Lisa Hahner - "Will mir keine Grenzen setzen"
Lisa Hahner (run2sky.com) hat am Sonntag beim Frankfurt Marathon nach 2:31:28 Stunden die Ziellinie überquert und damit einen beachtlichen Einstand auf der 42,195 Kilometer langen Distanz gefeiert. Im Interview berichtet sie von ihrer Vorbereitung auf ihren ersten Marathon und erzählt, warum das Rennen perfekt lief.
Lisa Hahner, wie haben sich Ihre Beine nach den ersten 42,195 Kilometern Ihres Lebens angefühlt?Lisa Hahner:
Nach dem langen Sitzen bei der Pressekonferenz wurden sie ein bisschen schwer. Aber im Rennen war es perfekt.
Im Ziel in der Frankfurter Festhalle konnte Sie sogar noch mit Race-Director Jo Schindler eine Ehrenrunde drehen. Waren Sie gar nicht müde?
Lisa Hahner:
Da habe ich das Adrenalin bis in meine Haarspitzen gespürt. Aber so langsam kommt die Müdigkeit.
Wie haben Sie Ihr Marathon-Debüt erlebt?
Lisa Hahner:
Es lief optimal, von einem besseren Debüt hätte ich nicht träumen können. Die letzten fünf Kilometer waren die schnellsten des Rennens. Das war perfekt.
Ihre Halbmarathon-Bestzeit stand vor Frankfurt bei 77:02 Minuten. Die haben Sie mit 76:01 Minuten für die erste und 75:27 Minuten für die zweite Hälfte gleich zweimal verbessert. Haben Sie mit diesem Rennverlauf gerechnet?
Lisa Hahner:
Natürlich wusste ich, dass ich über die Halbmarathon-Distanz mehr kann. Ich wollte eine schnellere zweite Hälfte laufen und das hat geklappt. Es hat sich durch das Training mit Anna schon angedeutet, dass ich unter 2:32 Stunden laufen kann. Das war ja mein Ziel für den ersten Marathon, obwohl mein Trainer Wolfgang Heinig und ich erst uns erst Ende August dazu entschieden haben, schon in diesem Herbst den Marathon anzugehen.
Wie weit waren Ihre längsten Trainingsläufe?
Lisa Hahner:
30 Kilometer. Darum war ich froh, als ich in Frankfurt diese Marke erreicht hatte. Da habe ich mich noch immer super gefühlt und wusste, dass es eine gute Zeit geben würde.
Siegerin Meselech Melkamu, ebenfalls Debütantin, hat sogar 40-Kilometer-Läufe ins Training integriert …
Lisa Hahner:
…. natürlich hat mir jenseits der 30 Kilometer die Erfahrung gefehlt. Aber es gibt verschiedene Trainingsphilosophien. Ich bin noch jung, so haben wir zwar größere Umfänge gemacht, aber auf die ganz langen Läufe verzichtet. So bin ich verletzungsfrei durch die Vorbereitung gekommen. Das war der richtige Weg.
Gibt es schon Ziele für den Marathon Nummer zwei?
Lisa Hahner:
Bisher gingen die Planungen nur bis Frankfurt. Ob ich 2013 einen Frühjahrsmarathon laufe, weiß ich noch nicht. Schließlich steht im Sommer die WM an. In Moskau wollen Anna und ich erstmals zusammen einen Marathon bestreiten. Die Mannschaftsnorm haben wir ja erfüllt, sofern sich eine dritte Läuferin findet.
Wie hat sich Ihr Leben durch das zeitintensive Marathontraining verändert?
Lisa Hahner:
Der Sport nimmt durch das längere Training und die Regeneration noch mehr Raum ein. Da Anna und ich aber mittlerweile unsere Bachelorarbeiten schreiben, gibt es keine Präsenzphasen mehr an der Uni. Dadurch können wir uns noch mehr aufs Laufen konzentrieren.
Ihr Trainer Wolfgang Heinig plant schon Richtung Olympia 2016 in Rio. Er traut Ihnen und Ihrer Schwester bis dahin Zeiten unter 2:25 Stunden zu. Sie sich selbst auch?
Lisa Hahner:
Auf jeden Fall. Ich will mir keine Grenzen setzen. Wichtig ist aber, bei den nächsten Marathons Schritt für Schritt schneller zu werden.
Wenn Sie übers Laufen reden, strahlen Sie über das ganze Gesicht. Was fasziniert Sie am Laufen und speziell am Marathon?
Lisa Hahner:
Der Marathon ist ein Mythos, der mich fasziniert. Da haben sich schon so viele unglaubliche Geschichten abgespielt. Auf den letzten Kilometern kann man alles gewinnen oder furchtbar einbrechen. Das hat man auch in Frankfurt an Patrick Makau gesehen. Er war schon zurückgefallen und hat doch noch gewonnen. Jemand hat mal gesagt: „Marathon ist wie ein Leben.“ Das trifft die Sache ganz gut.
Haben Sie ein sportliches Vorbild?
Lisa Hahner:
Ja, Mary Keitany. Ich durfte sie in Kenia kennenlernen. Sie ist bei allem Erfolg bescheiden geblieben, eine echte Persönlichkeit. Dabei ist sie so klein und kann sich trotzdem durchsetzen. Das hat mir imponiert.
Bei Annas Marathon-Starts haben Sie Ihre Schwester auf dem Rad begleitet, diesmal war es umgekehrt. Was war härter: selbst zu laufen oder zu motivieren?
Lisa Hahner:
Es ist gut, wenn die Rollen klar verteilt sind. Aber als Begleiter war ich nervöser als bei meinem Rennen am Sonntag. Ich wusste, dass ich top vorbereitet an den Start gehe. Man ist da schon in einem Tunnel, voll fokussiert auf das Rennen.
Wären Sie den Marathon gern mit Musik gelaufen? Das ist ja für Spitzenathleten verboten.
Lisa Hahner:
Die Musik ist mir wichtig, ich brauche sie vor dem Start zur Motivation, aber nicht im Rennen selbst. Die Lieder sind in meinem Kopf, die kann ich je nach Rennzeitpunkt abrufen.