leichtathletik.de-Check - Stabhochsprung Frauen
Die Saison 2011 mit einer erfolgreichen WM in Daegu (Südkorea) ist Geschichte. Guten WM-Leistungen sowie Erfolgen bei der Team-EM in Stockholm (Schweden) und der Hallen-EM in Paris (Frankreich) sowie anderen Meisterschaften und Meetings standen aber auch Enttäuschungen gegenüber. leichtathletik.de nimmt die einzelnen Disziplinbereiche noch einmal genau unter die Lupe.

2011 IM RÜCKBLICK |
Man hätte vergangenen Winter gutes Geld verdienen können mit der Wette, Vize-Weltmeisterin im Stabhochsprung werde eine Deutsche. Hätte man ergänzt, Martina Strutz (ESV Hagenow) holt die genannte Silbermedaille, wäre ein kleines Vermögen drin gewesen.
Die 1,60 Meter große Schwerinerin hat den Ausdruck Comeback mit neuem Leben erfüllt. Ihre bis dato größten Triumphe, Deutsche Hallenmeisterin und Platz fünf bei der EM in Göteborg (Schweden), datierten von 2006. Große Meisterschaften fanden fortan ohne sie statt.
Vor einem Jahr der Tiefpunkt: Nur 4,30 Meter. Als sie niemand mehr auf der Rechnung hatte, meldete sich Martina Strutz vergangenen Winter überraschend mit 4,55 Metern und Platz drei bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften zurück. Das Ticket zur Hallen-EM in Paris (Frankreich) verpasste sie im starken deutschen Team nur knapp.
Den Aufwärtstrend vernahm auch DLV-Disziplintrainer Andrei Tivontchik: „Aber dass sie bei der WM um eine Medaille springen würde, hat keiner gedacht.“ Zehn Kilo Gewicht hatte sie abgenommen, reichlich Muskeln antrainiert und sich mit Thomas Schuldt einen neuen Coach an die Seite geholt - einen Wurftrainer. Der arbeitete sich ins Thema Stabhochsprung ein, passte das Training an den neuen Lebensstil seines Schützlings an und verlieh der Mecklenburgerin neues Selbstvertrauen.
„Ständig abzunehmen und dann ständig die hohen Belastungen auszuhalten, ist nicht einfach“, weiß auch Andrei Tivontchik. Im Sommer legte Martina Strutz überraschend den Höhenflug ihrer Karriere hin: Mit 4,78 Metern knackte sie den deutschen Rekord der Erfurterin Annika Becker, wurde Deutsche Meisterin und flog als Medaillenhoffnung zur WM. In Daegu (Südkorea) schließlich die Krönung: Vize-Weltmeisterin und mit 4,80 Metern erneut deutscher Rekord.
Das Traum-Comeback der Norddeutschen überschattete ein wenig die starke Saison von Silke Spiegelburg (TSV Bayer 04 Leverkusen). Ihre gute Wintervorbereitung bewies die Leverkusenerin mit starken Meetingresultaten, dem deutschen Hallenrekord in Karlsruhe (4,76 m) und Silber bei der Hallen-EM.
Eine Erkältung verhinderte jedoch zwischendurch ihren Start bei der Hallen-DM. Abbrechen musste sie kurz darauf auch ihr Frühjahrstrainingslager wegen eines Infekts. Dennoch zeigte die 25-Jährige im Sommer erneut ihre Klasse. Sie triumphierte in der Gesamtwertung der Diamond League und wurde Deutsche Vize-Meisterin.
Einige Male überwand Silke Spiegelburg Höhen jenseits der 4,70 Meter und steigerte ihre Bestleistung auf 4,75 Meter. Zur Enttäuschung geriet lediglich ihr WM-Auftritt, bei dem zu weiche Stäbe nur Platz neun zuließen. „Es hat alles gepasst, sie hatte nur Pech mit dem Material“, resümiert Andrei Tivontchik.
Ein positives Fazit kann auch Kristina Gadschiew (LAZ Zweibrücken) ziehen. Die dritte WM-Starterin des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) überzeugte unterm Hallendach mit neuer Bestleistung (4,65 m), Silber bei der Deutschen Hallen-Meisterschaft und Bronze bei der Hallen-EM.
Unter freiem Himmel haderte sie anfangs mit ungünstigen Wetterverhältnissen. Mit Bronze bei den Deutschen Meisterschaften und Platz zehn in Daegu legte sie dennoch eine gelungene Saison hin. Das Gleiche gilt letzten Endes auch noch für Carolin Hingst (USC Mainz), die mit 4,65 Metern das drittbeste DLV-Freiluftergebnis vorzuweisen hat.
Lisa Ryzih (ABC Ludwigshafen) wurde sehr früh von einer Verletzung gestoppt. Bereits beim ersten Freiluft-Meeting in Regensburg erlitt sie eine Zerrung im Beugermuskel. Die Blessur behinderte das Training den gesamten Sommer über. Zugunsten der Olympiavorbereitung brach sie die Saison vorzeitig ab. Dabei hatten ihr erster nationaler Hallentitel und Platz sieben in Paris auf einiges hoffen lassen.
Im Nachwuchsbereich zeigte Annika Roloff (MTV 49 Holzminden) mehrfach beachtenswerte Sprünge über 4,40 Meter, zudem holte die 20-Jährige mit gleicher Höhe Bronze bei der U23-EM in Ostrava (Tschechische Republik). Medaillen auf internationaler Bühne eroberten auch Lilli Schnitzerling (LG Lippe-Süd), die Silber bei der U20-WM gewann, sowie ihre Vereinskollegin Desiree Singh, die sogar U18-Weltmeisterin wurde. Die erst 17 Jahre alte Überfliegerin konnte im Sommer ihre Bestmarke auf 4,32 Meter schrauben und damit eine neue deutsche B-Jugendleistung aufstellen.
UNSERE TOP DREI |
| Martina Strutz ESV Hagenow 30 Jahre SB: 4,80 m (DR) PB: 4,80 m (2011) DM: 1. Platz | WM: 2. Platz DLV-Jahresbestenliste: 1. Platz Europa-Bestenliste: 1. Platz Welt-Jahresbestenliste: 3. Platz |
| Silke Spiegelburg TSV Bayer 04 Leverkusen 25 Jahre SB: 4,71 m PB: 4,71 m (2010) DM: 2. Platz | WM: 9. Platz | Hallen-EM: 2. Platz DLV-Jahresbestenliste: 2. Platz Europa-Bestenliste: 4. Platz Welt-Jahresbestenliste: 6. Platz |
| Kristina Gadschiew LAZ Zweibrücken 27 Jahre SB: 4,60 m PB: 4,60 m (2010) DM: 3. Platz | WM: 10. Platz | Hallen-EM: 3. Platz DLV-Jahresbestenliste: 4. Platz Europa-Bestenliste: 13. Platz Welt-Jahresbestenliste: 19. Platz |
DIE HOFFNUNGSTRÄGERIN |
| Desiree Singh LG Lippe-Süd 17 Jahre SB: 4,32 m PB: 4,32 m (2011) Erst wurde Desiree Singh in Lille trotz Rückenproblemen U18-Weltmeisterin mit 4,25 Metern. Dann krönte die 17-Jährige in Jena ihre grandiose Saison: Sie siegte bei der Jugend-DM mit der Rekordhöhe von 4,32 Metern. Damit verbesserte sie die 13 Jahre alte deutsche B-Jugendbestleistung der Würzburgerin Monika Götz um einen Zentimeter. 2012 will Desiree Singh die 4,40 Meter in Angriff nehmen. |
DER PECHVOGEL |
| Lisa Ryzih ABC Ludwigshafen 23 Jahre SB: - PB: 4,65 m (2010) Licht im Winter folgte nur Schatten im Sommer: Beim Meeting in Regensburg zerrte sich die 23-Jährige den Beugermuskel. Auch beim zweiten Sommer-Auftritt, der DM in Kassel, blieb sie ohne gültigen Versuch und musste das Jahr vorzeitig abhaken. |
2012 IM AUSBLICK |
Mit Martina Strutz und Silke Spiegelburg geht der DLV mit gleich zwei Springerinnen der absoluten Weltspitze ins Olympiajahr. Beide können bei der EM und den Olympischen Spielen um Medaillen kämpfen, meint auch der DLV-Disziplintrainer: „Sie sind nicht schwächer als die Konkurrenz im Ausland.“
Im Fall von drei nominierten Springerinnen sollen alle in die Finals von Helsinki (Finnland) und London (Großbritannien) einziehen, lautet das Ziel. „Diese drei werden dann auch die Chance auf eine Medaille haben“, ist Andrei Tivontchik überzeugt. Welch große Rolle am Ende das Glück und der passende Stab spielen, habe man bei Silke Spiegelburg in Daegu gesehen.
So lange Martina Strutz weiter verletzungsfrei trainieren kann, wird ihr Erfolg aus Sicht von Andrei Tivontchik keine Eintagsfliege bleiben. „Ich hoffe, dass sie nächstes Jahr diese Leistung bestätigen kann.“ Es wird interessant werden, ob die 30-Jährige 2012 ihren „zweiten Frühling“ fortsetzen kann.
Konkurrentin Silke Spiegelburg hat bereits bei ihrem Abschlussmeeting, dem Berliner ISTAF, angedeutet, dass sie den neuen deutschen Rekord angreifen möchte. „Wenn sie wieder die Form von Daegu erreicht, kann sie sich noch enorm steigern“, sagt der DLV-Coach. Viel wird davon abhängen, wie die Leverkusenerin mit den härteren Stäben zurechtkommt, die sie seit dem Herbst testet.
Der verantwortliche Trainer hält das Rennen um die drei Olympiatickets bewusst offen. „Jedes Jahr fängt von vorne an. Noch hat keiner das Ticket“, betont er. Für die Norm von 4,55 Metern kommen einige DLV-Springerinnen infrage. Neben Martina Strutz und Silke Spiegelburg sind erneut Kristina Gadschiew, Carolin Hingst und Lisa Ryzih heiße Kandidatinnen. Anna Battke (USC Mainz) und Julia Hütter (LG Eintracht Frankfurt) hat der DLV-Disziplintrainer ebenfalls auf dem Zettel.
Neben der 20-Jährigen Annika Roloff hoffen auch die Schwestern Denise (VfL Sindelfingen) und Victoria von Eynatten (LG Leinfelden-Echterdingen) sowie Lilli Schnitzerling, den Sprung ins Frauen-Team zu schaffen.
Für ihr Alter außergewöhnlich weit ist schon jetzt Desiree Singh. Die 17-Jährige hat mit 4,32 Metern bereits Platz acht der deutschen Rangliste erobert. „Bei solchen jungen Athleten muss man vorsichtig sein, wie sie sich entwickeln“, sagt Andrei Tivontchik. „Aber sie haben alle das Talent, Weltspitze zu werden.“
ZAHLEN UND FAKTEN |
4,80 m - Martina Strutz (Hagenower SV)
4,75 m - Silke Spiegelburg (TSV Bayer 04 Leverkusen)
4,65 m - Carolin Hingst (USC Mainz)
4,60 m - Kristina Gadschiew (LAZ Zweibrücken)
4,50 m - Anna Battke (USC Mainz)
4,50 m - Julia Hütter (LAZ Bruchköbel)
4,40 m - Annika Roloff (MTV 49 Holzminden)
4,32 m - Desiree Singh (LG Lippe-Süd)
4,30 m - Denise von Eynatten (VFL Sindelfingen)
4,30 m - Victoria von Eynatten ( LG Leinfeld-Echterdingen)
Internationale Endkampf-Platzierungen (Top 8)
WM: 2. Platz Martina Strutz (4,80 m)
U23-EM: 3. Platz Annika Roloff (4,40 m)
U20-EM: 2. Platz Lilli Schnitzerling (4,20 m); 6. Platz Anjuli Knäsche (4,10 m)
U18-WM: 1. Platz Desiree Singh (4,25 m)
Hallen-EM: 2. Platz Silke Spiegelburg (4,75 m); 3. Platz Kristina Gadschiew (4,65 m); 7. Platz Lisa Ryzih (4,50 m)
Entwicklung des Spitzenniveaus
Athleten > 4,55 m | Schnitt Top 10 | |
2005 | keine | 4,33 |
2006 | Anastasija Ryzih (4,63 m), Yvonne Buschbaum (4,62 m), Silke Spiegelburg (4,56 m) | 4,48 |
2007 | Carolin Hingst (4,65 m), Silke Spiegelburg (4,60 m), Julia Hütter (4,57 m), Anna Battke (4,56 m) | 4,49 |
2008 | Silke Spiegelburg (4,70 m), Carolin Hingst (4,65 m) | 4,48 |
2009 | Silke Spiegelburg (4,70 m), Anna Battke (4,68 m), Kristina Gadschiew (4,58 m) | 4,46 |
2010 | Carolin Hingst (4,72 m), Silke Spiegelburg (4,71 m), Lisa Ryzih (4,65 m), Anna Battke (4,60 m), Kristina Gadschiew (4,60 m) | 4,51 |
2011 | Martina Strutz (4,80 m), Silke Spiegelburg (4,75 m), Carolin Hingst (4,65 m), Kristina Gadschiew (4,60 m) | 4,51 |
Entwicklung Jahresbestleistungen
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. |
2005 | 4,50 (C. Hingst) | 5,01 (Isinbayeva/RUS) | 0,51 | 5,01 (Isinbayeva/RUS) | 0,51 |
2006 | 4,63 (A. Ryzih) | 4,91 (Isinbayeva/RUS) | 0,28 | 4,91 (Isinbayeva/RUS) | 0,28 |
2007 | 4,65 (C. Hingst) | 4,91 (Isinbayeva/RUS) | 0,26 | 4,91 (Isinbayeva/RUS) | 0,26 |
2008 | 4,70 (S. Spiegelburg) | 5,05 (Isinbayeva/RUS) | 0,35 | 5,05 (Isinbayeva/RUS) | 0,35 |
2009 | 4,70 (S. Spiegelburg) | 5,06 (Isinbayeva/RUS) | 0,36 | 5,06 (Isinbayeva/RUS) | 0,36 |
2010 | 4,72 (C. Hingst) | 4,75 (Feofanova/RUS) | 0,05 | 4,89 (Suhr/USA) | 0,17 |
2011 | 4,80 (M. Strutz) | 4,80 (M. Strutz) | 0,00 | 4,91 (Suhr/USA) | 0,11 |
WAS AUFFÄLLT |
- Der Zehner-Schnitt der deutschen Springerinnen konnte bestätigt werden und liegt zum zweiten Mal hintereinander über 4,50 Meter.
- Dieses Jahr war der 2002 von Annika Becker aufgestellte deutsche Rekord (4,77 m) fällig: Überraschend trug sich Martina Strutz in die Geschichtsbücher ein, und konnte den Rekord im Sommer sogar gleich zwei Mal knacken.
- Erstmals springen zwei DLV-Athletinnen über 4,75 Meter oder mehr.
- Der deutsche Nachwuchs macht weiter Druck auf die Etablierten: drei Springerinnen der Plätze sechs bis zehn der deutschen Top 10 sind erst 20 Jahre und jünger
- Mit Martina Strutz konnte eine Deutsche die Jahresbestleistung in Europa aufstellen. Zugleich ist der Abstand zur Weltspitze so gering wie seit Jahren nicht mehr.
Lisa Ryzih hat Meisterschaftsrekord im EM-Gepäck
Silke Spiegelburg springt deutschen Hallenrekord
Lilli Schnitzerling mit starken Nerven
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