leichtathletik.de-Check - Sprint Männer
Die Saison 2010 mit einer erfolgreichen EM in Barcelona ist Geschichte. Den guten Leistungen in Barcelona, bei der Team-EM in Bergen (Norwegen) und der Hallen-WM in Doha (Katar) sowie anderen Meisterschaften und Meetings standen aber auch Enttäuschungen gegenüber. leichtathletik.de nimmt die einzelnen Disziplinbereiche noch einmal genau unter die Lupe.
2010 IM RÜCKBLICK |
Highlight des Jahres 2010 im Männer-Sprintbereich war definitiv die Staffel-Bronzemedaille bei den Europameisterschaften in Barcelona. „Wir sind als Vorlaufschnellste in das Finale eingezogen und hatten insgeheim schon ein bisschen damit geliebäugelt, die Italiener und vielleicht auch Franzosen zu schlagen“, verrät Ronald Stein, der die deutschen Sprinter 2010 gemeinsam mit Klaus Jakobs betreute und im kommenden Jahr allein für sie als Bundestrainer verantwortlich sein wird. „Daher waren die Jungs im ersten Moment vielleicht etwas enttäuscht, als es ‚nur‘ Bronze war.“
Nach dem Vorlauf-Aus der britischen Staffel sei man in den Wechseln nicht volles Risiko gegangen, um den Medaillengewinn nicht aufs Spiel zu setzen. „Im Nachhinein muss man auch offen und ehrlich sagen, dass es extrem schwierig gewesen wäre, 38,11 oder 38,17 Sekunden, die für Gold und Silber gelaufen wurden, zu erzielen.“ Mit etwas Abstand sind daher sowohl Sprinter als auch Trainer mit dem Ergebnis zufrieden.
Gemischt waren die EM-Leistungen der deutschen Sprinter in den Einzelrennen, wo Tobias Unger (LG Stadtwerke München), Christian Blum (LAC Erdgas Chemnitz) und Alexander Kosenkow über 100 Meter und Sebastian Ernst (beide TV Wattenscheid 01) über 200 Meter im Halbfinale ausschieden und Daniel Schnelting (LAZ Rhede) über 200 Meter nach dem Vorlauf seine Sachen packen musste. „Die Leistungen von Alexander Kosenkow und Tobias Unger im Vorlauf waren bei den Bedingungen gut, Christian Blum war selbst nicht zufrieden“, sagt Ronald Stein. Während Sebastian Ernst noch im Vorlauf ein gutes Ergebnis zeigte, blieben sowohl er im Zwischenlauf als auch Daniel Schnelting im Vorlauf hinter ihren Möglichkeiten.
Im Rahmen der Team-EM in Bergen (Norwegen) zeigte Sebastian Ernst als Dritter in 20,77 Sekunden über 200 Meter bei nicht einfachen Bedingungen ein gutes Resultat. Martin Keller (LAC Erdgas Chemnitz) wurde „unglücklich disqualifiziert“, sagt Ronald Stein. Die Reaktionszeit belegte keinen Fehlstart, der Starter habe aber eine Bewegung vor dem Start erkannt. „Unsere Staffel wollte Punkte sichern und ist kein Risiko eingegangen“, bewertet er den dritten Rang als solides Resultat.
Im Nachwuchsbereich überzeugten mit dem Mannheimer Patrick Domogala als 200-Meter-Dritter (21,36 sec) bei den Olympischen Jugendspielen in Singapur und dem Wattenscheider Robin Erewa als 200-Meter-Fünfter (21,09 sec) bei der U20-WM in Moncton (Kanada) vor allem zwei Sprinter. Robin Erewa wurde zudem gemeinsam mit Roy Schmidt (TuS Jena), Felix Gehne (SC Magdeburg) und Florian Hübner (TSV Bayer 04 Leverkusen) Fünfter über 4x100 Meter. „Das sind tolle Leistungen. Wir hoffen die jungen Athleten gehen ihren Weg weiter.“
Keine deutschen Sprinter waren bei der Hallen-WM vertreten. „Hätten junge Sprinter die Norm erfüllt, wäre es für sie eine gute Chance gewesen, internationale Wettkampfluft zu schnuppern“, sagt Ronald Stein. „Für erfahrene Athleten wie Tobias Unger wird ein Start in der Halle meist nur interessant, wenn eine eindeutige Finalchance besteht.“
UNSERE TOP DREI |
| Alexander Kosenkow TV Wattenscheid 01 33 Jahre SB: 10,26 sec PB: 10,14 sec (2003) DM: 1. Platz 100m | EM: 5. Platz Halbfinale 100m DLV-Jahresbestenliste: 2. Platz 100m, 4. Platz 200m Europa-Jahresbestenliste: 26. Platz 100m Welt-Jahresbestenliste: 99. Platz 100m |
| Tobias Unger LG Stadtwerke München 31 Jahre SB: 10,14 sec PB: 10,14 sec (2010) DM: 4. Platz 100m | EM: 7. Platz Halbfinale 100m DLV-Jahresbestenliste: 1. Platz 100m Europa-Jahresbestenliste: 5. Platz 100m Welt-Jahresbestenliste: 38. Platz 100m |
| Sebastian Ernst TV Wattenscheid 01 26 Jahre SB: 20,38 sec PB: 20,36 sec (2004) DM: 2. Platz 200m | EM: 8. Platz Halbfinale 200m DLV-Jahresbestenliste: 1. Platz 200m Europa-Jahresbestenliste: 5. Platz 200m Welt-Jahresbestenliste: 22. Platz 200m |
UNSER HOFFNUNGSTRÄGER |
| Robin Erewa TV Wattenscheid 01 19 Jahre SB: 10,63/21,08sec PB: 10,63/21,08sec (2010) Zwei fünften Plätzen über 200 und 4x100 Meter bei der U20-WM ließ der sympathische Nachwuchssprinter Doppelgold bei der Jugend-DM über 100 und 200 Meter folgen. |
DER PECHVOGEL |
| Ronny Ostwald TV Wattenscheid 01 36 Jahre SB: - PB: 10,22 sec (2004) Bereits im letzten Jahr musste er verletzt auf die Heim-WM verzichten - 2010 sollte sein Abschiedsjahr werden. Ein Achillessehnenriss im November 2009 beendete seine Karriere ohne versöhnlichen Abschluss. |
2011 IM AUSBLICK |
„Insgesamt war in diesem Jahr zu erkennen, dass sich das Niveau im Männersprint nicht nur weltweit, sondern auch in Europa immer weiter verbessert“, konstatiert Ronald Stein. „Unsere Aufgabe wird es im kommenden Jahr vor allem sein, dass deutsche Sprinter nicht nur vereinzelt gute Zeiten sprinten, sondern sich auf einem insgesamt höheren Niveau stabilisieren.“ Der Bundestrainer peilt dabei Zeiten im 10,20er-Bereich über 100 und 20,50er-Bereich über 200 Meter an. Dann rückt auch ein anderes Ziel näher: „Wir wollen den deutschen Staffelrekord, der bei 38,29 Sekunden steht, brechen“, sagt Ronald Stein.
Ob und von wem die Hallen-EM in Paris in Angriff genommen wird, wird sich noch zeigen. „Jungen Athleten bieten solche Meisterschaften immer die Möglichkeit, internationale Erfahrungen zu sammeln“, sagt Ronald Stein, der davon ausgeht, dass die Norm bei 6,66 Sekunden liegen wird. „Ich denke, wir werden drei Athleten in Paris an den Start schicken. Ob zu denen auch erfahrene Sprinter gehören, wird von den Vorleistungen während der Saison abhängen und ob diese eine sehr gute Platzierung als wahrscheinlich erscheinen lassen.“
Generell wird die Konzentration aber erneut auf der Sommersaison mit den Weltmeisterschaften in Daegu (Südkorea) liegen. „Dort wollen wir mit der Staffel wieder das Finale erreichen“, gibt der Trainer vor. „Wir hoffen aber auch auf einige Einzelstarter. Denn nur über gute Einzelleistungen können wir auch mit der Staffel erfolgreich sein“, weiß er. Ziel im U23-Bereich wird es sein, die jüngeren Sprinter „weiter an das Top-Niveau heranzuführen“, sagt Ronald Stein. „Denn meist setzen sich zurzeit doch noch die erfahrenen Sprinter um Tobias Unger und Alexander Kosenkow durch, die aber in absehbarer Zeit ihre Karrieren beenden werden. Hier müssen wir für einen nahtlosen Übergang sorgen.“
Wieder fit ist der Jenaer Robert Hering, der nach einer herausragenden Saison 2009 zu Beginn des Jahres 2010 eine Zerrung hatte und danach nur schwer in Tritt kam. „Nach solch einem anstrengenden Jahr 2009 muss man jungen Sprintern so etwas zugestehen“, sagt Ronald Stein. Viel verspricht man sich auch von einer verstärkten Kooperation mit dem britischen Verband, mit dem man sich vor allem im Hinblick auf Staffel-Know-How austauschen will. Beide Nationen wollen beim Meeting in Regensburg und bei der Diamond League-Veranstaltung in London gegeneinander antreten.
Im Nachwuchsbereich hat man vor allem in der Klasse U23 mit Robert Hering, Felix Göltl (TuS Kriftel), Roy Schmidt, Robin Erewa und anderen eine schlagkräftige Gruppe von Sprintern. Bei U20-Europameisterschaften war Deutschland zuletzt stets erfolgreich. „Dort den Anschluss zu halten, ist natürlich eine schwierige Aufgabe, die wir aber angehen.“
ZAHLEN UND FAKTEN |
Die Jahresbesten
100m:
10,14 - Tobias Unger (LG Stadtwerke München)
10,26 - Alexander Kosenkow (TV Wattenscheid 01)
10,26 - Marius Broening (LG Stadtwerke München)
10,27 - Christian Blum (LAC Erdgas Chemnitz)
10,30 - Stefan Schwab (TSV Schwarzenbek)
10,32 - Felix Göltl (TuS Kriftel)
10,34 - Martin Keller (LAC Erdgas Chemnitz)
10,34 - Sebastian Ernst (TV Wattenscheid 01)
10,36 - Alex Schaf (LG Sigmaringen)
10,40 - Robert Hering (TuS Jena)
200m:
20,38 - Sebastian Ernst (TV Wattenscheid 01)
20,61 - Daniel Schnelting (LAZ Rhede)
20,69 - Till Helmke (LG ovag Friedberg-Fauerbach)
20,82 - Alexander Kosenkow (TV Wattenscheid 01)
20,83 - Nils Müller (LG OVAG Friedberg-Fauerbach)
20,83 - Felix Göltl (TuS Kriftel)
20,86 - Robert Hering (TuS Jena)
20,98 - Sven Knipphals (VfL Wolfsburg)
21,05 - Christian Rasp (LG Karlstadt/Gambach/Lohr)
21,06 - David Gollnow (TSV Erding)
Internationale Endkampf-Platzierungen 2009
EM: 3. Platz (Staffel; 38,44 sec)
U20-WM: 5. Platz (Robin Erewa; 200m/21,09sec), 5. Platz (Staffel; 39,97sec)
Olympische Jugendspiele: 3. Platz (Patrick Domogala; 200m/21,36sec)
Hallen-WM: keine
Entwicklung des Spitzenniveaus 100m
Athleten < 10,25 sec | Schnitt Top 10 | |
2005 | Tobias Unger (10,16) | 10,35 |
2006 | Ronny Ostwald (10,24) | 10,37 |
2007 | keine | 10,37 |
2008 | Tobias Unger (10,17), Martin Keller (10,23) | 10,31 |
2009 | Tobias Unger (10,18), Stefan Schwab (10,19), Marius Broening (10,24) | 10,29 |
2010 | Tobias Unger (10,14) | 10,30 |
Entwicklung des Spitzenniveaus 200m
Athleten < 20,55 sec | Schnitt Top 10 | |
2005 | Tobias Unger (20,20), Sebastian Ernst (20,45) | 20,79 |
2006 | keine | 20,90 |
2007 | Till Helmke (20,37), Tobias Unger (20,48) | 20,71 |
2008 | Daniel Schnelting (20,53) | 20,75 |
2009 | Robert Hering (20,41), Alexander Kosenkow (20,43), Aleixo Platini Menga (20,52) | 20,78 |
2010 | Sebastian Ernst (20,38) | 20,81 |
Entwicklung Jahresbestleistungen100m
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. |
2005 | 10,16 (T. Unger) | 9,99 (Pognon/FRA) | 0,17 | 9,77 (Powell/JAM) | 0,39 |
2006 | 10,24 (R. Ostwald) | 9,99 (Obikwelu/POR) | 0,25 | 9,77 (Powell/JAM) | 0,47 |
2007 | 10,26 (C. Blum) | 10,06 (Obikwelu/POR) | 0,20 | 9,74 (Powell/JAM) | 0,52 |
2008 | 10,17 (T. Unger) | 10,00 (Chambers/GBR) | 0,17 |