Männer: Die große Vorschau auf die Hallen-DM
Wer sind die besten Leichtathleten Deutschlands? Am Wochenende (22./23. Februar) kämpfen 467 Athleten bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig um die Titel und die allerletzten Tickets für die Hallen-Weltmeisterschaften in Sopot (Polen; 7. bis 9. März). Wir verraten Ihnen, wer die Favoriten bei den Männern sind und wer für eine Überraschung gut sein könnte.
Frauen: Die große Vorschau60 METER |
Es ist eine Premiere: Erstmals treffen in diesem Winter die besten Sprinter Deutschlands aufeinander. Titelverteidiger Julian Reus (TV Wattenscheid 01) hat sich bisher auf seine Bachelorarbeit konzentriert und einen Trainingsrückstand, den er aufgrund eines Bundeswehrlehrgangs Ende letzten Jahres in Warendorf hatte, aufgearbeitet. „Ich gebe alles, um in Leipzig topfit zu sein“, sagt Reus, der in der Arena seinen ersten und einzigen Hallenauftritt in diesem Jahr gibt. Sein Saisondebüt gibt auch der Berliner Lucas Jacubczyk, den bislang eine Erkältung ausgebremst hatte. Der Papierform nach ist aber der Stuttgarter Alex Schaf der Gejagte. Der 25-Jährige führt mit 6,59 Sekunden die aktuelle Bestenliste an und hat als bislang einziger deutscher Sprinter die Hallen-WM-Norm (6,62 sec) erfüllt. Diese erhofft sich auch der Wattenscheider Christian Blum, der in diesem Winter bereits zweimal um die Winzigkeit einer Hundertstel an der Norm vorbeilief.
200 METER |
Die Rückkehr nach Wattenscheid scheint Sebastian Ernst gut zu bekommen. Der Hallenrekordler führt mit 20,73 Sekunden die aktuelle Bestenliste an – so schnell war im ganzen letzten Winter kein deutscher Sprinter. Überhaupt – die Wattenscheider. Die Vorzeichen stehen gut für einen Wattenscheider-Doppelschlag, denn auch der U23-EM-Teilnehmer Robin Erewa hat in diesem Jahr schon mit 21,01 Sekunden aufhorchen lassen. Zudem hat Dauerbrenner Alexander Kosenkow für diese Strecke gemeldet und ist immer für eine Medaille gut. „Ich habe an Leipzig gute Erinnerungen, weil ich dort den Deutschen Hallenrekord gelaufen bin, aber auch schlechte, weil ich zwei Mal gegen Alexander Kosenkow verloren habe“, sagt Sebastian Ernst. „Trotzdem bin ich froh, dass Alex läuft, weil auch ich dann bisher immer schnell gelaufen bin.“ Die besten Chancen, in die Phalanx der Blauhemden einzubrechen, hat Alexio Platini Menga. Der Leverkusener ist nach langer Verletzungspause auf dem Weg zurück zu alter Stärke und bislang bei 21,14 Sekunden angekommen.
400 METER |
Kann der Deutsche Freiluft-Meister auch unterm Hallendach siegen? David Gollnow (LG Stadtwerke München), der eigentlich ein Hürdenspezialist ist, reist mit der schnellsten Saisonbestleistung in die Arena. 47,13 Sekunden hat er in diesem Winter schon gezeigt und ist damit eine Sekunde schneller als seine Konkurrenten. Interessant wird auch der Auftritt von Varg Königsmark, hat der Magdeburger doch schon im Trainingslager in Südafrika eine klasse Zeit über 400 Meter Hürden vorgelegt und Top-Form bewiesen. Titelverteidiger Thomas Schneider (SC Magdeburg) verzichtet auf die Hallensaison und bereitet sich schon auf den Sommer vor.
800 METER |
Es könnte der erste deutsche Meistertitel bei den Aktiven für Andreas Lange (LG Reinbek/Ohe) werden. Der Vierte der U23-EM führt mit 1:47,63 Minuten die deutsche Bestenliste an – aber Vorsicht, denn mit Patrick Zwicker (LC Rehlingen) lief der U20-Europameister nur den Hauch einer Hundertstel langsamer. Dass Zwicker spurtstark ist, bewies er zuletzt am vergangenen Wochenende als er im DM-Finale über 3x1.000 Meter der Männer, das traditionell bei der Jugend-Hallen-DM ausgetragen wird, auf den letzten 200 Metern noch U23-EM-Starter Kevin Stadler (Erfurter LAC) niederrang und so für sein Team Silber holte. Auf Stadler trifft er auch in Sindelfingen wieder. Um die Titelverteidigung geht es für Robin Schembera, doch der Leverkusener ist gewarnt, denn die etwas jüngere Konkurrenz ist im Aufwind.
1.500 METER |
Entscheidet sich Homiyu Tesfaye (LG Eintracht Frankfurt) für einen Start über diese Strecke, gemeldet hat er nämlich auch über 3.000 Meter, dürfte er nur schwer zu schlagen sein. Der Fünfte der Weltmeisterschaften ist nach schwachem Start in die Hallensaison der Konkurrenz inzwischen schon um vier Sekunden enteilt und hat mit 3:37,35 Minuten die Hallen-WM-Norm (3:39,50 min) locker unterboten. Mit Ambitionen reist auch der Regensburger und Titelverteidiger Florian Orth an, der Tesfaye im Vorjahr in Dortmund noch knapp um fünf Hundertstel geschlagen hat. Im letzten Jahr war auch er es, der die deutschen Farben bei der Hallen-EM vertreten hat. Gemeldet hat auch der ehemalige Vize-Europameister über diese Strecke, Carsten Schlagen (LG Nord Berlin), der in diesem Winter aber bislang nicht über 3:43,50 Minuten hinaus kam.
3.000 METER |
Das Feld ist offen – ebenso wie die genauen Teilnehmer. Carsten Schlangen (LG Nord Berlin) und Homiyu Tesafaye (LG Eintracht Frankfurt) haben sowohl für 1.500 Meter als auch für die 3.000 Meter gemeldet. Beide haben sie Chancen auf den Sieg, Schlangen gar einen Titel zu verteidigen. Für eine Überraschung könnte aber ein ganz anderer sorgen. Der Münchener Clemens Bleistein, im letzten Jahr noch Vizemeister in Dortmund, hat sich am vergangenen Wochenende auf 7:54,11 Minuten gesteigert. Im letzten Jahr hätte diese Zeit für den deutschen Meistertitel gereicht. Der Vize-Europameister über 5.000 Meter Arne Gabius (LAV Stadtwerke Tübingen) hat für Leipzig nicht gemeldet.
60 METER HÜRDEN |
Kann Erik Balnuweit seinen Titel verteidigen? Der Leipziger konnte bislang als einziger Hürdensprinter die WM-Norm von exakt 7,65 Sekunden knacken – doch Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen) ist in Lauerposition. Mit einer Saisonbestleistung von 7,70 Sekunden ist der Dritte der U23-EM nicht mehr allzu weit entfernt, und dass er noch schneller kann, hat er bereits bewiesen, liegt seine Bestleistung unterm Hallendach doch bei 7,59 Sekunden. Finalchancen haben auch die beiden Zehnkämpfer Rico Freimuth (SV Halle) und Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied), die sicher ihre Freude daran hätten, die Spezialisten zu ärgern. Gemeldet ist zwar auch der Deutsche Freiluft-Meister Matthias Bühler, doch der Offenburger hat sich nach einigen verkorksten Rennen über die Hürden bereits wieder in die USA verabschiedet, wo er sich gemeinsam mit Weltrekordler Aries Merritt (USA) auf die Sommersaison vorbereitet.
4x200 METER |
Staffeln – das ist eigentlich Wattenscheider Hoheitsgebiet. War, muss man sagen, denn im letzten Jahr durchbrach das Quartett von der LG Stadtwerke München die seit 2002 andauernde Herrschaft des TV Wattenscheid auf dieser Strecke. In diesem Jahr kommt es zur Revanche. Der Papierform nach reisen die Wattenscheider nämlich mit den besten 200-Meter-Sprintern Deutschlands um Rekordhalter Sebastian Ernst nach Leipzig. Neben den Münchenern um den Deutschen Freiluft-Meister David Gollnow ist auch das Team vom SCC Berlin nicht zu unterschätzen, steht in ihrem Aufgebot doch der amtierende Deutsche Meister über die Hallenrunde, Maximilian Kessler.
HOCHSPRUNG |
Martin Günther gegen Raúl Spank – die Vorzeichen für dieses Duell stehen gut. Beide hatten in der Vergangenheit mit Verletzungen zu kämpfen, beide haben einen neuen Trainer und beide sind auf dem Weg zurück. Der Frankfurter trainiert neuerdings in einer Gruppe mit Europameister Robbie Grabarz in Birmingham und sprang in diesem Jahr bereits 2,26 Meter. Raúl Spank, der WM-Bronzemedaillengewinner des Jahres 2009, indes ist seit Ende letzten Jahres in Berlin zu Hause und sprang unter seinem neuen Trainer Rainer Pottel schon wieder 2,24 Meter. In ähnlichen Sphären bewegt sich auch der U23-EM-Teilnehmer Mateusz Przybylko (TSV Bayer Leverkusen), der mit 2,23 Metern eine neue Hallenbestleistung aufstellen konnte. Titelverteidiger Matthias Haverney (Dresdener SC) hat dagegen seine Karriere beendet und ist nicht am Start.
STABHOCHSPRUNG |
Die größten Stars fehlen. Weltmeister Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken) hat die Hallensaison aufgrund langwieriger Rückenprobleme beendet, der Olympia-Zweite und Titelverteidiger Björn Otto (ASV Köln) konnte sie wegen eines Längsrisses in der Achillessehne gar nicht erst beginnen. So scheint der Weg frei für den Wattenscheider Malte Mohr, der die Norm für die Hallen-WM (5,75 m) als einziger deutscher Stabhochspringer bereits gemeistert hat. Für den Olympia-Neunten wäre es der dritte Titel unterm Hallendach. Doch Vorsicht: Bei der Generalprobe, also seinem letzten Wettkampf vor der Hallen-DM, wackelte der 27-Jährige gewaltig. In Donetsk (Ukraine) scheiterte er dreimal an seiner Einstiegshöhe. Diese Schwäche könnte am ehesten Karsten Dilla (TSV Bayer 04 Leverkusen) nutzen. Der Zweite der U23-EM des Jahres 2011 scheiterte am Wochenende in Potsdam erst an der WM-Norm.
WEITSPRUNG |
Der Weg scheint frei für Titelverteidiger Christian Reif (LC Rehlingen). In Abwesenheit von Europameister Sebastian Bayer (Hamburger SV) und dem Deutschen Freiluft-Meister Alyn Camara (TSV Bayer Leverkusen), die sich beide auf die Sommersaison konzentrieren, sollte der ehemalige Europameister nicht zu schlagen sein. Reif ist bislang der einzige Springer, der in diesem Winter die Acht-Meter-Marke überbieten konnte. Doch bei seiner Saisonbestleistung von 8,02 Metern soll es nicht bleiben. „Ich will die Kluft zwischen Halle und Freiluft verringern und gern auch im Winter zwischen 8,20 und 8,25 Meter springen“, sagt Reif. Zur Orientierung: Die Norm für Sopot liegt bei 8,16 Metern. Mit im Feld ist auch Acht-Meter-Springer Julian Howard (LG Region Karlsruhe) und der U23-Europameister im Zehnkampf, Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied).
DREISPRUNG |
Es soll sein sechster Meistertitel werden: Andreas Pohle (ASV Erfurt) führt mit 16,30 Metern und einem halben Meter Vorsprung die aktuelle Bestenliste an. „In Leipzig muss es noch ein bisschen weiter gehen“, sagte der 32-Jährige nach diesem Sprung Anfang Februar in Erfurt, der ihm nach einer bisher mäßigen Saison Selbstvertrauen gab. „Ich habe mich selber unterschätzt.“ Hinter ihm ist das Feld offen. Einer seiner ärgsten Widersacher könnte aus der eigenen Trainingsgruppe kommen. Marcel Kornhardt (ASV Erfurt), Teilnehmer der U23-EM, hat sich in diesem Winter bereits auf 15,86 Meter gesteigert. Hinter ihm tobt eine Zentimeterschlacht, in die auch der U20-Meister Maximilian Heß (LAC Erdgas Chemnitz; 15,82 m) verstrickt ist.
KUGELSTOSS |
Wer, wenn nicht David Storl? Nur eine Verletzung könnte den Weltmeister aus Chemnitz auf seinem Weg zu seinem dritten Hallen-Titel stoppen. Zu überlegen präsentierte sich der Olympia-Zweite in diesem Winter. Zu groß (knapp zwei Meter) ist sein Vorsprung auf die Konkurrenz. 21,33 Meter hat er in diesem Jahr bereits gestoßen. „Ich kann noch weiter“, sagt Storl, der auch als Medaillenkandidat zur Hallen-WM nach Sopot reist. Um die Plätze in seinem Schatten kämpfen indes der Sindelfinger Marco Schmidt (SR Yburg Steinbach) und Tobias Dahm (VfL Sindelfingen), der sich in diesem Jahr schon um fast einen halben Meter steigern konnte. Beide haben in diesem Jahr 19,43 Meter gestoßen. Mit am Start ist auch der U18-Weltmeister Patrick Müller (SC Neubrandenburg), der erst am Wochenende Gold mit der Kugel und Bronze mit dem Diskus bei den Jugend-Hallenmeisterschaften holen konnte. Der Titelverteidiger ist indes nicht am Start. Der Neubrandenburger Ralf Bartels hat seine Karriere im letzten Sommer beendet – David Storl war letzten Winter in Dortmund nicht am Start.
Frauen: Die große Vorschau
Hallen-DM in Leipzig (22./23. Februar)
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