Lena Schmidt gibt wieder Gas
Vor Jahresfrist schwebte 400-Meter-Läuferin Lena Schmidt (LG Stadtwerke Hilden) auf Wolke sieben. Nicht nur wegen der Steigerung auf 52,62 Sekunden. Mit der Staffel WM-Teilnehmerin, einzeln Dritte der U23-EM, DM-Dritte und deutsche Junioren-Meisterin – ein Olympiastart schien vorprogrammiert. Doch die Gesundheit machte der 23-Jährigen einen Strich durch die Rechnung.
Zwei Monate ist sie keinen Schritt gelaufen, doch jetzt gibt sich Lena Schmidt wieder angriffslustig. Voller Tatendrang blickt die Viertelmeilerin im Trikot der LG Stadtwerke Hilden neuen Herausforderungen entgegen. Erstes Ziel des hoch aufgeschossenen Blondschopfes: sich nach dem Totalausfall in diesem Sommer zurück in die nationale Spitze kämpfen.Nach nur drei Wettkämpfen beendete der Schützling von Tobias Kofferschläger die Saison. „Für den eigenen Anspruch zu langsam“, kommentierte der Heim- und Bundestrainer die 54,27 Sekunden, die bei der Kurpfalz-Gala in Weinheim Ende Mai zum Sieg reichten. Nicht ahnend, dass das Resultat als Saisonbestzeit in die Annalen eingehen wird. Denn fortan lief so gut wie nichts mehr.
Negativ-Erlebnis
56,08 Sekunden und die „rote Laterne“ bei der Sparkassen-Gala in Regensburg – ein Debakel. „Vier Sekunden über Bestzeit, das war krass“, formuliert die damals überaus deprimierte Athletin noch heute. Ein Negativ-Erlebnis, das allen Anlass zu einer umfangreichen Ursachenforschung gab.
Zunächst kam heraus, dass die medikamentöse Feinabstimmung einer lange bekannten Unterfunktion der Schilddrüse nicht passte. Zudem ergab das Blutbild, dass mehrere Infekte verschleppt worden waren. „Tausend Dinge, die sich summiert haben“, weiß die Athletin mittlerweile.
DM-Verzicht
Der DM-Start in Wattenscheid und somit die Chance auf eine Teilnahme an der EM in Helsinki wurden abgehakt. Was blieb war die Hoffnung auf Olympia, die Zuversicht, doch noch ins Staffelaufgebot für London vorpreschen zu können. Zumal die Trainingswerte zunehmend besser wurden.
Am Tag vor der Nominierung sollte ein entsprechender Leistungsnachweis erbracht werden. „Ich habe mir eingeredet, dass es wird. Ich habe alles versucht und fest geglaubt, dass ich mich berappeln werde“, kommentiert Lena Schmidt das alles entscheidende Rennen, bei dem sie schließlich nach 250 Metern ausstieg – ebenso verkrampft wie verbittert. „Ich konnte einfach nicht mehr. Es war vorbei. Es ist alles schief gelaufen“, klingt rund vier Monate später immer noch Verzweiflung durch.
Zwei Monate Pause
Allerdings: Die Beine wollen jetzt wieder. Anfang September wurde die zweimonatige Trainingspause („Ich habe das gemacht, wozu ich Lust hatte“) beendet. Inzwischen absolviert sie wieder bis zu neun Einheiten pro Woche, hauptsächlich in Leverkusen, Dauerläufe und andere regenerative Einheiten in Köln.
Dort lebt die angehende Grundschullehrerin (Mathematik und Sport) zusammen mit ihrem Freund, dem Disziplinkollegen Miguel Rigau (LT DSHS Köln). Auch die Saison des deutschen Hallenmeisters verlief nicht nach Plan – ebenfalls infolge eines Infektes.
Ob Lena Schmidt in diesem Winter in der Halle angreifen wird, steht noch nicht fest. „Wenn ich mich schnell genug fühle, dann mache ich ein paar Rennen. Aber der Sommer geht vor“, so die Hildenerin, die im Sommer 2013 an ihre Bestzeit von 52,62 Sekunden anknüpfen möchte. „Irgendwann mal eine 51“, umschreibt sie ihr langfristiges Ziel.
Keine Seitensprünge
Ausflüge auf die Hürdendistanz – für Außenstehende aufgrund der optimalen Hebelverhältnisse durchaus denkbar – lehnt die Langsprinterin kategorisch ab. Ein Versuch auf der doppelten Stadionrunde? Auch der kommt nicht in Frage. „800 Meter muss ich nicht haben und dass Hürden nichts für mich sind habe ich schon als Mehrkämpferin gemerkt“, so die Erklärung.
Unwillkürlich spielt die Studentin damit auf ihre solide Grundausbildung und ihre immerhin schon 17-jährige (!) Erfahrung als Leichtathletin an. Routine, die ihr beim weiteren Aufstieg hilfreich sein dürfte. Und sicher geholfen hat, in diesem Sommer ebenso unbekanntes wie holpriges Geläuf zuversichtlich zu bewältigen. Ein Grund mehr, die Zukunft nicht nur angriffslustig, sondern auch locker anzugehen.