-DM Zweiter. Er war die Überraschung des Jahres, und ist mit Till Wöschler und Andreas Hofmann der Hoffnungsträger für die Zukunft. |
DER PECHVOGEL |
| Tino Häber LAZ Leipzig 28 Jahre SB: 79,74 m PB: 83,46 m (2009) Nach seinem doppelten Bänderriss im April konnte er erst Mitte des Jahres wieder richtig werfen. Er wurde zwar noch Vierter bei der DM, konnte aber nicht mehr an sein normales Leistungsniveau anknüpfen. |
2011 IM AUSBLICK |
„Ich würde mich freuen, wenn ich mit drei Athleten zur WM in Daegu fahren könnte“, sagt DLV-Disziplintrainer Boris Henry. „Chancen sich zu qualifizieren, haben vor allem Matthias de Zordo, Mark Frank, Tino Häber, Till Wöschler (falls er nicht nur auf die U23-EM setzt), Alexander Vieweg und Lars Hamann, der sich in diesem Jahr wieder gesteigert hat, von 74 Metern auf fast 78 Meter. In dieser Reihenfolge sieht Boris Henry auch das momentane Kräfteverhältnis der Athleten.
Alle drei Nominierten sollen bei der WM erstmal die Qualifikation überstehen. „Ziel wäre es dann, dass mit ein wenig Glück zwei unter die letzten Acht kommen sollen“, so Boris Henry. Matthias de Zordo wird wieder um eine Medaille kämpfen, doch ein Selbstläufer wird das nicht. „Robert Harting hat das richtig ausgedrückt. Für die erste Medaille geht man ohne Druck heran. Aber danach kommt man aus der Rolle der Jägers in die des Gejagten“, meint Boris Henry. „Und meine Aufgabe ist es, ihn auf den Punkt fit zu machen.“
Für die U23-EM Ostrava (Tschechische Republik) gibt es mit Till Wöschler, Lars Hamann, Thomas Röhler, Andreas Hofmann und Franz Burghagen eine ganze Reihe von Kandidaten. Till Wöschler hat dann vielleicht die Wahl, dort zu starten und außerdem, wenn er sich bei den Erwachsenen durchsetzt, auch die WM zu bestreiten. Doch das ist eher ein Luxusproblem. Gleich, wer sich durchsetzt, „sie haben gute Chancen, um die Medaillen mitzuwerfen“, ist der DLV-Trainer optimistisch.
Für die U20-EM in Tallinn (Estland) bieten sich vor allem Toni Roeder (TuS Jena) und Florian Janischek (VfB LC Friedrichshafen) an.
ZAHLEN UND FAKTEN |
87,81 - Matthias de Zordo (SV Schlau.com Saar 05)
82,52 - Till Wöschler (LAZ Zweibrücken)
80,46 - Mark Frank (1. LAV Rostock)
79,74 - Tino Häber (LAZ Leipzig)
77,47 - Peter Esenwein (LAZ Salam. Kornwestheim/Ludwigsburg)
77,24 - Lars Hamann (Dresdner SC 1898)
76,98 - Björn Lange (SC Magdeburg)
76,37 - Thomas Röhler (TuS Jena)
75,91 - Franz Burghagen (LG Nike Berlin)
75,75 - Manuel Nau (SCC Berlin)
Internationale Endkampf-Platzierungen (Top 8)
EM: 1. Platz (Mathias de Zordo; 87,81)
U20-WM: 1. Platz (Till Wöschler; 82,52)
Olympische Jugendspiele: keine
Entwicklung des Spitzenniveaus
Athleten > 82,00 m | Schnitt Top 10 | |
2005 | Mark Frank (84,88), Christian Nikolay (83,20), Stefan Wenk (83,07) | 79,71 |
2006 | Peter Esenwein (85,30), Stefan Wenk (83,94), Christian Nicolay (83,72) | 79,48 |
2007 | Peter Esenwein (82,78), Stephan Steding (82,46), Mark Frank (82,23) | 80,05 |
2008 | Stephan Steding (83,50), Alexander Vieweg (83,27), Peter Esenwein (82,72), Matthias de Zordo (82,51) | 79,90 |
2009 | Mark Frank (83,86), Tino Häber (83,46) | 79,67 |
2010 | Matthias de Zordo (87,81), Till Wöschler (82,52) | 79,02 |
Entwicklung Jahresbestleistungen
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. |
2005 | 84,88 (Frank) | 91,53 (Pitkämäki/FIN) | 6,65 | 91,53 (Pitkämäki/FIN) | 6,65 |
2006 | 85,30 (Esenwein) | 91,59 (Thorkildsen/NOR) | 6,29 | 91,59 (Thorkildsen/NOR) | 6,29 |
2007 | 82,78 (Esenwein) | 91,23 (Pitkämäki/FIN) | 8,45 | 91,29 (Greer/USA) | 8,51 |
2008 | 83,50 (Steding) | 90,57 (Thorkildsen/NOR) | 7,07 | 90,57 (Thorkildsen/NOR) | 7,07 |
2009 | 83,86 (Frank) | 91,28 (Thorkildsen/NOR) | 7,42 | 91,28 (Thorkildsen/NOR) | 7,42 |
2010 | 87,81 (M. de Zordo) | 90,37 (Thorkildsen/NOR) | 2,56 | 90,37 (Thorkildsen/NOR) | 2,56 |
WAS AUFFÄLLT |
- Lange war der Abstand des Spitzenmannes zur Weltspitze nicht mehr so klein wie diesmal, dank eines Matthias de Zordo.
- Die deutsche Jahresbestleistung stieg in den letzten vier Jahren wieder an.
- Der deutsche Schnitt Top 10 liegt aber unter dem aller letzten fünf Jahre.
- Das absolute internationale Spitzenniveau ist in diesem Jahr geringer gewesen als im Vorjahr. Allerdings warfen wesentlich mehr Athleten im Bereich zwischen 84 und 86 Meter.
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