Magdeburg macht Nachwuchsläufer flott
Magdeburg ist vor allem für die deutschen Werfer eine bekannte Adresse. Doch im Nachwuchsbereich tut sich auch einiges bei den Läufern. Stephan Törmer (800 Meter), Lukas Motschmann, Julius Lawnik, Max Glöckner (alle 1.500 Meter) und Johannes Motschmann (3.000 Meter/2.000 Meter Hindernis) pirschen sich an die deutsche Spitze heran. In den vergangenen Monaten haben sie bereits für viele glänzende Momente gesorgt. Trainiert wird das Quintett am Olympiastützpunkt in Magdeburg von Jürgen Eberding.
Viel Freude bereiten Jürgen Eberding seine Schützlinge, die alle dem DLV-Nachwuchskader angehören, bereits beim Training. „Die Dynamik in der Gruppe ist sehr gut, die Atmosphäre sehr angenehm“, beschreibt der 56-Jährige die Zusammenarbeit. Was sicherlich daran liegt, dass die Jungs fast gleich alt sind.Zu den Ältesten im Team gehören die Zwillingsbrüder Lukas und Johannes Motschmann. Das vom Alter, beide sind 18, und von der Zugehörigkeit zur Trainingsgruppe. „Beide sind bei mir seit 2006, gehörten vorher schon zur Allgemeinen Trainingsgruppe des SCM.“ Max Glöckner (16) und Stephan Törmer (17) wechselten zu Beginn des Schuljahres 2008/2009 nach Magdeburg, Julius Lawnik (17) kam im Winterhalbjahr 2009.
Zweimal im Jahr wird gesichtet
Wie die meisten Athleten wurden die Fünf vorher gesichtet. „Es gibt zwei Möglichkeiten“, holt Jürgen Eberding etwas aus, „entweder über die zentrale Sichtung des Landesfachverbandes oder über die Sichtungen bei den Wettkämpfen mit anschließenden individuellen Gesprächen mit den Übungsleitern, den in Frage kommenden Athleten und deren Eltern.“
Bei einer im Jahr stattfindenden zentralen Sichtung des Landesfachverbandes, die jährlich zwischen Magdeburg und Halle/Saale wechselt, werden die Aktiven aus den Vereinen direkt eingeladen. So wurde Mitte November in Halle nach Talenten Ausschau gehalten, Magdeburg übernimmt die Aufgabe 2013. Für Athleten, die am zentralen Sichtungstag nicht können, wird zusätzlich ein zweiter Termin im Jahr dezentral in Halle und in Magdeburg angeboten. In Magdeburg war es am Samstag wieder der Fall.
Talentsuche mit Beobachtung
Die Frage, woran ein Trainer Talent erkennt, steht für Jürgen Eberding „auch immer im Raum“. Er überlegt lange. „Wenn man einen Athleten persönlich ein bisschen kennt, dann stehen die Wettkampfleistungen, die gezeigten Zeiten beziehungsweise die körperlichen Voraussetzungen im Mittelpunkt. Mir ist besonders wichtig, dass ich den Athleten im Wettkampf beobachte und wie er sich dort verhält.“
Aus dem Gezeigten und dem Gesehenen versucht der Trainer das Beste für sich herauszuziehen. In dem Fall, dass er einen Athleten näher kennengelernt hat, spielen andere Faktoren wie die Einstellung und der Charakter eine Rolle, die Aufschluss darüber geben, ob jemand talentiert ist.
Nachwuchsläufer trainieren fast alle zweimal täglich
Talent haben die fünf Nachwuchsläufer zweifelsohne. Doch allein Talent macht noch keinen Spitzensportler. Dafür braucht es Training. Im Fall von Stephan Törmer sowie Lukas und Johannes Motschmann zweimal täglich. „Die drei befinden sich im Abiturkurs in der Streckung und haben so die Möglichkeit jeden Tag zweimal, vormittags und nachmittags, zu trainieren.“
Anders sieht es bei Julius Lawnik, er besucht die 10. Klasse der Sport-Sekundarschule, und dem Gymnasiasten Max Glöckner, ebenfalls 10. Klasse, aus. „Beide können nur zweimal täglich, immer montags und mittwochs trainieren, an den anderen Tagen nur nachmittags“, erklärt Jürgen Eberding, der selbst aktiver Leistungssportler in Diensten des SC Magdeburg war.
In die Ergebnislisten trug er sich als Marathonläufer ein, nahm unter anderem 1980 bei den Olympischen Spielen in Moskau (Russland) teil. Neben dem Sport lag der Fokus auf seinem Studium an der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) in Leipzig. „Mein Wunsch war es immer nach meiner Zeit als Leistungssportler als Trainer tätig zu werden.“ Seine Erfahrungen gibt er nun seit 23 Jahren als Lauftrainer vorwiegend an den Nachwuchs weiter.
Trainingsschwerpunkte: Grundlagen und Ausdauer
Aktuell betreut er etwa 20 Nachwuchsathleten. Zu den beiden Vormittagseinheiten, um 9 und um 11 Uhr, hat er jeweils die Hälfte unter seinen Fittischen. Nachmittags sind dann immer alle beim Training dabei. Auf dem Trainingsplan stehen zwei Wörter: Grundlagen und Ausdauer. Ein speziell auf die Kaderathleten zugeschnittenes Training gibt es, aber „wir befinden uns jetzt in einer Phase, in der ich keine große Differenzierung mache“.
Ein bisschen differenzieren musste er dann doch, denn einige seiner Schützlinge tauschten im November die Tartanbahn gegen das Gelände ein, nahmen an Crossläufen in Pforzheim, Haldensleben und Darmstadt teil. Beispielsweise kehrte Johannes Motschmann als Schnellster in der Altersklasse U20 aus Pforzheim zurück. Am vergangenen Wochenende empfahl er sich mit dem zweiten Platz beim Darmstadt-Cross über 6.700 Meter für die Cross-Europameisterschaft am 9. Dezember in Budapest (Ungarn). In der Konkurrenz U18 siegte Julius Lawnik über 4.400 Meter.
Meistertitel und Erfahrungen sammeln
In der Freiluftsaison hatte Jürgen Eberding viele Gründe sich zu freuen. Da waren die neuen persönlichen Bestleistungen seiner fünf Athleten. Bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften in Mönchengladbach gab es zudem Medaillen zu bejubeln. So wie die über die 800 Meter, der gebürtige Hecklinger Stephan Törmer erkämpfte sich in der Altersklasse U18 den Titel des Deutschen Jugendmeisters.
Selbe Altersklasse, andere Strecke: Über die 1.500 Meter stürmte Julias Lawnik das Siegertreppchen. In der Altersklasse U20 belegte Lukas Motschmann im Finale über die 1.500 Meter den fünften und über 3.000 Meter den sechsten Rang. Sein Bruder Johannes holte sich über die 3.000 Meter den Vizetitel sowie Platz fünf über 2.000 Meter Hindernis.
Für Julius Lawnik hielt das Jahr noch einen weiteren Höhepunkt parat. Der 17-Jährige erfüllte die Norm über die 1.500 Meter für die U20-Weltmeisterschaft in Barcelona (Spanien). Sein Ziel lautete: Erreichen des Endlaufs. Nach dem Vorlauf stand Platz neun zu Buche. „Das ist schon alles ein bisschen ungewohnt. Aber für mich ist es wichtig, Erfahrungen zu sammeln. Eventuell kann ich nächstes Jahr bei der U20-EM was reißen - oder in zwei Jahren bei der nächsten WM“, sagte er nach seinem Lauf.
Saisonhöhepunkt ist die Jugend-DM
Über große Ziele im kommenden Jahr hat Jürgen Eberding mit seinen Schützlingen noch nicht gesprochen. „Der Höhepunkt ist die Deutsche Jugend-Meisterschaft Ende Juli in Rostock“, sagt Jürgen Eberding und schaut weiter voraus, „inwieweit sich Johannes und Julius für den einen oder anderen internationalen Höhepunkt wie die Jugend-Europameisterschaft qualifizieren können, das steht noch in den Sternen. Zumal ich auch noch nicht die konkreten Normen kenne.“
Julius Lawnik könnte erneut den Sprung ins Jugend-Nationalteam schaffen: „Die Ausgangsposition ist für Julius sicherlich nicht schlecht eventuell den internationalen Höhepunkt anzugehen. Wenn er sein Potenzial weiter entwickeln und ausschöpfen kann, dann wird er sicherlich in der Lage sein, die U20-EM-Norm zu laufen. Die Möglichkeit haben drei, vier andere auch und da muss er sich erstmal in Deutschland durchsetzen.“
Das Nahziel formuliert Jürgen Eberding klar: „Das ist die Verbesserung ihrer Bestleistungen. Ich gehe davon aus, wenn meinen Athleten dies gelingt, dann ist schon mal der erste Schritt getan. Inwieweit es für den Normbereich für internationale Wettkämpfe reicht, das müssen wir abwarten. Ich setze die Jungs aber nicht so sehr unter Druck, dass sie unbedingt die Norm für die Jugend-EM schaffen müssen. Für den einen oder anderen könnte der Schritt vielleicht noch zu groß sein. Deshalb setzen wir uns für das nächste Jahr vernünftige Ziele wie die Verbesserung der Bestleistung.“
Ehrgeiz und Trainingseinstellung stimmen
Bevor die Freiluftsaison wieder ruft, geht es in den nächsten drei Monaten in der Halle um gute Ergebnisse. „Wir werden in diesem Jahr noch ein, zwei Hallenwettkämpfe machen, die Saison beginnt für uns im Januar und Februar. Ich hoffe, dass wir mit drei, vier Athleten aus dem C-Kader bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften in Halle am Start sind.“
An den Grundlagen wird gegenwärtig im Training gearbeitet. Besonders imponiert Jürgen Eberding der Ehrgeiz und die Trainingseinstellung seiner fünf Kaderathleten, die „im Moment zu 100 Prozent stimmt“. In den Einheiten übernimmt er nicht die Rolle des Antreiber, sondern die des Bremsers. „Wenn die Jungs im Lauf sind, dann übertreiben sie es manchmal und es kann wild werden. Jeder will den anderen toppen.“
Als Gegenmaßnahme setzt Jürgen Eberding die Gruppen so zusammen, dass nicht alle fünf in einer sind. „Sie sollen dort in ihrem Rahmen laufen, sich an die Vorgaben, die da sind, halten. Sie sollen nicht immer schneller laufen als die Vorgaben sind. Das wollen sie immer, aber das ist im Training nicht immer gut. Sie sollen vernünftig laufen lernen.“ Aus den kleinen Sternen sollen ja irgendwann Stars werden.