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Lena Urbaniak nimmt 18 Meter ins Visier

Kugelstoßerin Lena Urbaniak ist als U18-Weltmeisterin und U20-Europameisterin im Nachwuchsbereich erfolgsverwöhnt gewesen. In diesem Sommer ist ihr der Anschluss an die internationale Spitze der Frauen gelungen, in der sich die 21-Jährige etablieren möchte.
Jan-Henner Reitze

Es regnet in Strömen an diesem Tag im Juni in Heilbronn, wo gerade die Landesmeisterschaften von Baden-Württemberg ausgetragen werden. Land unter im Kugelstoß-Ring. Wer im Stadion ist, sucht nach einem trockenen Plätzchen. Diese Bedingungen sind alles andere als motivierend - und alles andere als förderlich für die Leistung.

Lena Urbaniak lässt sich davon nicht abschrecken - immerhin geht es um den Landestitel und darum, ihren Verein zu repräsentieren, die LG Filstal. Außerdem macht der 21-Jährigen das Kugelstoßen einfach soviel Spaß, dass sie es auch bei so einem Sauwetter nicht lassen kann. Um keinen Sturz zu riskieren, belässt es die Kugelstoßerin aber bei einem Versuch aus dem Stand. 14,51 Meter gehen in die Ergebnisliste ein und viel wichtiger: Platz eins. Vier Wochen später wird die Kugel mehr als drei Meter weiter fliegen.

Der vom Publikum und von der Szene kaum bemerkte Auftritt in Heilbronn sagt viel über die Athletin Lena Urbaniak aus: Sie liebt ihre Disziplin, sie liebt den Wettkampf und sie liebt ihre Heimat. Das ist die Basis, die in der U18 und U20 zu internationalen Titeln und in diesem Sommer zu Rang acht bei der EM geführt hat.

Drehstoß als Herausforderung und Chance

Im Alter von 15 Jahren zog es die mit 1,74 Metern nicht groß gewachsene Kugelstoßerin nach Stuttgart, auf eine Eliteschule des Sports. Dort erlernte sie unter Trainer Peter Salzer die schwierige Drehstoßtechnik. "Es ist eine sehr feinfühlige Technik, die sehr anfällig ist. Aber wenn wir einen treffen, geht es richtig weit", erklärt die Athletin der LG Filstal, die ihre Technik schon in der U18 so gut beherrschte, dass sie 2009 zu WM-Gold in dieser Altersklasse führte und zwei Jahre später zum Titel "U20-Europameisterin".

Dass der Drehstoß auch eine Achterbahnfahrt sein kann, zeigt die zurückliegende Saison. Nach Anlaufschwierigkeiten beim Winterwurf-Europacup und dem Auftakt in die Sommersaison, flog die Kugel Mitte Mai über die 17-Meter-Marke. Dann ging es im Juni wieder eher rückwärts bis die Form im Juli zurückkam, mit einem Paukenschlag zum Ende des Monats.

Im Ulm platzt der Knoten endgültig

Auf dem Münsterplatz in Ulm lieferte die Angehörige der Sportfördergruppe der Bundeswehr den bisher besten Wettkampf ihrer Karriere. Bei dem ausgelagerten Wettbewerb der Deutschen Meisterschaften kam vieles zusammen, was sie so mag an ihrem Sport. Das Kugelstoßen stand im Fokus, die Ränge waren nur wegen dieser Disziplin bis auf den letzten Platz gefüllt und wegen der Nähe zu ihrer Heimat waren Familie und viele Freunde der Filstalerin darunter. "Da kann man sich noch mehr zusammenreißen und gibt noch ein Quäntchen mehr", erinnert sich Lena Urbaniak, die ihre Bestleistung zweimal bis auf 17,84 Meter verbesserte, Silber hinter der überragenden Christina Schwanitz (LV 90 Erzgebirge) gewann und sich auf den letzten Drücker für die EM in Zürich (Schweiz) qualifizierte.

Dort profitierte die Dritte der U23-EM vor allem von ihrer Unbefangenheit. Zum ersten Mal bei den "Großen" dabei, hatte sie nichts zu verlieren und überstand nicht nur die Qualifikation, sondern erreichte als Achte sogar den Endkampf und erzielte mit 17,77 Meter die zweitbeste Weite ihres Lebens. Der Respekt vor der Konkurrenz bleibt dennoch groß.

"Wenn man wie ich die Erfolge in der U18, U20 und auch U23 hatte, ist es so, dass man wie ein kleiner Fisch ins Haifischbecken geworfen wird. Es gibt Konkurrenten wie Valerie Adams, Christina Schwanitz und weitere, die über 20 Meter stoßen. Da wird man auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt", erzählt die 21-Jährige, die ihre ersten Züge im "Haifischbecken" gemeistert hat.  

Hallen-EM und 18 Meter die Ziele für 2015

An der Konstanz soll in diesem Winter zum Beispiel gearbeitet werden, um bei den „Großen“ noch besser mitreden zu können. Auch nach Jahren der Übung, bietet die Drehstoßtechnik noch Reserven. "Man kann immer an der Schnelligkeit arbeiten, dem genauen Setzen, oder daran, mehr aus den Beinen zu stoßen", weiß die Perfektionistin, der es vor allem schwer fällt, die nötige Geduld für sich langsam einstellende Fortschritte aufzubringen.

Die Hallen-EM in Prag (Tschechische Republik; 6. bis 8. März 2015) ist das nächste große Ziel. "Ich habe Blut geleckt und möchte bei den Großen dabei sein", erklärt Lena Urbaniak. Und auch eine Weite steht als Ziel ganz groß über dem kommenden Jahr: Die 18 Meter sollen übertroffen werden. Gelingt eine verletzungsfreie Vorbereitung, stehen die Chancen dafür gut. Wille, Leidenschaft und Entwicklungspotential stimmen.

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