Claudia Dreher: "Hoffe, dass die Post abgeht"
Am Sonntag ist Claudia Dreher neben Luminita Zaituc die hoffnungsvollste deutsche Starterin beim Hamburg-Marathon. Drei Mal musste die Gewinnerin des Houston-, Lissabon- und Köln-Marathons ihren Start in der Hansestadt krankheits- und verletzungsbedingt absagen. Jetzt, beim vierten Anlauf, tritt sie in guter Verfassung an. Mehr erfahren Sie im Interview.
Claudia Dreher gibt ihre Hamburg-Marathon-Premiere (Foto: Chai)
Drei mal wollten Sie schon in Hamburg starten – warum hat das bisher nie geklappt?Claudia Dreher:
Bis 1996 habe ich mich im Bereich 5.000 und 10.000 Meter auf der Bahn herumgetrieben, was ich ja auch sehr gerne gemacht habe. Leider hatte ich dabei immer mit sehr vielen Verletzungen zu tun. Harte Arbeit im Winter – und im Sommer konnte ich die Früchte verletzungsbedingt nicht ernten. Schließlich habe ich mich gefragt, ob das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen noch gesund ist. Insofern habe ich mir gesagt, Marathon wäre eine neue Herausforderung, da kann ich ganz unbeschwert auflaufen, ein Ausdauertyp bin ich ja eh. So bin ich schließlich zum Marathon gekommen. Und wenn man dann auch noch einen gewinnt, lässt man auch nicht mehr los. In Hamburg wollte ich vor drei Jahren erstmals an den Start gehen. Das erste Mal wurde ich krank, das zweite Mal war ich verletzt und im letzten Jahr bin ich operiert worden. Scheinbar lag mir das Frühjahr bislang nicht. Die ganze Zeit habe ich mir gesagt: "Irgendwann läufst du bestimmt in Hamburg."
Welche Rolle spielt der Hamburg-Marathon für Sie?
Claudia Dreher:
In Läuferkreisen hat sich der Hamburg-Marathon schon als Klassiker etabliert, nicht nur national, sonder auch international. Der Zuspruch wird immer größer und mittlerweile muss man hier in Hamburg ja bereits die Teilnehmerzahl begrenzen. Das hat natürlich eine positive Ausstrahlung. Wenn man ganz genau hinhört, weiß man, dass der Hamburg-Marathon einfach schön ist, er ist interessant, er hat seinen ganz speziellen Reiz, ist aber sicherlich auch nicht ganz einfach zu laufen. Wo das Publikum der Garant für gute Stimmung an der Strecke ist, dahin kommt man als Läufer natürlich gern.
Die Strecke führt schon nach wenigen Kilometern zum Hamburger Hafen, einer der schönsten Stellen des Marathons. Glauben Sie, dass Sie das wahrnehmen werden während des Laufs?
Claudia Dreher:
Ich hoffe es. Aber so richtig bewusst wird mir das erst nach einem Marathon-Lauf, wenn ich mit ein wenig Abstand alles Revue passieren lasse. Meistens merkt man dann erst so richtig, was da eigentlich los war. Der Hafen hier in Hamburg wird für den Rennverlauf noch nicht der Punkt sein, an dem sich etwas entscheidet. Also werde ich hier noch mehr von der Strecke mitbekommen als vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt des Rennens.
Trotzdem ist der Hamburger Hafen mit seinem Panorama eine der Stellen des Marathons, an der traditionell der größte Zuschauerzuspruch stattfindet.
Claudia Dreher:
Na, ich hoffe doch sehr, dass die Post abgeht, wenn wir hier am Hafen entlang laufen. Das ist umso wichtiger, als man dann auch mal den Schalter umlegen kann und nicht so sehr ans Laufen denkt, sondern einfach die gute Stimmung für sich mitnehmen kann.
Mit dem Hamburg Marathon verbinden Sie bislang nicht gerade die schönsten Erinnerungen.
Claudia Dreher:
Ja, das stimmt. Es gibt zwei Seiten für mich, was den Marathon in Hamburg betrifft. Die eine ist die persönliche Seite, denn ich wollte schon dreimal hier am Start sein, was mir aber bislang immer aus gesundheitlichen Gründen versagt blieb. Insofern heißt es für mich in diesem Jahr für Hamburg: Aller guten Dinge sind vier! Auf der anderen Seite steht der sportliche Aspekt. Denn Hamburg ist für mich eine Durchgangsstation für alles Weitere in dieser Saison. Da sind die Weltmeisterschaften in Paris, die gleichzeitig auch die Qualifikationsmöglichkeit für die Olympischen Spiele in Athen bedeuten. Andererseits ist es natürlich auch wichtig, einen Marathon im Frühjahr zu laufen, denn man hat sich ja im Winter eine gute Grundlagenausdauer geschaffen und möchte den Marathon natürlich nutzen, das Ganze auf Papier zu bringen.
Jetzt soll es ja soweit sein. Welches sind Ihre Ziele für dieses Jahr?
Claudia Dreher:
Ich konnte ja in den vergangenen drei Jahren aufgrund verschiedener Ausfälle nicht so kontinuierlich trainieren, was sich im Marathon sehr schwer kompensieren lässt. So habe ich im letzten Jahr angefangen, mich langsam nach oben zu arbeiten. Dieses Jahr will ich aus der Saison gehen und eine persönliche Bestzeit gelaufen sein.
Bei welchem Kilometer in Hamburg wird es für Sie noch einmal schwer?
Claudia Dreher:
Es kursiert ja immer wieder das Gerücht, "bei Kilometer 35 kommt der Mann mit dem Hammer". Das ist sicherlich immer ganz unterschiedlich und hängt von der Verfassung ab. Ich habe Marathonläufe gehabt, da kam die Schwierigkeit schon etwas früher. Dann hatte ich Läufe, da habe ich bis Kilometer 40 gar nichts gespürt. Irgendwann merkt man, dass man an seine Grenzen stößt. Pauschalisieren lässt sich das nicht, weil viele Faktoren und Bedingungen eine Rolle spielen. Sicher ist nur: Irgendwann kommt dieser Punkt garantiert. Mein Wunsch ist es, einen Marathon zu laufen, wo ich hinterher sage, "das war der perfekte Lauf". Den habe ich bislang – nach zwölf Rennen – noch nicht erwischt. Dass man von vorne bis hinten durchschnurrt und sogar im Ziel sagt, das geht ja noch schneller. Dafür braucht man eine gewisse Substanz. Gerade im Marathon-Bereich wächst man mit den Jahren, wo der Körper in der Lage ist, gewisse Dinge einfach besser zu verkraften. Irgendwann kommt dann wahrscheinlich die Möglichkeit, diesen perfekten Lauf zu erwischen.