leichtathletik.de-Check - Weitsprung Frauen
Die Saison 2010 mit einer erfolgreichen EM ist Geschichte. Den guten Leistungen in Barcelona (Spanien), bei der Team-EM in Bergen (Norwegen) und der Hallen-WM in Doha (Katar) sowie anderen Meisterschaften und Meetings standen aber auch Enttäuschungen gegenüber. leichtathletik.de nimmt die einzelnen Disziplinbereiche noch einmal genau unter die Lupe.
2010 IM RÜCKBLICK |
Die Bilanz bei den deutschen Weitspringerinnen fällt gemischt aus. Mit Sosthene Taroum Moguenara (TV Wattenscheid 01) und Bianca Kappler (LC Rehlingen) waren gleich zwei Athletinnen bei der Hallen-WM in Doha (Katar) vertreten und wurden in der Qualifikation Elfte und Zwölfte. „Sonst gelingt das nur den USA und Russland, gleich zwei Athletinnen unter den besten Zwölf zu haben“, erklärt Weitsprung-Bundestrainer Ulrich Knapp.
Und auch zur Europameisterschaft nach Barcelona (Spanien) durften mit Bianca Kappler und Nadja Käther (Hamburger SV) zwei Athletinnen anreisen. Doch auch hier scheiterten beide bereits in der Qualifikation. Mit 6,61 Metern fehlte Nadja Käther bei dem zweitbesten Wettkampf in ihrer Karriere nur ein Zentimeter zum Erreichen des Finals. „Nadja ist eine der Athletinnen, die sich in diesem Jahr sehr zum Positiven entwickelt hat“, stellt Ulrich Knapp fest. Die 24-Jährige freute sich am Ende der Saison über eine neue Bestleistung von 6,66 Metern, den zweiten Platz bei den Deutschen Meisterschaften und den Titel bei den Deutschen Junioren-Meisterschaften.
Die 33-jährige Bianca Kappler konnte sich in diesem Jahr mit 6,70 Metern wieder an die deutsche Spitze setzen und wurde Deutsche Meisterin. „Bianca war in Barcelona in einer exzellenten Form, das sieht man daran, dass sie ohne Balken 6,50 Meter gesprungen ist. Sie hätte Platz vier bis Platz acht schaffen können. Leider war die Betreuungssituation vor Ort sehr schwierig und das Brett für uns Trainer schwer einsehbar“, erklärt Ulrich Knapp das Abschneiden der Athleten, die nach 6,50 Metern als 18. ihre Sachen packen musste.
Für das Topergebnis des Jahres sorgte jedoch eine erst 17-Jährige. Lena Malkus (LG Ratio Münster) gewann bei den Olympischen Jugendspielen in Singapur den Weitsprung. Nach 6,40 Metern konnte sie sich über ihre erste olympische Goldmedaille freuen. Mit ihrer Bestleistung von 6,44 Metern hätte die Münsteranerin auch bei der U20-WM in Moncton (Kanada) gewonnen. „Da hatten wir natürlich neben dem lachenden Auge auch ein weinendes Auge, denn beide Meisterschaften durften die Athleten nicht in Angriff nehmen“, erklärt Ulrich Knapp.
Insgesamt freut sich der Bundestrainer über einen nur wenig schlechteren 10er-Schnitt als 2009. „Im letzten Jahr hatten wir in Wesel extrem gute Bedingungen und die meisten Saisonbestleistungen wurden dort erzielt. In diesem Jahr hatten wir auf fast jedem Wettkampf ungünstigen Wind.“
Für Sosthene Taroum Moguenara begann das Jahr in der Halle gleich vielversprechend. Mit starken 6,75 Metern konnte die Wattenscheiderin ihren Titel aus dem letzten Jahr verteidigen und die Reise zur Hallen-WM antreten. „Draußen hat Sosthene ihr Niveau gut gehalten. Leider hat sie die Norm nur einmal erfüllt, und die Richtlinien waren sehr streng. Nach der Hallensaison hatte sie außerdem mit Rückenproblemen zu kämpfen“, so der Bundestrainer.
Die Jahresbeste aus 2009, Melanie Bauschke (LG Nike Berlin), kam mit Fußproblemen aus der Hallensaison und prellte sich dann in Weinheim bei der Kurpfalz-Gala das Fußgelenk. „Danach ist die Form natürlich weggebröckelt, und so ist auch die Saisonbestleistung von 6,53 zu erklären“, erläutert Ulrich Knapp.
Auch WM-Fahrerin Beatrice Marscheck (LAZ Gießen) ist im letzten Jahr ganze 20 Zentimeter weiter gesprungen. Allerdings sei die Ursache in der Examensvorbereitung, vieler Infekte und Achillessehnenprobleme begründet. Sophie Krauel (TuS Jena) hat wegen ihres Examens sogar auf die komplette Saison verzichtet.
Das Schwächeln der Weitspringerinnen nutze mit Jennifer Oeser (TSV Bayer 04 Leverkusen) hingegen eine Siebenkämpferin aus. Mit in Barcelona gesprungenen 6,68 Metern ist sie die Nummer zwei im Weitsprung in diesem Jahr. „Viele Siebenkämpferinnen sind auch hervorragende Weitspringerinnen“, weiß auch Ulrich Knapp.
Sara Gambetta (TSG Schlitz) macht es der Vize-Europameisterin im Siebenkampf nach und setzte sich mit 6,41 Metern bei der Jugend an die Position zwei. Damit ist sie hinter Lena Malkus auf Rang drei der europäischen Bestenliste und auf Rang neun der Weltjahresbestenliste in der Jugend.
UNSERE TOP DREI
Bianca Kappler
LC Rehlingen
33 Jahre
SB: 6,70 m
PB: 6,90 m (2007)
DM: 1. Platz | EM: 18. Platz Qualifikation
DLV-Jahresbestenliste: 1. Platz
Europa-Jahresbestenliste: 18. Platz
Welt-Jahresbestenliste: 29. Platz
Nadja Käther
Hamburger SV
24 Jahre
SB: 6,66 m
PB: 6,66 m (2010)
DM: 2. Platz | EM: 15. Platz Qualifikation
DLV-Jahresbestenliste: 3. Platz
Europa-Jahresbestenliste: 24. Platz
Welt-Jahresbestenliste: 41. Platz
Sosthene Taroum Moguenara
TV Wattenscheid 01
21 Jahre
SB: 6,65 m
PB: 6,65 m (2010)
DM: 9. Platz | EM: DNS
DLV-Jahresbestenliste: 4. Platz
Europa-Jahresbestenliste: 26. Platz
Welt-Jahresbestenliste: 43. Platz
UNSERE HOFFNUNGSTRÄGERIN
Lena Malkus
LG Ratio Münster
17 Jahre
SB: 6,44 m
PB: 6,44 m (2010)
Lena Malkus' Sieg bei den ersten Olympischen Jugendspielen in Singapur mit 6,40 Metern war bereits eine großartige Leistung. Mit ihrer Bestleistung hätte sie auch bei der U20-WM und den dort bis zu zwei Jahre älteren Konkurrentinnen die Goldmedaille holen können.
2011 IM AUSBLICK
Mit Ausnahme von Sophie Krauel und Lisa Steinkamp (VfL Sindelfingen) werden alle Athletinnen eine Hallensaison bestreiten. Sosthene Taroum Moguenara wird allerdings die Grundausbildung bei der Bundeswehr absolvieren und somit bleibt abzuwarten, inwieweit die Form am Ende stimmen wird. Ansonsten ist der Kampf um die begehrten Tickets zur Hallen-EM in Paris (Frankreich; 4. bis 6. März) offen. „Ich habe eine Handvoll Athletinnen, die 6,55 Meter bis 6,70 Meter springen können. Da hat jede die Chance“, erläutert Ulrich Knapp die hohe Leistungsdichte.
Bei der WM in Daegu (Südkorea) erwartet er dann wieder die gleiche Situation, wobei Sosthene Taroum Moguenara und Melanie Bauschke die U23-EM in Ostrava (Tschechische Republik) als Höhepunkt angehen werden. „Eine WM ist eine ganz andere Hausnummer. Bei der U23-EM haben beide Athletinnen Medaillenchancen“, betont Ulrich Knapp.
Klare Kandidatin für die U20-EM in Tallinn (Estland) ist Lena Malkus. „Man muss natürlich schauen, wie sich gerade die jungen Athletinnen entwickeln, aber sie ist mit Sicherheit eine Medaillenkandidatin“, weiß auch der Bundestrainer.
ZAHLEN UND FAKTEN
Die Jahresbesten
6,70 - Bianca Kappler (LC Rehlingen)
6,68 - Jennifer Oeser (TSV Bayer 04 Leverkusen)
6,66 - Nadja Käther (Hamburger SV)
6,65 - Sosthene Taroum Moguenara (TV Wattenscheid 01)
6,58 - Melanie Bauschke (LG Nike Berlin)
6,53 - Beatrice Marscheck (LAZ Gießen)
6,50 - Claudia Rath (LG Eintracht Frankfurt)
6,49 - Michelle Weitzel (LG Telis Finanz Regensburg)
6,48 - Karoline Köhler (TV Wattenscheid 01)
6,46 - Anika Leipold (Hamburger SV)
Internationale Endkampf-Platzierungen 2010
EM: keine
U20-WM: keine
Olympische Jugendspiele: 1. Platz (Lena Malkus, 6,40 m)
Hallen-WM: keine
Entwicklung des Spitzenniveaus
Athleten >6,70 Meter
Schnitt Top 10
2005
keine
6,47
2006
Claudia Tonn (6,75)
6,40
2007
Bianca Kappler (6,90)
6,45
2008
Bianca Kappler (6,77)
6,51
2009
Melanie Bauschke (6,83), Bianca Kappler (6,81), Beatrice Marscheck (6,73), Claudia Tonn (6,71), Sophie Krauel (6,70)
6,66
2010
Bianca Kappler (6,70)
6,58
Entwicklung Jahresbestleistungen
Jahr
Deutschland
Europa
Diff.
Welt
Diff.
2005
6,66 (B. Kappler)
7,04 (Meleshina/RUS)
0,38
7,04 (Meleshina/RUS)
0,38
2006
6,75 (C. Tonn)
7,12 (Kotova/RUS)
0,37
7,12 (Kotova/RUS)
0,37
2007
6,90 (B. Kappler)
7,21 (Kolchanova/RUS)
0,31
7,21 (Kolchanova/RUS)
0,31
2008
6,77 (B. Kappler)
7,12 (Gomes/POR)
0,35
7,12 (Gomes/POR)
0,35
2009
6,83 (M. Bauschke)
6,99 (Gomes/POR)
0,16
7,10 (Reese/USA)
0,27
2010
6,70 (B. Kappler)
7,13 (Kucherenko/RUS)
0,43
7,13 (Kucherenko/RUS)
0,43
WAS AUFFÄLLT
Nachdem 2009 gleich fünf Athletinnen weiter als 6,70 Meter sprangen, war es in diesem Jahr mit Bianca Kappler wie 2005 bis 2008 nur eine Athletin.
Der 10er-Schnitt ist mit 6,58 Metern jedoch der zweithöchste seit 2005.
Bianca Kappler konnte seit 2000 bereits sechsmal die Spitze der deutschen Jahresbestenliste erobern.
Der Abstand zur internationalen Konkurrenz war jedoch mit 43 Zentimetern seit 2005 nicht größer.