Lutz Dombrowski wird Fünfzig
„Olympia-Meister“ nennen die Kinder ihren Stadtsportlehrer manchmal. Als Lutz Dombrowski 1980 mit 8,54 Metern in Moskau (Russland) zum Olympiasieg flog, schrieben die Zeitungen vom „Bob Beamon des Flachlands“. Am Donnerstag (25. Juni) wird der gebürtige Zwickauer, der seit 1992 als Leichtathletik-Trainer für die LG Staufen und Lehrer des Stadtverbandes Sport im schwäbischen Waldstetten arbeitet, 50 Jahre alt.
Mit seinem Satz auf den damaligen „Flachland-Weltrekord“ weckte Lutz Dombrowski bei den Boykottspielen in Moskau die Erinnerung an den 8,90-Meter-Wundersprung von Bob Beamon (USA) 1968 in der Höhe von Mexiko-Stadt (2.248 m). „Ich befasse mich nicht mit dem Gedanken, Weltrekord zu springen“, sagte der 21-Jährige damals und bekräftigt diese Haltung auch 29 Jahre später: „Mir ging es nie um die Weite, sondern immer ums Gewinnen. Tolle Leistungen sind nur Begleitmusik.“Mit 20.000 DDR-Mark wurde sein Olympiasieg belohnt. „Davon habe ich mir einen Wartburg 353 W gekauft“, erzählt Lutz Dombrowski. Dank des Rekordsprungs wurde der Wagen in der Rekordzeit von zwei Jahren ausgeliefert, ein Privileg für erfolgreiche DDR-Sportler. Sonst betrug die Wartezeit auf ein Auto bis zu 20 Jahre.
Als Spitzel geoutet
Nach der Wende outete sich Lutz Dombrowski, der aus einer Großfamilie stammt und elf Geschwister hat, als erster ehemaliger DDR-Sportler im Herbst 1991 als Stasi-Spitzel. Mit dem offenen Bekenntnis zu seiner Vergangenheit räumte er den Weg in die Zukunft frei. „Mich hat das selber immer belastet. Ich wollte den Ballast einfach loswerden“, sagt er rückblickend mit einem immer noch breiten sächsischen Akzent.
Dabei lebt der Vater von drei Kindern - Tochter Susann war eine begabte Sprinterin und beendete ihre Karriere nach gesundheitlichen Rückschlägen erst vor wenigen Monaten - seit 1992 im Schwabenland. „Anfangs haben mich meine Schüler und Sportler teilweise nicht verstanden. Mittlerweile geht es gut, sie verstehen Sächsisch und ich Schwäbisch“, erzählt der „Lehrer mit der Goldmedaille“.
Kein Rekord mehr für die Ewigkeit
Die Arbeit an der Basis - darin geht Lutz Dombrowski heute auf: „Für mich wäre es undenkbar, im Spitzensport Bundestrainer zu sein. Ich liebe die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.“ Fast täglich steht er auf dem Sportplatz: „Während der Woche ist von 13 bis 20 Uhr Highlife. Erst kommen die Grundschüler, dann die Kaderathleten des Vereins.“
Seit der Bremer Sebastian Bayer im März in Turin (Italien) in der Halle 8,71 Meter gesprungen ist, scheint Lutz Dombrowskis deutsche Freiluft-Bestmarke von Moskau kein Rekord mehr für die Ewigkeit. „Ich hoffe sehr, dass Sebastian ihn mir eines Tages abnimmt“, sagt er.
Doch der ehemalige Athlet des SC Karl-Marx-Stadt, der am 28. Juli 1980 in Moskau auch mit seinem drittbesten Versuch von 8,32 Metern gewonnen hätte, weiß auch um den Druck, der seit Turin auf Sebastian Bayer lastet: „Das ist ein wahnsinniger Rucksack.“ Er selbst hatte es geschafft, vier Jahre nach dem Olympiasieg noch einmal 8,50 Meter nachzulegen.