Maral Feizbakhsh - Letzte Chance genutzt
Maral Feizbakhsh kann es selbst kaum glauben. „Ich kleines Mädchen fahre wirklich zu Olympia? Gemeinsam mit Usain Bolt und all den anderen großen Namen? Wenn ich mir das so vorstelle, bekomme ich echt ein Kribbeln im Magen“, beschreibt die 22-jährige Leichtathletin ihre aktuelle Gefühlslage.
Denn überraschend hat sich Maral Feizbakhsh für Olympia in London (Großbritannien; 3. bis 12. August) qualifiziert. Eigentlich war der „Olympia-Zug“ für die Wattenscheiderin längst abgefahren.Bei den Deutschen Meisterschaften Mitte Juni hatte sie einen rabenschwarzen Tag erwischt und im Einzelrennen über die 400 Meter einen Fehlstart produziert. Aus der Traum von der EM in Helsinki (Finnland). Und auch Olympia rückte durch dieses Missgeschick in ganz, ganz weite Ferne.
Doch Maral Feizbakhsh hatte eine allerletzte Chance: das Sportfest im Dormagen Anfang Juli. „Ich hatte nichts mehr zu verlieren und bin deshalb Alles-oder-Nichts gelaufen“, berichtet die Athletin, der ein großartiges Rennen gelang. In 53,24 Sekunden lief sie die Stadionrunde so schnell wie nie zuvor in ihrem Leben. Damit schob sie sich in der deutschen Jahresbestenliste auf den dritten Platz nach vorne.
Zitterpartie
Allerdings hieß es für Maral Feizbakhsh auch danach: zittern, zittern und nochmals zittern. Denn bis zuletzt war unklar, ob der Deutsche Olympische Sport-Bund (DOSB) überhaupt eine 4x400-Meter-Staffel nach London schickt. Zwar hatte das deutsche 400-Meter-Quartett bei der EM in Helsinki den guten fünften Platz belegt. „Aber im Weltjahresvergleich liegen wir nur auf Platz elf. Direkte Medaillen-Aussichten haben wir also nicht“, sagt Maral Feizbakhsh.
Bis zum Tag der letzten Nominierungsrunde wusste sie nicht Bescheid, ob sie bei Olympia antreten darf. Doch dann erhielt sie endlich die frohe Kunde: Die Koffer können gepackt werden, die Staffel ist dabei. „Damit ist ein Traum wahr geworden.“
Neben der 22-Jährigen sind vier weitere 400-Meter-Läuferinnen nominiert worden: Vereinskollegin Esther Cremer, Janin Lindenberg, Christiane Klopsch (LG Ovag Friedberg/Fauerbach) und Fabienne Kohlmann (LG Karlstadt/Gambach/Lohr). Während Esther Cremer und Janin Lindenberg gesetzt sind, kämpfen die anderen drei um die verbliebenen zwei Startplätze.
Formtest in Weinheim
Ein möglicherweise wegweisender Formtest steht am Freitagabend (27. Juli) an, wenn Maral Feizbakhsh & Co. in Weinheim laufen werden. „Es wäre auch kein Beinbruch, wenn ich in London nur Ersatzläuferin wäre. Aber ich werde natürlich alles dafür tun, um auch starten zu dürfen.“
Geboren ist Maral Feizbakhsh in Teheran (Iran), kam aber schon mit vier Monaten nach Mainz. 2003 begann sie mit der Leichtathletik beim USC. Sie trainierte unter Erfolgscoach Harry Letzelter und entwickelte sich zum größten Talent im Laufbereich nach Marion Wagner. 2009 gewann sie bei der U20-EM die Bronze-Medaille mit der 400-Meter-Staffel.
„Ohne den USC würde ich nie bei Olympia starten. Denn dort habe ich die Liebe zur Leichtathletik entdeckt“, sagt Maral Feizbakhsh. „Besonders dankbar bin ich meiner großartigen Trainingsgruppe von damals - Jessica Hochhaus, Gloria Metzler und all die anderen Mädels.“
„Meenzer Mädsche“
Seit Oktober 2009 studiert Maral Feizbakhsh Journalismus und Pressearbeit an der FH Gelsenkirchen, weshalb sie seit Anfang 2010 für den TV Wattenscheid 01 startet. Ihr Wechsel verlief allerdings nicht geräuschlos, weil sie beim USC einen Vertrag bis Ende 2010 hatte. Der damalige USC-Abteilungsleiter Bernd Mühle drohte ihr sogar mit zivilrechtlichen Schritten. „Doch dazu ist es zum Glück nicht gekommen“, sagt Maral Feizbakhsh. Die Wogen hätten sich bald wieder geglättet.
Riesengroß ist die Freude von Maral Feizbakhsh, dass neben ihr auch das USC-Urgestein Marion Wagner auf den letzten Drücker ein Olympia-Ticket ergattert hat. „Wir haben bereits telefoniert und sind uns durch die Telefonleitung hindurch in die Arme gefallen“, sagt Maral Feizbakhsh lachend. „Dass wir zwei Meenzer Mädsche gemeinsam bei Olympia laufen dürfen, das ist eine unglaubliche Geschichte.“