Letzter Aufgalopp im Gottlieb-Daimler-Stadion
Grün wie die Hoffnung ist die Laufbahn im Rund des Gottlieb-Daimler-Stadion, doch die Hoffnung auf einen Fortbestand der Freiluft-Leichtathletik in der Schwabenmetropole scheint begraben. Die Fußballer des VfB Stuttgart und die Stadt haben sich nach Medienberichten auf einen Kaufpreis zwischen 40 und 55 Millionen Euro geeinigt. Im Juni 2009 sollen die Bauarbeiten beginnen und eines der letzten großen Leichtathletikstadien auf deutschen Boden in eine reine Fußballarena verwandeln.

Zum letzten Mal Leichtathletik in Stuttgart? (Foto: Chai)
Man müsse auf "ein Wunder" hoffen, wenn man noch an die Rettung für die Leichtathletik in Stuttgart glaubt, sagte Prof. Dr. Helmut Digel, Council-Mitglied des Internationalen Leichtathletik-Verbandes (IAAF), gegenüber der Fachzeitschrift "Leichtathletik". Denn über die unterschiedlichen Fraktionen im Stuttgarter Rathaus hinweg gibt es eine Mehrheit für den Stadionverkauf.Auch wenn die Bauarbeiten erst in zwei Jahren beginnen sollen, scheint das Weltfinale in diesem Jahr zum letzten Mal am Neckar zu gastieren. Zwar betonen Bürgermeister Dr. Wolfgang Schuster und IAAF-Generalsekretär Pierre Weiss, dass die Entscheidung erst am kommenden Montag fallen soll, doch einige asiatische Länder sollen ihr Interesse an dem Großereignis ab 2008 schon bekundet haben.
Lange Geschichte
Nicht nur für Stuttgart und seine Region, sondern für die gesamte Leichtathletik-Welt ist der Verlust des Gottlieb-Daimler-Stadions mehr als ein mittelschwerer Trauerfall. Eine lange Geschichte wird mit dem geplanten Umbau zu Grabe getragen.
1933 wurde das Stadion als "Adolf-Hitler-Kampfbahn" eingeweiht, nur ein Jahr später stellte die spätere Biologin Gisela Mauermayer bei den Frauenweltspielen einen Weltrekord im Fünfkampf auf. Nachdem es in den Jahren nach dem Krieg zwischenzeitlich "Century Stadium" und "Kampfbahn" hieß, erhielt es 1949 den Namen "Neckarstadion", den es bis 1993 behalten sollte.
Hammerwurf-Weltrekord bis heute gültig
Zahlreichen großen Leichtathletikveranstaltungen, wie dem Europacup der Männer (1965), den Europameisterschaften (1986) oder den Weltmeisterschaften (1993), diente das Stadion auf dem Cannstatter Wasen als Schauplatz. Eine Reihe von Weltrekorden wurden hier aufgestellt. Bis heute gültig ist der Hammerwurf-Weltrekord (86,74 m) des Ukrainer Jurij Sedych – damals im Trikot der UdSSR - von den Europameisterschaften. Auch Deutsche Meister wurden hier oftmals gekrönt, zuletzt 2001.
Mit den Olympiastadien in Berlin und München sowie dem Stadion in Nürnberg bleiben der Leichtathletik nur noch drei Arenen übrig, die eine Kapazität von mehr als 40.000 Zuschauern aufweisen und damit als Austragungsort für internationale Meisterschaften geeignet sind. Doch hier ist die Zukunft der Bahnen ebenfalls nicht gesichert, wie Prof. Dr. Helmut Digel meint: "Auch dort (Nürnberg) kann ich mir vorstellen, dass sehr bald die Diskussion um ein reines Fußballstadion beginnt. Zurzeit bleibt alles an einem Stadion hängen: Berlin. Aber was passiert nach der WM 2009?"