Lisette Thöne: "Training bei minus 25 Grad"
Ex-Weitspringerin Lisette Thöne (TSV Bayer 04 Leverkusen) steht kurz vor ihrer Olympia-Premiere in Sochi (Russland), allerdings im Bobfahren. Im Interview erzählt die 25-Jährige vom Schwindel ihrer ersten Fahrt, der Rolle im Team als "The Voice" und was den Unterschied zwischen Bobsport und Leichtathletik ausmacht.
Lisette Thöne, frieren Sie eigentlich oft?Lisette Thöne:
Grundsätzlich bin ich nicht wirklich kälteempfindlich. Es gibt aber Regionen, in denen wir uns mit minus 25 Grad auseinandersetzen müssen. In diesen Situationen frieren die Männer aber genauso wie wir Frauen. Außerdem sind wir schnell in voller Konzentration, sodass ich die Kälte gar nicht so intensiv spüre.
Vielen Bob-Novizen ist nach der ersten Fahrt stundenlang übel. Wie erging es Ihnen bei der Premiere?
Lisette Thöne:
Genauso. Nach der ersten Abfahrt ging es mir wirklich schlecht, bei der zweiten Abfahrt ging es schon deutlich besser. Aber auch heute ist mir bei neuen Bahnen gelegentlich noch etwas flau.
Eine Frau nach ihrem Gewicht zu fragen, ist bekanntlich ein heikles Thema. Im Bobsport ist die Gewichtszunahme jedoch unumgänglich. Wie viel Kilo mussten Sie zunehmen?
Lisette Thöne:
Gar nicht so viel. Durch das intensivere Krafttraining habe ich etwa vier Kilo zugenommen. Es gibt auch kein vorgeschriebenes Gewicht. Wenn der Anschieber zu leicht ist, werden Gewichte im Schlitten deponiert. Aber es ist natürlich besser, aktive Masse mitzubringen anstatt passive.
Ticken Sommersportler anders als Wintersportler?
Lisette Thöne:
Das Bobfahren erfordert im Gegensatz zur Leichtathletik ein hohes Maß an Teamgefühl. Umso besser das Team funktioniert, desto besser wird das Rennen. Daran müssen sich viele Leichtathleten, die den Umstieg wagen, erst einmal gewöhnen.
Unter den Leichtathleten wurde Ihre lautstarke Unterstützung geschätzt. Nehmen Sie die gleiche Rolle nun im Bobsport ein?
Lisette Thöne:
Definitiv ja! International werde ich „The Voice“ genannt. So bin ich halt. Ich fieber mit allen Teamkollegen mit und lasse so meiner Aufregung und Anspannung freien Lauf.
Erst vor vier Jahren haben Sie den Umstieg vom Weitsprung zum Bobsport gewagt. Haben Sie damals damit gerechnet, dass Sie sich den Olympia-Traum so schnell erfüllen?
Lisette Thöne:
Den Traum von Olympischen Spielen hatte ich schon immer – auch als Weitspringerin. Als ich mit dem Bobfahren anfing, habe ich mir über die Olympischen Spiele 2014 wenig Gedanken gemacht. Als es dann aber von Jahr zu Jahr besser lief und ich immer unter den drei besten Anschieberinnen war, wollte ich natürlich auch dieses Jahr beim internationalen Highlight dabei sein.
In Sochi werden Sie „nur“ als Ersatzanschieberin dabei sein. Macht Ihnen das was aus?
Lisette Thöne:
In erster Linie freue ich mich darüber, dass ich mir in ein paar Tagen den Traum von der Teilnahme an Olympischen Spielen verwirkliche. Natürlich würde ich gerne lieber selbst im Schlitten sitzen, aber mir sind in der Vorbereitung zu viele kleine Verletzungen dazwischen gekommen. Sobald ich aber gebraucht werde, bin ich zu 100 Prozent fit und einsatzbereit.
Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift