Liu Xiang vor Rückkehr auf den Olymp
Bei Olympia in Peking stürzte er seine Fans in eine Art Schockstarre. Das verletzungsbedingte Aus ihres Idols Liu Xiang bei den Spielen im eigenen Land löste im Reich der 1,3 Milliarden Chinesen Volkstrauer aus. Nun steht der 28 Jahre alte Hürdensprinter, der 2004 in Athen (Griechenland) als erster Leichtathlet seines Landes Olympia-Gold gewonnen hatte, vor der Rückkehr auf den Olymp.
"Ich bin schon Olympiasieger und habe nicht darüber nachgedacht, ob ich in London gewinnen kann oder noch einmal Weltrekord laufe", sagte der frühere Hochspringer am Wochenende in Eugene (US-Bundesstaat Oregon), wo er wie gewohnt verhalten auf seinen neuen Paukenschlag über 110 Meter Hürden reagierte.Nur ein Hauch zu starken Rückenwindes (2,4 m/sec) verhinderte, dass der Weltranglisten-Spitzenreiter des Jahres (12,97 sec) wieder zum Weltrekordler aufstieg.
"Liu hält sich ganz bewusst zurück mit seinen Aussagen. Natürlich will er wieder Oympiasieger werden und den Weltrekord zurückholen. In seinem Umfeld geht man davon aus, dass er sogar schon unter 12,80 laufen kann. Er mag Regen, und wenn es beim Finale in London feucht wird, ist er kaum zu schlagen", sagt sein Manager Jos Hermens.
Druck vermeiden
Der Niederländer macht klar: "Liu ist nicht nur sehr bescheiden, er will vor allem die Erwartungen in China nicht noch schüren. Er hat 2008 gespürt, wie dieser Druck auf ihm lasten kann."
Vier Jahre vor den Spielen in Peking hatte Liu Xiang 2004 in Athen nicht nur sensationell Gold über 110 Meter Hürden gewonnen, sondern in 12,91 Sekunden auch den Weltrekord des Briten Colin Jackson egalisiert. Am 11. Juli 2006 wurde der 1,89 Meter große Mann aus Shanghai zum alleinigen Weltrekordhalter, als er beim Meeting in Lausanne (Schweiz) 12,88 Sekunden lief.
Sein WM-Titel 2007 in Osaka (Japan) wirkte wie die logische Konsequenz, und die wichtigste Medaille bei Olympia 2008 in Peking schien schon für ihn auf einem goldenen Tablett serviert.
Mühsame Rückkehr
Doch dann sorgte die streikende Achillessehne für das sportliche Drama bei den Heimspielen, der Kubaner Dayron Robles nahm ihm nach dem Weltrekord (zuvor 12,87 sec in Lausanne) auch noch das heißersehnte Gold. Ende 2008 wurde Liu Xiang vom Arzt des Basketballteams Houston Rockets, Tom Clanton, an der rechten Achillessehne operiert.
Die Rückkehr war mühsam. Erstmals war Liu Xiang 2010 bei der Hallen-WM in Doha (Katar) wieder auf Weltebene am Start (7.). 2011 schien dann in Daegu (Südkorea) erneut WM-Gold möglich, doch ausgerechnet Dayron Robles behinderte den Chinesen im Finale. Der Kubaner wurde disqualifiziert, Liu Xiang Zweiter hinter Überraschungssieger Jason Richardson.
Den US-Amerikaner und die gesamte Weltelite - mit Ausnahme des wegen Visaprobemen fehlenden Dayron Robles - schlug Liu Xiang am Samstag in Eugene: "Natürlich bin ich glücklich. Meine Steigerung ist vor allem Folge einer technischen Umstellung, denn ich laufe jetzt bis zur ersten Hürde sieben Schritte statt bisher acht. Aber dann habe ich vor der dritten Hürde einen Fehler gemacht, der sich bis zur sechsten auswirkte. Der Rückenwind hat mich zu sehr geschoben."
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)