Liu Xiang - Chinas Sport-Botschafter
Seit dem 1. Dezember finden in Doha (Katar) die Asien-Spiele statt. Nach den verletzungsbedingten Absagen von Hammerwurf-Olympiasieger Koji Murofushi (Japan) und dem zweimaligen Weltmeister über 3.000 Meter Hindernis, Saif Saaeed Shaheen (Katar), ist Liu Xiang der einzige Leichtathletikstar, der im Golfstaat um Gold kämpft.
Liu Xiang weiß um seine Rolle in China (Foto: Krebs)
Gerüchte, dass er Motivationsprobleme habe, weil er gegen zu schwache Konkurrenz laufen muss, ließ der Chinese durch seinen Trainer Sun Haiping im Vorfeld der Spiele dementieren. Trainer als auch Schützling sind sich durchaus bewusst, welche Rolle Liu Xiang in China einnimmt. "Er ist der Botschafter von Chinas Sport. Seine Teilnahme in Doha ist sehr wichtig", meint Sun Haiping.Nicht immer ist die Rolle leicht auszufüllen. Der in seinem Heimatland veranstaltetet Hype um seine Person ist dem 23-Jährigen manchmal unheimlich. Seit seinem Olympiasieg in Athen kann er sich nicht mehr frei in China bewegen. Autogrammwünsche darf er, wie zuletzt bei den Chinesischen Meisterschaften geschehen, aus Sicherheitsgründen gar nicht erfüllen. Und wer die Begeisterung seiner Fans beim Weltfinale in Stuttgart dieses Jahr erlebt hat, als sich das Daimler-Stadion kurzfristig in ein rotes Tollhaus verwandelte, kann in Ansätzen erahnen, wie es in seinem Heimatland aussehen muss.
Dass Liu Xiang Hürdensprinter geworden ist, verdankt die Leichtathletik-Welt dem chinesischen Sportsystem. Denn zunächst war er als Hochspringer aktiv, doch ein wissenschaftlicher Test bewies seine Sprintbegabung. Als 15-Jähriger kam Liu Xiang unter Anleitung seines Sportlehrers Sun Haiping zum Hürdensprint. Die Wege der beiden sollten sich bis zum heutigen Tag nicht trennen. Schon im zweiten Jahr erreichte er das Finale der Junioren-WM in Santiago de Chile und wurde dort Vierter.
Gold in Athen
Ein Jahr später gelang dem Mann aus Schanghai bei der Studenten-WM in Peking in sensationellen 13,33 Sekunden der erste große Triumph. Im Anschluss stellten sich immer mehr Erfolge ein. Beim Grand-Prix-Meeting in Lausanne (Schweiz) stellte er 2002 als Sieger des B-Laufs einen Junioren-Weltrekord auf (13,12 sec), bei der Hallen-WM 2003 stand er erstmals gemeinsam mit den Olympiasiegern Allen Johnson (USA) und Anier Garcia (Kuba) auf dem Siegertreppchen und holte Bronze – ein Erfolg, den er im Sommer bei der Freiluft-WM in Paris (Frankreich) wiederholte.
Das Jahr 2004 begann Liu Xiang als Zweiter der Hallen-WM in Budapest. Bei den Olympischen Spielen in Athen siegte der Chinese ungefährdet, nachdem Allen Johnson im Zwischenlauf gestürzt war und das Finale verpasst hatte. Obwohl er bereits fünf Meter vor dem Ziel die Arme jubelnd nach oben riss, gewann er Gold in 12,91 Sekunden. Damit stellte er den Weltrekord ein und einen neuen olympischen Rekord auf.
2008 im idealen Alter
Es folgten ein Staatsempfang in Peking und die Reise durch alle chinesischen Provinzen. Er wurde über Nacht zum Liebling einer ganzen Nation die ihre bisherigen Sporthelden eher im Tischtennis oder Turnen hatte. Dabei soll der ganz große Triumph noch folgen. Er soll der Superstar der Sommerspiele 2008 in Peking werden. "In vier Jahren sind wir die Veranstalter der Spiele. Dann bin ich 26 Jahre alt. Das ist doch das ideale Alter für einen Hürdensprinter", sagte Liu Xiang 2004 nach seinem Triumph in Athen.
Dass der Sieg in Peking nur über ihn führt, hat er in dieser Saison eindrucksvoll bewiesen. In einem der besten 110 Meter Hürdenrennen aller Zeiten stellte er Anfang Juli in Lausanne einen neuen Weltrekord auf. Sowohl Dominique Arnold aus den USA, als auch Liu Xiang blieben mit 12,90 bzw. 12,88 Sekunden unter der alten Bestmarke.
Konzentration auf das Training
Die Zeiten, die er im weiteren Verlauf des Jahres noch lief, bewiesen das große Potential des 1,89 Meter großen Modellathleten. Auch finanziell haben sich seine Leistungen für ihn ausgezahlt. Der Student der Wirtschaftswissenschaften macht Werbung für Milch, Kleidung, Softdrinks und Kreditkarten und soll damit angeblich noch einmal 2,8 Millionen Dollar pro Jahr verdienen.
Im seinem Heimatland kamen gleich die ersten kritischen Stimmen auf, er würde sich zu wenig auf den Sport konzentrieren und zu viele PR-Termine wahrnehmen. Doch Liu Xiang reagierte souverän und dementierte die Vorwürfe. "Ich habe gelernt, mit der Situation umzugehen und mich auf das Training zu konzentrieren."