Der Weltsport entdeckt die deutsche Hauptstadt neu
Als die Mitglieder des Bewerbungskomitees Berlins um die Ausrichtung der Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2009 am Morgen danach aufwachten, war allen erst richtig klar, dass der vorherige ein guter Tag gewesen war. Es hatte eine Weile gedauert, bis die Tage lange Anspannung des Wartens auf den Zuschlag durch den Weltverband IAAF gewichen war. Und jetzt realisierten alle, dass der Weltsport die deutsche Hauptstadt neu entdeckt hat.
Auch der Erfolg des Berlin Marathons half mit, die WM 2009 in die deutsche Hauptstadt zu holen. (Foto: Bytepark)
ISTAF, Marathon, Beachvolleyball-WM 2005, der große Kongress Sport d'Accord im nächsten Jahr, die Spiele der Fußball-WM 2006 und nun die Leichtathletik-WM 2009 bedeuten eine nicht oft zu findende Fülle sportlicher Großereignisse in den nächsten Jahren.Der spontanen Freude über den Satz von Weltverbandspräsident Lamine Diack "The World Championships 2009 will be staged in Berlin" folgten vielfache Glückwünsche, die höflichen hand shakings, eine Presskonferenz und etliche Einzelgespräche mit den zahlreich mitgereisten Medienvertretern. Und danach zog sich die gesamte Delegation der Hauptstadt zurück in die deutsche Botschaft, deren Räume Botschafter Hanns-Heinrich Schumacher bereits an den Vortagen für die Proben unter der Regie des erfahrenen Fernsehmannes Klaus Bokelberg zur Verfügung gestellt hatte.
Frank Fredericks vereinnahmte Council-Mitglieder vollends
Vielmehr verhaltene Freude über den eindeutigen Triumph über die stärker eingeschätzten Mitbewerber Valencia und Split denn euphorische Jubelarien prägen das gemütliche Beisammensein. In ihren kurzen, launigen Ansprachen reflektierten der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, Bewerbungs-Leitwolf Werner Gegenbauer und DLV-Präsident Dr. Clemens Prokop noch einmal die seltene und in diesem Fall besonders ausgeprägte Einigkeit, mit der Politik, Sport und Wirtschaft gemeinsam die Berliner Kandidatur zum Erfolg geführt hatten.
Sprintstar und IOC-Mitglied Frank Fredericks, der dem IAAF-Council bei der erstklassig gelungenen Präsentation als neuer Botschafter der WM-Stadt vorgestellt wurde und mit seiner Bitte "Please vote for Berlin" die Delegierten endgültig für die deutsche Hauptstadt vereinnahmte, und Moderatorin Charmaine Crooks steckten ihre langen Anreisen noch in den Knochen. Beide verließen als erste die kleine Feier. Die charmante fünfmalige Olympiateilnehmer- und mehrfache Medaillengewinnerin aus Kanada wurde für Berlin gewonnen, um auf diese Weise den Aspekt der Internationalität der deutschen Hauptstadt zu unterstreichen.
DLV-Präsident hörte sich viele Meinungen an
Noch vor Mitternacht hatten die letzten Gäste die Botschaft wieder ihrem eigentlichen Zweck übergeben und auch die letzten Absacker waren durch den Betriebschluss der Hotelbar limitiert. Der Regierende Bürgermeister wusste schon vorher: "Ich freue mich riesig. Aber so richtig kommt das erst morgen durch." Wacker hielt sich derweil der DLV-Präsident, der keinem Meinungsaustausch aus dem Wege ging und für viele Interessierte ein offenes Ohr hatte.
Am Sonntag Vormittag reiste die Delegation nahezu geschlossen wieder ab aus der finnischen Hauptstadt. Und Werner Gegenbauer resümierte zufrieden: "Gestern war ein guter Tag für Berlin." Der Bewerbungschef hatte fast zeitgleich mit dem Votum der IAAF noch einen weiteren Grund zur Freude: Hertha BSC hatte in der Fußball-Bundesliga einen 6:0-Kantersieg gefeiert. Und beim Traditionsklub sitzt der Ehrenpräsident der Industrie- und Handelskammer im Aufsichtsrat.
Wie geschafft allerdings der Unternehmer von der Anspannung im Vorfeld der IAAF-Entscheidung gewesen war, zeigt dies: Die sechs Hertha-Treffer wollte sich Werner Gegenbauer später am Abend denn doch kurz auf seinem Zimmer im Fernsehen anschauen. Er kehrte nicht mehr an die Hotelbar zurück. Nach Tor Nummer zwei war er eingeschlafen.