Lilli Schwarzkopf folgt japanischem Trend
Wenn Lilli Schwarzkopf in den letzten Wochen in Sportklamotten in ihr Auto stieg, dann wurde sie praktisch schon auf die Weltmeisterschaft in Osaka eingestimmt. Dort war ihre Welt bereits japanisch. Sie fährt einen gesponsorten Wagen aus dem "Land des Lächelns" und hat obendrein noch einen Ausrüster von dort. "Ein japanischer Trend", stellt die Siebenkämpferin des LC Paderborn durchaus ein wenig schmunzelnd fest, "es kam halt einfach dazu."

Lilli Schwarzkopf - Es geht voran (Foto: Kiefner)
Weit weniger ein plötzlicher Trend, sondern weitaus mehr zielstrebig in Angriff vorbereitet wurde ihre Reise in diesen Tagen zur WM. War Lilli Schwarzkopf Ende Mai beim Saisonauftakt in Götzis (Österreich) ob ihrer Leistungen noch gefrustet, biss sie sich später in Ratingen trotz aller mentaler Anstrengung ("Das war eine derbe Nacht") im Kampf um die WM-Tickets durch und blickt nach diesen erreichten Zwischenzielen nun recht optimistisch nach Osaka: "Es fühlt sich langsam besser an. Ich merke, es geht voran. Ich bin soweit zufrieden." Bestärkt wurde die Blondine in diesem Gefühl in der letzten Woche, als sie sich beim Bayer-Meeting in Leverkusen in einem Dreikampf durchsetzte und ihre WM-Kolleginnen Jennifer Oeser (TSV Bayer 04 Leverkusen) und Sonja Kesselschläger (SC Neubrandenburg) hinter sich ließ.
Keine Medaillenrechnung
Trotzdem bricht Lilli Schwarzkopf, und das ist so ihre durchaus sympathische Art, nicht in Euphorie aus. Von einer Medaille wie im letzten Jahr bei der EM in Göteborg (Schweden), wo sie überraschend Dritte wurde, will sie nicht viel wissen: "Eine solche Rechnung wäre fatal. Es kann in Osaka einige Überraschungen geben." Am Thron der haushohen Favoritin und Titelverteidigerin aus Schweden wird ihrer Meinung nach aber ohnehin nicht zu rütteln sein: "Ich glaube, Carolina Klüft ist nicht zu schlagen. Wenn es darauf ankommt, dann kämpft sie und beißt sie."
Kämpfen, das will auch Lilli Schwarzkopf, die inzwischen eine Verletzung am linken Sprungfuß mit und nach einer Blockade auskuriert hat, an den Auftakttagen der WM im Nagai-Stadion. Zwei Tage wird sie dort verbringen. Zwei heiße Tage.
Sie hofft darauf, dass sich ihr Biorhythmus rasch an die Zeitumstellung gewöhnt und denkt dabei aber schon daran, dass sie dann um kurz nach Mitternacht deutscher Zeit in Japan im Startblock sitzt. "Irgendwie muss es machbar sein", meint sie überzeugt. Der Zeitplan, der ihr eine lange Mittagspause einräumt, gefalle ihr gut. Man verbrauche so nicht soviel Energie mit dem Aufwärmen.
Mit Druck abgeschlossen
Was Lilli Schwarzkopf auch in die Waagschale werfen kann, ist trotz ihres noch jungen Alters eine internationale Erfahrung. Osaka ist bereits ihre zweite WM nach Helsinki (Finnland) vor zwei Jahren, wo nicht so sehr viel Positives haften blieb und ihre Eindrücke eher "zum Wetter passten".
Insgesamt und auch in den letzten Wochen ist die Paderbornerin, gerade mit der nicht zufriedenstellenden Leistung in Götzis, noch ein weiteres kleines, aber nicht unwichtiges Stück gereift: "Mit Abstand sieht man vieles anders. Man muss versuchen, solche Dinge zu verarbeiten und man kann aus allem lernen. Man bekommt ein bisschen mehr Grips." Lilli Schwarzkopf kann nun auch besser mit ihrer Rolle als EM-Dritter, die gerade in Vorarlberg noch unheimlich auf ihren Schultern lastete, umgehen: "Man sollte schnell mit so einem Druck abschließen."
Wenn sie dann ihr WM-Motto "Neue Saison, neue Taten" ausruft, dann scheint es so, als ob ihr das gelungen sei. Und das kann bei der ehrgeizigen Mehrkämpferin allemal, noch dazu dem vertrauten japanischen Trend folgend, nur befreiend wirken.