| Porträt

Manuel Eitel - Ein Multitalent startet durch

Zwischenzeitlich hatte er die Hoffnung auf den Rekord schon aufgegeben. Über 1.500 Meter war es schließlich eine rührende Teamleistung, die Manuel Eitel Flügel verlieh: Mit 7.737 Punkten stellte der 17 Jahre alte Ulmer Ende August in Bernhausen eine neue deutsche U18-Bestleistung im Zehnkampf auf. Abheben wird er danach nicht – in seiner Trainingsgruppe ist er damit nur die Nummer vier.
Silke Morrissey

Wenn Manuel Eitel an Tag zwei der Mehrkampf-DM in Bernhausen zurück denkt, gerät er noch immer ins Schwärmen. Obwohl der Tag alles andere als ideal begann. Nämlich aufgrund muskulärer Probleme mit einem Besuch beim Physiotherapeuten, mit sintflutartigen Regenfällen während der 110 Meter Hürden und im Stabhochsprung bei ähnlich schlechten Bedingungen mit eher schwachen 4,00 Metern. „Danach habe ich mich vom Gedanken an den Rekord verabschiedet“, gesteht er.

Im Speerwurf jedoch präsentierte sich der 17-Jährige gleich darauf mit 58,11 Metern unerwartet stark, und schon war er wieder im Rennen um die acht Jahre alte deutsche Bestmarke von Jan Felix Knobel (7.735). Mit einem glänzenden ersten Tag – unter anderem 10,65 Sekunden über 100 Meter und 7,24 Metern im Weitsprung – hatte er dafür die Grundlage gelegt.

Alle ziehen an einem Strang

Vor den 1.500 Metern begannen dann die Rechenspiele. „Mein Trainer Christopher Hallmann hat mir einen Plan von Zwischenzeiten vorlegt“, erinnert sich Manuel Eitel, gesteht aber: „Ich habe zwar zugehört, aber eigentlich wusste ich, dass ich das Tempo sowieso nur in der ersten Runde steuern kann.“

Glücklicherweise hatte er auf den letzten Metern in Richtung deutscher U18-Bestleistung tatkräftige Unterstützung, von seinem Vereinskollegen Maximilian Vollmer (SSV Ulm 1846), von Luca Dieckmann (Spvgg Renningen), der häufig in Ulm trainiert, von den weiteren Athleten in seinem Lauf und irgendwie auch von allen anderen, die sich im Stadion von Bernhausen um die Laufbahn versammelt hatten – denn alle wussten, dass ein Rekord in der Luft liegt.

„Maxi hat mich mega unterstützt!“ sagt Manuel Eitel. Als stärkerer 1.500-Meter-Läufer sei der vorgeprescht, habe sich umgedreht und ihm „Mann, wo bleibst du?!“ zugerufen, wann immer er langsamer wurde. Die anderen Athleten hätten ihm auf der Innenbahn Platz gemacht, auch daran erinnert sich Manuel Eitel. Und Luca Dieckmann? Der rannte auf der Zielgeraden an ihm vorbei und brüllte: „Komm mit, sonst passt das nicht!“

Glückwünsche von Jan Felix Knobel

Erst als Manuel Eitel auf dem Treppchen die Urkunde mit der finalen Punktzahl in der Hand hielt konnte er glauben, dass es tatsächlich für den Rekord gereicht hatte. Um winzige zwei Punkte, gleichbedeutend mit zwei Zehntelsekunden über 1.500 Meter, hatte er den späteren U20-Weltmeister Jan Felix Knobel (LG Eintracht Frankfurt) übertrumpft.

Dass Knobel ihm anschließend auf Facebook zu diesem Resultat gratulierte – wohl eine der schönsten Anerkennungen für einen beachtlichen Leistungssprung. Denn blickt man ein Jahr zurück, dann findet man in den Bestenlisten hinter dem Namen von Manuel Eitel im U18-Zehnkampf ein Resultat von 7.031 Punkten – und den Vereinsnamen TSV Baltmannsweiler. Seitdem hat sich so einiges getan.

Weniger Musik, mehr Sport

Schon im Alter von fünf Jahren fand Manuel Eitel, der der Älteste von vier Geschwistern ist, den Weg zur Leichtathletik – ganz auf eigenen Antrieb. Im Kindergarten sei er immer der Schnellste gewesen, berichtet er. „Da habe ich meine Mutter gefragt: ‚In welcher Sportart bin ich gut, wenn ich schnell bin?‘“, erinnert er sich. Die schickte ihn zur Kindergruppe der Leichtathletik-Abteilung in seiner Heimatstadt Reichenbach an der Fils.

Seine ersten Zehnkämpfe absolvierte Manuel Eitel später unter seiner ehemaligen Trainerin Sabine Dostal beim TSV Baltmannsweiler. Aufgrund beruflicher Verpflichtungen konnte diese das intensive Training ihres Schützlings nicht mehr aufrechterhalten. So fiel 2013 gemeinsam die Entscheidung für den Wechsel nach Ulm. Dort hatte Eitel schon zuvor bei Baden-Württembergs Mehrkampf-Landestrainer Christopher Hallmann erste Trainingseinheiten absolviert.

Für den Schritt nach Ulm muss Eitel bei einer weiteren großen Leidenschaft kürzer treten: der Musik. Der 17-Jährige spielt Klavier - „und noch ein paar andere Instrumente“, wie er zurückhaltend hinzufügt. Zeitweise besuchte er sogar ein Musikinternat. Bei den Musikvereinen hat er sich jetzt abgemeldet. Nur zum Entspannen, wenn dafür mal Zeit ist, setzt er sich noch ans Klavier. Deutlich mehr Zeit verbringt der Gymnasiast nun nach Schulschluss im Zug. Eine Stunde Anreise pro Strecke nimmt er für die Fahrt nach Ulm in Kauf, die er meist für Hausaufgaben nutzt.

Quantensprung und Realitätscheck

Das Training am Mehrkampf-Stützpunkt: ein Quantensprung und zugleich ein Realitätscheck für Manuel Eitel. Während er zuvor mit einem Sportplatz ohne Rundbahn und im Winter ohne Leichtathletik-Halle auskommen musste, findet er jetzt ideale Trainingsbedingungen vor. Während er bisher als Einzelkämpfer und Aushängeschild des Vereins im Mittelpunkt gestanden hatte, ist er nun einer von vielen Topathleten.

In Ulm trainieren mit dem EM-Fünften Arthur Abele, dem U20-WM-Dritten Tim Nowak und Mathias Brugger, dem Zweiten der U20-EM von 2011, gleich drei deutsche Zehnkämpfer, die Bestleistungen jenseits des neuen Hausrekords von Manuel Eitel aufweisen können. „Da bin ich leider nur die Nummer vier“, lacht er. Immerhin: In seinem letzten U18-Zehnkampf sammelte er 200 Punkte mehr als 2012 Tim Nowak. Der ist in diesem Jahr als U20-Athlet bei fast 8.000 Punkten angekommen.

Freundschaftliches Verhältnis

Der neue Trainer, die besseren Rahmenbedingungen und die neuen Trainingspartner – wohl der Schlüssel zu den jüngsten Erfolgen von Manuel Eitel, der auch bei den Deutschen Einzel-Meisterschaften mit U18-Gold im Weitsprung und U18-Bronze über 200 Meter abgeräumt hat.

Was ihm an der neuen Konstellation besonders gefällt: „Mit jedem wird gleich umgegangen!“ Der Coach nimmt sich für jeden Zeit, und auch die Athleten unterstützen sich gegenseitig, egal ob EM-Teilnehmer oder U18-Newcomer. „Wenn Christopher mal nicht in der Nähe ist, gibt Arthur mir Tipps“, sagt Manuel Eitel und verrät, dass die Zehnkämpfer gerne auch abseits des Sportplatzes Zeit miteinander verbringen.

Neben der größeren Zehnkampf-Punktzahl haben ihm Arthur Abele & Co. noch eines voraus: internationale Erfahrung. „Ich hatte noch nie ein Nationaltrikot an!“ sagt Manuel Eitel. Das soll sich 2015 ändern. Er hofft auf einen Zehnkampf-Start bei der U20-EM in Eskilstuna (Schweden). Auch im Weitsprung und Sprint wäre er ein EM-Kandidat. „Notfalls fahre ich mit der 4x100 Meter Staffel mit!“ lacht der Mehrkämpfer. Derzeit sieht es jedoch ganz danach aus, als könne er sich getrost auf Plan A konzentrieren.

<link news:36617>Manuel Eitel knackt U18-Bestmarke von Knobel

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