Die große Leipzig-Vorschau - Männer (2)
Wer wird am Wochenende die Nase vorn haben und sich den Deutschen Hallenmeistertitel sichern? leichtathletik.de hat die einzelnen Disziplinen unter die Lupe genommen und für Sie einen Blick auf die Treppchenplatz-Anwärter geworfen. Der dritte Teil unserer großen Leipzig-Vorschau beschäftigt sich mit den Bahnbewerben bei den Männern.
Sprinter Tim Goebel sucht wieder den Anschluss (Foto: Chai)
60 MeterGlaubt man der Jahres-Bestenliste, dann ist Peter Riethmüller vom VfB Salzkotten der klare Favorit. Bei den Westdeutschen Hallen-Meisterschaften in Dortmund sorgte er im Januar mit einer Zeit von 6,64 Sekunden für Aufsehen. Wenn er auf diese Zeit noch zwei Hundertstel draufpacken kann, ist die DLV-Norm für die Hallen-WM in Birmingham geschafft.
Doch ein Spaziergang wird das Rennen für Peter Riethmüller keineswegs, denn der wieder um Anschluss bemühte Hallen-WM-Sechste von Lissabon, Tim Goebel (Bayer Leverkusen), sitzt ihm wie Routinier und Titelverteidiger Marc Blume (TV Wattenscheid 01) im Nacken. Ebenfalls einen guten Eindruck hinterließ in der bisherigen Hallensaison Tobias Unger vom LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg.
In den letzten beiden Jahren stoppte die Uhr für den Sieger jeweils unter 6,60 Sekunden. Gibt es auch in Leipzig wieder ein ähnlich schnelles Rennen?
200 Meter
Tobias Unger führt die deutsche Jahres-Bestenliste mit exakt 21,00 Sekunden an. Schafft er es, diese Zeit in der "Arena" zu bestätigen, wird es für seine Konkurrenten schwer, ihn zu bezwingen.
Gute Ansätze zeigten in diesem Winter nicht nur zuletzt bei den Deutschen Jugend-Hallen-Meisterschaften in Leverkusen die Junioren-WM-Finalisten Till Helmke (TSV Friedberg-Fauerbach), der diesen nationalen Nachwuchstitel in sehr guten 21,08 Sekunden gewann, und Sebastian Ernst (FC Schalke 04).
Marc Blume sollte man auch in diesem Lauf nicht vor dem Zieleinlauf abschreiben. Im vergangenen Jahr siegte er in Sindelfingen in 21,03 Sekunden.
400 Meter
"Ich will niemanden ärgern", sagte ein wortkarger Henning Hackelbusch (TV Wattenscheid 01) nach seinem Rennen beim European Indoor Cup am vergangenen Samstag im Hinblick auf die Rückkehr nach Sachsen an diesem Wochenende.
Der junge Mann ist eigentlich Hürdenläufer und liegt dennoch in dieser Hallensaison mit 47,05 Sekunden im Vergleich vor den Flach-Spezialisten wie Ruwen Faller (TuS Jena), Marc Alexander Scheer (LG Olympia Dortmund) und dem noch nicht in Schwung gekommenen Lars Figura (VfL Wolfsburg). Thomas Goller (TuS Jena) nutzt nach vielen Verletzungssorgen wie Henning Hackelbusch die flachen 400 Meter unter Dach als Vorbereitung für den Sommer, wenn es wieder über die Hürden geht.
Vorjahreskomet Bastian Swillims fehlt nach Knieproblemen, die er inzwischen wieder in den Griff bekommen hat, ebenso wie Europameister Ingo Schultz, der mit den engen Kurven auf den Hallenbahnen möglichst wenig zu tun haben will.
Im Hinblick auf eine 4x400-Meter-Staffel des DLV für die Hallen-WM in Birmingham sieht es deshalb auch äußerst düster aus. Der Verband fordert im Durchschnitt Zeiten von 46,70 Sekunden für eine Nominierung von den Läufern. Doch davon sind die 400-Meter-Asse deutlich entfernt und eine Leistungsexplosion ist auch am Wochenende nicht zu erwarten.
800 Meter
Die 800 Meter sind mit der brisanteste Wettkampf bei den Titelkämpfen. Nur zu gut erinnern sich die Fans noch daran, wie der junge Pirnaer René Herms bei den letzten Freiluft-Meisterschaften in Bochum-Wattenscheid Olympiasieger Nils Schumann (LC Creaton Erfurt) die Show stahl und ihm den Titel wegschnappte.
Auch in diesem Winter rückte René Herms dem Vorzeigeläufer aus Thüringen, der aber die Jahresbestenliste in 1:45,57 Minuten anführt und von einer Zeit unter 1:45 Minuten spricht, wieder auf die Pelle. Beim Hallen-Meeting in Chemnitz lief er in 1:46,13 Minuten vor Nils Schumann auf Rang zwei ein und holte sich damit das Ticket zum European Indoor Cup, wo er als Sieger die Nominierung rechtfertigte.
Dagegen verspielte Nils Schumann bei seiner Premiere auf der Leipziger Bahn den deutschen Europacup-Sieg, als er bei seinem Staffeleinsatz das Holz verlor. Somit hat er beim Publikum in Sachsen wieder etwas gut zu machen.
Der Kampf um den dritten Platz scheint offen zu sein. Nach letzten Informationen soll der hoffnungsvoll in die Hallensaison gestartete, aber dann jäh gebremste Routinier Nico Motchebon (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg) einen Startverzicht erwägen.
1.500 Meter
Ein weiteres pikantes Duell bekommen die Zuschauer auf den 1.500 Metern serviert. Zwei einstige Freunde, die jetzt getrennte Wege gehen, treffen aufeinander.
Auf der einen Seite steht Franek Haschke von der LG Asics Pirna. "Ich will einfach nur Spaß haben", strahlt er und ist froh, nach einer schwierigen Nierenoperation im vergangenen Herbst überhaupt wieder auf der Laufbahn stehen zu können. Beim Hallen-Meeting in Chemnitz überzeugte er als Zweiter in 3:41,72 Minuten schon wieder mit seinem bissigen Kampfgeist, beim European Indoor Cup bestach er vor knapp einer Woche mit seinem Mut, als er gleich an die Spitze stürmte und das Rennen lange Zeit kontrollierte. Dem anstehenden Lauf blickt er mit einem Augenzwinkern entgegen: "Ich freue mich auf Wolfram."
Gemeint ist Wolfram Müller, mit dem er lange Zeit in Pirna unter Klaus Müller gemeinsame Wege ging. Doch der Hallen-Vize-Meister von 2001 kehrte nach gesundheitlichen Problemen und internen Turbulenzen der Trainingsgruppe in Sachsen den Rücken und schloss sich Trainerin Isabelle Baumann und der LAV Tübingen an. "Mir geht es gut, es ist alles in Ordnung", sagt Wolfram Müller, der die Erwartungen nicht zu hoch schrauben will. "Mal sehen, wie sich das Rennen entwickelt. Jeder, der im Endlauf startet, hat eine Chance zu gewinnen." Nach über einem Jahr Abstinenz von der Laufbahn kehrte er am 9. Februar im belgischen Gent wieder auf die Bahn zurück und brachte 3:44,83 Minuten auf die Uhr: "Ich war ganz schön aufgeregt." Den Wettkampf beim Bayer-Hallenmeeting in Leverkusen sagte er am vergangenen Freitag wegen muskulärer Oberschenkelprobleme ab. Sein Start am Samstag und Sonntag ist aber nun gesichert.
Auch wenn sich das Rennen auf Franek Haschke und Wolfram Müller zu konzentrieren scheint, weist die Meldeliste mit Leuten wie Ralf Aßmus und Titelverteidiger Torsten Kühn (beide LC Creaton Erfurt) noch weitere interessante Namen auf.
3.000 Meter
Nach der Absage von Dieter Baumann (LAV Tübingen) wurden die Karten neu gemischt. Die Revanche des Vize-Europameisters für die Niederlage von Dortmund an Jan Fitschen (7:51,83 min) fällt aus.
Damit kann sich der Wattenscheider Titelverteidiger, der auch beim European Indoor Cup als Zweiter bestach, ganz auf seine anderen Konkurrenten konzentrieren. Und davon gibt es eine ganze Menge.
Allen voran werden die Leverkusener Michael May und Mario Kröckert zu beachten sein. Sie standen auch im Vorjahr mit Jan Fitschen auf dem Treppchen. Baumanns Trainingsgefährte und Vereinskollege Filmon Ghirmai, im Freien auf der Hindernisdistanz zuhause, lief in diesem Winter auch schon unter acht Minuten (7:56,41 min).
Es wird interessant zu beobachten sein, was sich Jan Fitschen unter diesen Vorzeichen überlegt. Zieht er das taktische Geplänkel um den Titel der Jagd auf die Hallen-WM-Norm von 7:48,00 Minuten vor oder fühlt er sich stark genug für eine mutige Offensive?
60 Meter Hürden
Am Samstag werden sich viele Blicke auf einen Mann richten. Falk Balzer. Der Hürdensprinter vom TuS Jena kehrt nach seiner Dopingsperre auf die Laufbahn zurück und das ausgerechnet in seiner Geburtsstadt Leipzig. Rüdiger Nickel, der DLV-Vize-Präsident Leistungssport, hat ihm mit einer Sondergenehmigung den Start ermöglicht, nachdem Falk Balzer wegen seiner Sperre die geforderte Meldezeit nicht abliefern konnte. Doch wie er sportlich bei seinem ersten Wettkampf nach der Pause wieder in Tritt kommt, muss man abwarten.
In Schwung ist dagegen bereits Titelverteidiger Mike Fenner (TV Wattenscheid 01), der als Sieger beim European Indoor Cup noch einmal so richtig Selbstvertrauen tankte. Jetzt will er noch schneller laufen und seine Jahresbestzeit von 7,68 Sekunden deutlich unterbieten: "Die Hallen-Meisterschaft ist ein Turnier' mit drei Läufen, das kommt mir entgegen." Wenn die Hallen-WM-Norm von 7,60 Sekunden für ihn fallen sollte, stellte Mike Fenner in Aussicht, das Ticket nach Birmingham in Anspruch zu nehmen.
In den Kampf um die Medaillen wollen auch Thomas Blaschek (TuS Jena), Claude Edorh (LT DSHS Köln) und Jerome Crews (TV Wattenscheid 01) eingreifen.
5.000 Meter Gehen
Am deutschen Rekordhalter Andreas Erm (SC Potsdam) sollte auch in diesem Jahr kein Weg vorbeiführen. "Wenn nichts passiert, wird Andreas locker gewinnen", ist sein Trainer Ronald Weigel überzeugt, "er hat einen sehr guten Trainingszustand." Wie seine Kollegen bereitete er sich in Südafrika auf diesen Start bereits mit Blickrichtung Sommer vor. Im Vorjahr bestimmte er das Geschehen deutlich.
Von seinen Konkurrenten musste André Höhne (SCC Berlin) seinen Start wegen einer Fiebererkrankung absagen. Die weiteren Top-Geher Mike und Denis Trautmann (LGV Gleina) wollten sich erst kurzfristig entscheiden, Ronald Weigel legte ihnen allerdings eine Standortbestimmung in Leipzig nahe. EM-Teilnehmer Jan Albrecht (Team Erfurt) könnte mit um die Medaillen mitmarschieren.
Als einen der neuen Hoffnungsträger stellt DLV-Teamleiter Ronald Weigel den 21 Jahre jungen Frank Werner (Team Erfurt) heraus: "Er hat sehr gut mit hohen Umfängen trainiert." Mit einer DM-Medaille könnte er sich in der "Arena" würdig in der deutschen Spitze einführen.
Staffeln
Die Staffeln über 4x200 und 4x400 Meter sorgen am Ende des Sonntags noch einmal für eingeschworenen Teamgeist. Medaillenchancen ausrechnen und Titelhoffnungen hegen darf in beiden Wettbewerben die LG Eintracht Frankfurt, die sich gut verstärkt hat.
Auf der kürzeren Distanz gilt es die favorisierten Sprinter des TV Wattenscheid 01 sowie das LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg im Auge zu behalten, danach hat auf der längeren Strecke die LG Olympia Dortmund mit dem VfL Sindelfingen um Stefan Holz im Nacken berechtigte Goldambitionen.
Doch stets sind speziell die Staffelbewerbe für überraschende Rennverläufe, Disqualifikationen, Proteste und Gegenproteste gut und damit ist natürlich auch in diesem Jahr wieder zu rechnen.
Die große Leipzig-Vorschau - Frauen (1)
Die große Leipzig-Vorschau - Männer (1)
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