Marathon-Olympiasieger Abera ist verletzt
Gezahegne Abera, Olympiasieger und Weltmeister im Marathon, ist zur medizinischen Behandlung in die USA geflogen. Dr. Ayalew Tilahun, der Nationalmannschaftsarzt von Äthiopien, hat ihm zu diesem Schritt geraten. Abera plagt eine Fußverletzung, die allerdings, wie der „Doc“ betonte, nicht so gravierend sei. Dennoch wollte er kein Risiko eingehen und schickte ihn zu einem Spezialisten.
Foto: Kiefner
Ob sein Start in London gefährdet ist, konnte Dr. Ayalew Tilahun nicht beantworten. Mit Haile Gebrselassie, der sich akribisch auf sein Debüt über 42,195 Kilometer in der englischen Metropole vorbereitet, und Tesfaye Jifar, dem Sieger des New York-Marathon 2001, befand sich Gezahegne Abera im Training. Unter der Anleitung von Tolosa Kotu hatte er bereits zahllose Kilometer absolviert. Kotu, Jahrgang 1952, war früher selber ein guter Langstreckler mit Bestzeiten von 13:23,95 Minuten (5000 Meter) und 27:46,47 Minuten (10.000 Meter). Miruts Yifter, Doppel-Olympiasieger in Moskau 1980, war damals sein Mitstreiter. Kotu ist mittlerweile ein erfolgreicher Coach. Auch Haile Gebrselassie, der bisher von Dr. Wolde-Meskel Kostre betreut wurde, suchte die Zusammenarbeit mit Tolosa Kotu, weil er auf der klassischen Distanz ein allseits anerkannter Fachmann ist. Gezahegne Abera ist sein Musterschüler. In Sydney wurde er Olympiasieger. 32 Jahre nach dem Triumph von Mamo Wolde in Mexico City hatte endlich wieder ein Marathonläufer aus Äthiopien Gold gewonnen und die Nachfolge von Abebe Bikila, der in Tokyo 1960 und Rom 1964 erfolgreich war, sowie Mamo Wolde angetreten.
Dass sein überraschender Coup auf dem schwierigen, weil hügeligen Kurs in Australien kein bloßer Zufallstreffer war, bewies Abera bei der WM im vergangenen Sommer in Edmonton. Dort wurde er auch Weltmeister und schlug erneut einen Kenianer. War es in Sydney Eric Wainaina, der vor seiner Spurtkraft kapitulierte, musste Simon Biwott in Edmonton seinen unverbrauchten Konkurrenten ziehen lassen.
Mit gerade mal 23 Jahren ist Abera noch ein ganz junger Spund. Sechs Tage nach dem Rennen in London, das am 14. April stattfindet, feiert er erst seinen 24. Geburtstag und hat dennoch schon neun Marathonläufe in den Beinen. Seine Bestzeit (2:07:54 h) lief der Vielstarter im Dezember 1999 in Fukuoka, als er den Franzosen Mohamed Ouaadi, damals noch Mitglied der Fremdenlegion, mittlerweile Laufprofi, eine Sekunde hinter sich ließ. Abera steht ohnehin auf knappe Entscheidungen, denn auch in Sydney und Edmonton gab es packende Duelle, die bis zur Ziellinie hochdramatisch waren.
Ob er in London dabei ist, steht momentan noch in den Sternen. Ganz sicher ist nur, dass der Boston-Marathon nicht auf seinem Programm steht. Dort ist er in den beiden letzten Jahren mitgelaufen und wurde im April 2000 zeitgleich Zweiter mit dem Kenianer Elijah Lagat. Was möglicherweise sein Glück war, denn auf dem traditionellen Kurs lastet, was die Männer angeht, ein Fluch: Wer Boston gewinnt, kann nicht Olympiasieger werden! Nur der Italiener Gelindo Bordin, 1988 Erster bei den Sommerspielen in Seoul, hat bislang das Gesetz der Serie durchbrochen, als er 1990 den US-Klassiker in 2:08:10 gewann.