Lustig, lustig! Die etwas andere Jahresvorschau...
Selbst die Arbeit für ein schnelllebiges Medium wie dem Internet bedarf einiger Planung. So war es für unsere leichtathletik.de-Redaktion rund eine Woche vor dem Jahreswechsel höchste Zeit, um die "Sportfreunde des Nostradamus" in den Tiefen des Oberpfälzer Waldes aufzusuchen und im Gekröse unserer Opfertiere herumzustochern, den Flug der Schwalben zu analysieren und schließlich Tonnen von Blei zu vergießen. Das Ergebnis wollen wir Ihnen freilich nicht vorenthalten – von Folgendem werden Sie 2003 an gleicher Stelle noch ausführlicher lesen.
Nils Schumann begeistert im Münchner Olympiastadion 60.000 Rolling Stones-Fans (Foto: Gantenberg)
Sie haben den ersten Teil verpasst?Hier lang...9. Juli 2003: Das Leichtathletik-Meeting im Münchner Olympiastadion findet nun doch statt, nachdem die Rolling Stones wegen Keith Richards chronischer Arthrose ihre Europatournee abbrechen müssen. 60.000 Zuschauer sind restlos begeistert, als Nils Schumann den Uralt-Rekord von Willi Wülbeck in 1:42,99 Minuten unterbietet. Doch halt, Sie finden, es mangelt den letzten Zeilen an Ironie? Muss ja nicht immer sein. Schließlich ist die Vorstellung, dass einem Jahr nach den stimmungsvollen Europameisterschaften erneut Gänsehautstimmung unter dem Zeltdach einzieht, doch auch ganz reizvoll.
23. August 2003: Jürgen W. Möllemann fliegt nun doch nicht wie eigentlich geplant mit der deutschen Fahne zum Aufmarsch der Nationen in das "Stade de France" in Paris-St. Denis ein. Kurz vor dem Abflug fällt Delegationsleiter Dr. Schubert auf, dass Möllemann kein ST-Kader-Mitglied ist und nimmt dem streitbaren Politiker den Fallschirm ab.
Im Kurzsprint herrscht ebenso schlechte Laune, nachdem alle Hoffnungsträger bereits nach dem Vorlauf ausgeschieden sind. Sina Schielke gesteht danach unter Tränen den deutschen Fernsehzuschauern: "Ich habe Tim nie geliebt, aber wir dachten, dass wir vielleicht auf diesem Weg dem deutschen Sprint aus der Krise helfen."
25. August 2003: Larissa Kleinmann joggt nach einer selbstlos durchgearbeiteten Nacht am frühen Morgen bei einem lockeren Besichtigungslauf die Marathonstrecke der WM in Paris in 2:15 Stunden und wird damit ihrem bei der Europameisterschaft in München erworbenen Ruf als "Flying Journalist" gerecht. Dem Drängen von Chef-Bundestrainer Dr. Bernd Schubert, DLV-Vize-Präsident Rüdiger Nickel und Generalsekretär Frank Hensel auf eine Nachnominierung für den Frauen-Marathon gibt sie trotzdem nicht nach. Statt in den Leistungssport zurückzukehren, akzeptiert "Lilli-Hammer" ein hochdotiertes Angebot von "Runner's World" und wird dort mit 24 Jahren die jüngste Chefredakteurin aller Zeiten.
31. August 2003: Elena Herzenberg nimmt sich am letzten Tag der WM in Paris ein Beispiel an ihrem Hochsprung-Kollegen Martin Buß und überwindet damit ihr Trauma bei internationalen Großereignissen. Sie wartet geduldig, bis Hestrie Cloete, Kajsa Bergqvist und Marina Kuptsova bei 2,05 Metern ausscheiden, um dann bei 2,08 Meter im ersten und einzigen Versuch zu Gold zu springen. In der Mixed Zone verweigert sie auf Empfehlung von Annika Becker die obligatorischen Siegerinterviews: "Verzeiht mir bitte, aber ich glaube, ich bin nicht die Richtige dafür." Sie will in Wirklichkeit aber nur Tim Lobinger und Lars Börgeling nicht die Show stehlen, die dort seit drei Tagen und drei Nächten in endlosen, herzzerreißenden Monologen verzweifelt nach Erklärungen suchen, warum es wieder nur zu Silber und Bronze gereicht hat.
28. September 2003: TV-Star Oliver Geissen gewinnt den Berlin-Marathon in neuer Weltbestzeit von 1:59:59 Stunden und schreibt als erster Mann unter zwei Stunden Marathongeschichte. Bundestrainer Wolfgang Heinig ist restlos begeistert, nur ein gewisser "Fatzratz" lehnt im leichtathletik.de-Forum trotzdem massiv Geissens Nominierung zum "Leichtathleten des Monats" ab und löst damit eine neue Rekorddiskussion mit 25.955 Einträgen innerhalb von 24 Stunden aus. Der Andruck des überarbeiteten "Guiness-Buch der Rekorde" wird schnellstens gestoppt und auf unbestimmte Zeit verschoben.
21. Oktober 2003: Das IAAF-Council erkennt nach einer jüngst eingeführten Regel den russischen Gehern Alexandre Potaschow und Andrej Perlow, die bei Weltmeisterschaften 1991 nach 50 Kilometern Hand in Hand über die Ziellinie gingen, ihre errungenen Medaillen nun doch ab. Die Regel 231/B im Wortlaut: Athleten, die aus purem Respekt gegenüber ihrem Konkurrenten oder aufgrund beispielloser Fairness versuchen, die Zielkamera zu narren, sind ohne Angabe weiterer Gründe zu disqualifizieren.
7. November 2003: Die türkische Tageszeitung Hürriyet ist der neue Hauptsponsor des LAC Qüelle Fürth/München/Würzburg. Der Leiter des Berliner Büros von Hürriyet, Ahmet Kühlaci, zeigt sich begeistert über die überraschende Zusammenarbeit: "Wir haben einen Verein gesucht, dessen Namen hundertprozentig zu unserem Produkt passt." Dass sich der LAV Tübingen gleichzeitig darüber informiert, ob Leichtathletikgemeinschaften auch über Landesgrenzen hinaus gebildet werden können, erweist sich im Nachhinein als übles Gerücht.
10. Dezember 2003: Bei der Präsidiumssitzung des DLV herrscht allgemeine Ratlosigkeit. Nachdem nun auch die Stadien in Wattenscheid, Erfurt, Stuttgart und Braunschweig in reine Fußballarenen umgewandelt wurden, bleiben auf der Bewerberliste um die Deutschen Meisterschaften 2005 lediglich Riederich, Veitshöchheim und Flein übrig. Zumindest vermelden die Anwärter bereits ausverkaufte Bezirkssportanlagen. Frohe Kunde kommt dagegen aus Hessen. Kassel bewirbt sich auf einen Schlag für die Jahre 2007 bis 2029. Das alt-ehrwürdige Auestadion soll bis dahin auf ein Fassungsvermögen von 100.000 Zuschauern erweitert werden. Um die sanierte Arena zu füllen, wurde bereits jetzt Jürgen W. Möllemann vorsorglich für den Dreisprung verpflichtet. Außerdem sollen die "No Angels" überredet werden, die 22 Jahre lang gegen Heike Drechsler und Stefan Raab im Speed-Walking anzutreten.
12. Dezember 2003: Bei der DLV-Weihnachtsfeier in Reinheim befreit Mediendirektor Peter Schmitt den Nachwuchs-Bundestrainer Rudolf Schön aus den Klauen eines männlichen Bauchtänzers und rettet ihm damit das Leben. Gerüchte, nach denen es sich bei dem orientalischen Künstler um den Sohn eines internationalen Leichtathletikfunktionärs handeln soll, entbehren diesmal jeglicher Grundlage.
19. Dezember 2003: Oliver Geissen wird in der "Harald Schmidt Show" zum Liebling des Jahres gewählt und tritt die Nachfolge von Rudi Völler an. In der Gunst der Zuschauer setzt er sich gegen keine Geringeren als Jürgen W. Möllemann, Heike Drechsler, Frank Thaleiser, Elena Herzenberg und den noch unbekannten Bauchtänzer von Reinheim durch. Die deutsche Leichtathletik ist wieder wer und überholt in der Zuschauergunst die Fußball-Bundesliga und Mitternachts-Marktführer Harald Schmidt!
2. Januar 2003: Fünf Lesern und einem DLV-Funktionär gefällt diese Vorschau allen Ernstes und sie kündigen daraufhin ihr Abo des Leichtathletik-Magazins. Zwei deutsche Hochspringerinnen bieten außerdem leichtathletik.de ein Exklusiv-Interview an.