leichtathletik.de-Check - Weitsprung Männer
Die Saison 2010 mit einer erfolgreichen EM ist Geschichte. Den guten Leistungen in Barcelona (Spanien), bei der Team-EM in Bergen (Norwegen) und der Hallen-WM in Doha (Katar) sowie anderen Meisterschaften und Meetings standen aber auch Enttäuschungen gegenüber. leichtathletik.de nimmt die einzelnen Disziplinbereiche noch einmal genau unter die Lupe.
2010 IM RÜCKBLICK |
„Einem sensationellen, ungekrönten Jahr 2009 ist ein sensationelles, gekröntes Jahr 2010 gefolgt“, zieht Weitsprung-Bundestrainer Uwe Florczak Bilanz. Die Ausbeute der deutschen Weitspringer kann sich sehen lassen. Mit dem Doppelsieg bei der Hallen-EM in Turin (Italien) durch Sebastian Bayer (Hamburger SV) und Nils Winter (Buxtehuder SV) 2009 und dem herausragenden Europameistertitel in Barcelona durch Christian Reif (ABC Ludwigshafen) konnten die deutschen Weitspringer gleich drei Medaillen in zwei Jahren sammeln und das mit drei verschiedenen Athleten.
Nachdem Sebastian Bayer im letzten Jahr im Fokus stand, stahl ihm in diesem Jahr Christian Reif die Show. Bereits 2009 hatte er mit 8,18 Metern angedeutet, was in ihm steckt. Doch in diesem Jahr sollte dann der Knoten so richtig platzen. „Christian hatte ein fantastisches Jahr. Er hat eine enorme Stabilität gezeigt, und sein Fünfer-Schnitt liegt bei hervorragenden 8,29 Metern“, analysiert Uwe Florczak. Dabei zeigte der Sportstudent auch noch eine große Portion Nervenstärke und sprang beim alles entscheidenden Versuch noch zu seinen besten Weiten.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Nicht nur der Europameistertitel und der nationale Titel im Freien und in der Halle standen am Ende für ihn zu Buche. Bei der Hallen-WM in Doha (Katar) sprang er bereits auf Platz fünf und sowohl in Europa als auch in der Welt flog in diesem Jahr keiner weiter als der Ludwigshafener.
Aber nicht nur das. Nachdem Sebastian Bayer sich mit 8,49 Metern im letzten Jahr an Platz zwei der ewigen deutschen Bestenliste gesetzt hatte, setzte Christian Reif mit 8,47 Metern nach. Das bedeutet für ihn Platz drei. Lutz Dombrowski sprang bereits 1980 8,54 Meter weit und wird nun in den nächsten Jahren um seinen deutschen Rekord bangen müssen.
Sebastian Bayer musste nach seiner Fuß-Operation im August 2009 erst einmal wieder in Form kommen. „Der Fuß war lange ruhig gestellt, und wir haben uns viel Zeit genommen, deswegen war am Ende die Zeit bis zu den Deutschen Meisterschaften zu kurz“, erklärt der Weitsprung-Bundestrainer. Aus kurzem Anlauf sprang der Hallen-Europameister mit 7,71 Metern zwar auf Rang zwei, verpasste die geforderte Norm für die Europameisterschaften jedoch deutlich. Mit einem Siegessprung auf 8,06 Meter in Rieti (Italien) am Ende der Saison zeigte er, dass international mit ihm zu rechnen ist.
In der Breite fällt die Bilanz nicht ganz so positiv aus wie im letzten Jahr, wo gleich sechs Athleten über acht Meter sprangen. „Ich sehe das nicht ganz so schwarz, der Dreier-Schnitt von 8,17 Metern liegt ungefähr da, wo er im letzten Jahr auch lag“, beschreibt Uwe Florcak. Außerdem dürfe man auch die Ursachen für das schlechte Abschneiden einiger Athleten nicht außer Acht lassen.
Die 7,88 Meter, die Nils Winter als Saisonbestweite angeboten hatte, entsprechen zum Beispiel nicht seinem Anspruch. Doch er ist in dieser Saison nach Hamburg gezogen und hat dort in der Reederei seiner Eltern angefangen zu arbeiten. Außerdem hatte er mit einigen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.
Christoph Stolz (TV Langen) kam lediglich auf 7,77 Meter, was jedoch daran lag, dass er bei Volkswagen 40 bis 50 Stunden die Woche arbeiten musste und erst jetzt in die Sportfördergruppe der Volkswagen AG wechseln konnte, wo er nur noch 20 bis 25 Stunden arbeiten muss. Und auch Peter Rapp (LAV asics Tübingen) hatte viele private Veränderungen und ist zudem Vater geworden.
Eine tolle Leistung zeigten in diesem Jahr zwei Junioren. Mario Kral (Hallesche Leichtathletik Freunde) trumpfte zu Beginn der Saison mit einer neuen Bestleistung von 7,99 Metern auf. Nach diesem weiten Satz kam dann jedoch wieder das Verletzungspech, und die Saison musste vorzeitig beendet werden. Und auch Alyn Camara (TSV Bayer 04 Leverkusen) konzentrierte sich in dieser Saison mit Erfolg auf den Weitsprung. Am Ende standen 7,75 Meter und der Titel bei den Deutschen Junioren-Meisterschaften für ihn zu Buche.
UNSERE TOP DREI
Christian Reif
ABC Ludwigshafen
26 Jahre
SB: 8,47 m
PB: 8,47 m (2010)
DM: 1. Platz | EM: 1. Platz
DLV-Jahresbestenliste: 1. Platz
Europa-Jahresbestenliste: 1. Platz
Welt-Jahresbestenliste: 1. Platz
Sebastian Bayer
Hamburger SV
24 Jahre
SB: 8,06 m
PB: 8,49 m (2009)
DM: 2. Platz | EM: DNS
DLV-Jahresbestenliste: 2. Platz
Europa-Jahresbestenliste: 20. Platz
Welt-Jahresbestenliste: 49. Platz
Nils Winter
Buxtehuder SV
33 Jahre
SB: 7,88 m
PB: 8,21 m (2005)
DM: 3. Platz | EM: DNS
DLV-Jahresbestenliste: 4. Platz
Europa-Jahresbestenliste: keine Top-30-Platzierung
Welt-Jahresbestenliste: 106. Platz
UNSER HOFFNUNGSTRÄGER
Mario Kral
Hallesche Leichtathletik Freunde
21 Jahre
SB: 7,99 m
PB: 7,99 m (2010)
Mit 7,99 Metern setzte Mario Kral gleich zu Beginn der Saison ein Zeichen. Dann bremsten Verletzungsprobleme den jungen Athleten aus. Die Acht-Meter-Marke bleibt somit ein Ziel für das nächste Jahr, wo er bei der U23-EM in Ostrava (Tschechische Republik) um eine Medaille kämpfen wird.
2011 IM AUSBLICK
Im nächsten Jahr steht die Hallen-EM in Paris (Frankreich) an. Mit Sebastian Bayer könnte der Titelverteidiger und mit Christian Reif der Europameister im Freien antreten. „Wir werden die Hallen-EM nicht auf Teufel komm raus angehen. Das ist bei allen Athleten von der Form und vom Gesundheitszustand abhängig. Außerdem schreibt Christian Reif gerade an seiner Bachelorarbeit. Aber wenn alles passt, haben wir gute Chancen“, erläutert Uwe Florczak die Ausgangsposition.
Ansonsten steht natürlich die Weltmeisterschaft in Daegu (Südkorea) auf dem Programm. „Man muss bedenken, dass die Weltklasse in diesem Jahr eine kleine Verschnaufpause hatte. Aber trotzdem würden wir gerne weiter Weitsprung-Geschichte schreiben“, sagt Uwe Florczak. „Sebastian Bayer und Christian Reif sollten sich jedoch Platz drei bis sechs als Ziel setzen.“
Nach Meinung des Bundestrainers wird auch Nils Winter wieder ein Wörtchen mitreden. „Es ist noch viel Frische und Motivation in seinem Körper.“ Und auch Christoph Stolz traut er eine Steigerung seiner Bestleistung zu, die bei 8,09 Metern steht. Peter Rapp hat ebenfalls angekündigt, mit großer Leidenschaft zeigen zu wollen, was er kann.
Für Mario Kral steht die U23-EM in Ostrava (Tschechische Republik) auf dem Programm. In diesem Jahr liegt er auf Rang drei der europäischen Bestenliste der Junioren. „Ziel ist eine Medaille. Er trainiert jetzt in unserer Gruppe in Hamburg, und das Hauptziel wird es sein, die große Verletzungsproblematik in den Griff zu bekommen“, beschreibt Uwe Florczak. Eine Hallensaison wird er wegen der Grundausbildung bei der Bundeswehr jedoch nicht bestreiten.
In der Jugend wird sich zeigen, wie Yannik Roggatz (TV Heppenheim) und Mathias Brugger (SSV Ulm 1864) sich weiterentwickeln und wer sonst noch in den Kampf im die Tickets zur U20-EM in Tallinn (Estland) eingreifen wird.
ZAHLEN UND FAKTEN
Die Jahresbesten
8,47 - Christian Reif (ABC Ludwigshafen)
8,06 - Sebastian Bayer (Hamburger SV)
7,99 - Mario Kral (Hallesche Leichtathletik Freunde)
7,88 - Nils Winter (Buxtehuder SV)
7,85 - Stefan Köpf (LG Staufen)
7,78 - Lucas Jakubczyk (SCC Berlin)
7,77 - Christoph Stolz (TV Langen)
7,75 - Alyn Camara (TSV Bayer 04 Leverkusen)
7,71 - Philipp Imhof (LG ASV/DSHS Köln)
7,70 - Remigius Roskosch (TV Heppenheim)
Internationale Endkampf-Platzierungen 2010
EM: 1. Platz (Christian Reif; 8,47)
U20-WM: keine
Olympische Jugendspiele: keine
Hallen-WM: 5. Platz (Christian Reif; 7,86)
Entwicklung des Spitzenniveaus
Athleten >8,00 Meter
Schnitt Top 10
2005
Nils Winter (8,21), Peter Rapp (8,00), Oliver König (8,00)
7,83
2006
Oliver König (8,01)
7,83
2007
Christian Reif (8,19), Nils Winter (8,12), Peter Rapp (8,10), Christoph Stolz (8,04)
7,92
2008
Sebastian Bayer (8,15), Nils Winter (8,14), Christoph Stolz (8,09), Peter Rapp (8,00)
7,92
2009
Sebastian Bayer (8,49), Christian Reif (8,18), Michael Schrader (8,05), Nils Winter (8,04), Peter Rapp (8,04), Christoph Stolz (8,03)
8,04
2010
Christian Reif (8,47), Sebastian Bayer (8,06)
7,90
Entwicklung Jahresbestleistungen
Jahr
Deutschland
Europa
Diff.
Welt
Diff.
2005
8,21 (N. Winter)
8,31 (Zyuskov/UKR)
0,10
8,60 (Phillips/USA)
0,39
2006
8,01 (O. König)
8,41 (Howe/ITA)
0,40
8,56 (Saladino/PAN)
0,55
2007
8,19 (C. Reif)
8,66 (Tsatoumas/GRE)
0,47
8,66 (Tsatoumas/GRE)
0,47
2008
8,15 (S. Bayer)
8,44 (Tsatoumas/GRE)
0,29
8,73 (Saladino/PAN)
0,58
2009