London Calling – Fällt wieder ein "Weltrekord"?
Mit dem London-Marathon findet an diesem Wochenende ein absolutes Highlight der Frühjahrsmarathons statt. Schon im letzten Jahr bewiesen Paula Radcliffe und Khalid Khannouchi, welch absolute Spitzenzeiten möglich sind. Der US-Amerikaner Khalid Khannouchi ist dieses Jahr nach einer Mandelentzündung nicht am Start, Paula Radcliffe wird jedoch versuchen ihre Weltbestleistung zu unterbieten.
Paula Radcliffe bekommt in London männliche Pacemaker
Rund 35.000 Läuferinnen und Läufer werden für das Rennen am Sonntag in der englische Metropole erwartet. Eine halbe Millionen Zuschauer an der Strecke und weitere Millionen daheim vor den Fernsehapparaten verfolgen das Sportspektakel. London ist dafür bekannt, jedes Jahr Läufer der absoluten Spitzenklasse an den Start zu locken. Doch auch viele Hobbyläufer, die mit ihren Verkleidungen die Zuschauer unterhalten, werden sich wieder auf die 42,195 Kilometer begeben. Gleichzeitig ist der Marathon auch ein riesiges Wohltätigkeitsevent, bei dem jährlich mehrere Millionen Pfund für soziale Projekte erlaufen werden.
Der Star der Veranstaltung ist die Britin Paula Radcliffe, die hier erst ihren dritten Marathon bestreitet. Bei ihrer Marathonpremiere im letzten Jahr bei dieser Veranstaltung lief sie sofort 2:18:56 Stunden, die schnellste Zeit, die je in einem reinen Frauenrennen – also ohne männliche Mitstreiter, nachdem in London getrennt gestartet wird - gelaufen wurde. In Chicago, einem gemischten Rennen, war sie noch einmal schneller. 2:17:18 Stunden bedeuteten Weltbestzeit.
Paula Radcliffe glaubt an neue Weltbestzeit
Doch sie glaubt fest daran, dass sie auch diese Zeit noch unterbieten kann, auch wenn viele den Kurs für zu anspruchsvoll für dieses Unternehmen halten. "Khalid Khannouchi hat gezeigt, dass es geht", so Paula Radcliffe. Der gebürtige Marokkaner hatte vor Jahresfrist eine neue Weltbestleistung von 2:05:38 Stunden erzielt. Das Hauptziel der 10.000 Meter-Europarekordlerin sei jedoch der Sieg.
"Ich laufe um zu gewinnen, das ist das wichtigste." Damit jedoch trotzdem eine Weltbestzeit im Bereich des Möglichen liegt, haben die Organisatoren zum ersten Mal in zwölf Jahren männliche Tempomacher für das Frauenrennen engagiert. Diese Entscheidung war lange umstritten und erst vor kurzem wurde von der IAAF entschieden, dass ein möglicher Rekord anerkannt werden würde.
Doch ein Unfall im Trainingslager hätte die Rekordjagd von Paula Radcliffe bei ihrem einzigen Marathon dieses Jahr beinahe verhindert. Eine Radfahrerin brachte sie zu Fall. Glücklicherweise konnte sie aber weiter trainieren. "Ich bin in einer guten Verfassung", so Paula Radcliffe, trotzdem sieht sie sich nicht als überlegene Favoritin. Besonders Catherine Nderba (Kenia) und Derartu Tulu (Äthiopien) hat sie auf der Rechnung. "Das Feld ist das Beste, das es gibt, und ich weiß, dass es ein hartes Rennen werden wird."
Catherine Nderba akzeptiert Tempomacher
Catherine Nderba, die mit 2:18:47 Stunden die zweitschnellste je gelaufene Zeit einer Frau als Bestleistung stehen hat, berichtete bei einer Pressekonferenz, sie habe sich in ihrer Heimat Kenia sehr gut auf den Wettkampf vorbereitet und sei in einer besseren Form als im vorigen Jahr. Nicht besonders glücklich war sie über den Einsatz der männlichen Tempomacher. "Ich werde nach meiner eigenen Geschwindigkeit laufen." Zwischenzeitlich hatte sie sogar überlegt ihr Zusage zurück zu ziehen. "Ich habe mich nur der Mehrheit angeschlossen. Ich hatte keine Wahl."
Auch Derartu Tulu, die im letzten Jahr eher enttäuschend abschnitt, fühlt sich gut vorbereitet, nachdem sie ihr Training mehr auf Schnelligkeit abgestimmt hat. Doch eines ist den Läuferinnen bewusst, sie müssen sich enorm steigern, wenn sie Paula Radcliffe schlagen wollen.
Starkes Männerfeld trotz Khannouchis Absage
Auch bei den Männern ist trotz der Absage von Khannouchi, Inhaber der Weltbestzeit, ein hochklassiges Feld am Start. Angeführt wird es von Paul Tergat, dessen Bestleistung nur zehn Sekunden über der von Khalid Khannouchi liegt. Dies bedeutet die zweitschnellste Zeit, die je bei einem Marathon erzielt wurde. 13 weitere Läufer mit einer Bestleistung unter 2:10 Stunden bestätigen die enorme Leistungsdichte bei diesem Rennen.
Großes angekündigt hat Gezahegne Abera. Der äthiopische Weltmeister und Olympiasieger hat die Tempomacher gebeten, ihm zu einer Zeit zu verhelfen, die eine halbe Minute unter der Weltbestzeit von Khalid Khannouchi aus dem Vorjahr liegt. "Es ist das erste Mal, dass Gezahegne antritt, um eine schnelle Zeit zu laufen", so sein Trainer Mark Wetmore, der dem Rekordversuch optimistisch entgegen blickt.
Viel Prominenz ist am Start
Mit auf der Rechnung sollte man sicherlich auch den Kenianer Daniel Njenga haben. Er wurde in Chicago überraschend Zweiter und steigerte seine Bestleistung um fünf Minuten. Zwei weitere Läufer, die den London-Marathon bereits drei bzw. zwei Mal gewonnen haben, sind mit dem Portugiesen Antonio Pinto und Abdelkader El Mouaziz (Marokko) am Start. Sie alle werden sich um die Siegprämie von 55.000 Dollar streiten. Sollte dabei sogar eine neue Weltbestzeit herausspringen, werden sogar noch einmal 70.000 Dollar draufgelegt. Gleiches gilt für das Rennen der Frauen.
Doch auch Prominenz aus Politik, Film und Sport ist am Start. So läuft beispielsweise der slowakische Ministerpräsident Mikulas Dzurinda in London seinen bereits 18. Marathon. "Die letzten Umfragen zeigen, dass wir unter den Ländern der Europäischen Union nicht sehr bekannt sind." Das möchte er, der eine Bestzeit von 2:54:57 Stunden hat, ändern. Weitere britische Politiker, der ehemalige Mittelgewicht-Boxer Michael Watson, sowie die Schauspielerin Brenda Blethyn, die bereits für den Oscar nominiert war, bereichern das bunt gemischte Feld.