Marathon und der Kampf um Teilnehmer
Im Jahr 2009 gab es in Deutschland insgesamt 127.111 Marathon-Finisher. Das sind 5.943 weniger als 2008 und die niedrigste Zahl seit mehr als sechs Jahren. Da parallel die Zahl der Marathonläufe seit vier Jahren aber konstant ist, bedeutet dies, dass der Kampf der Veranstalter um die Läufer immer schwieriger wird. Einige versuchen sich jetzt mit neuen Angeboten.
Die Zeit des Marathon-Booms, zu der Woche für Woche neue Marathon-Läufe aus dem Boden schossen und ein Teilnehmerrekord nach dem anderen aufgestellt wurde, ist vorbei. Auf der Spitze des Booms verzeichnete Deutschland im Jahr 2005 149.219 Marathon-Finisher bei 164 Marathon-Läufen.Seitdem hat sich die Zahl der Läufe zwar weiter erhöht, die Finisherzahlen gehen jedoch von Jahr zu Jahr zurück. 2007 waren es nur noch 137.005 Marathon-Finisher bei 177 Läufen, 2009 sank die Zahl erneut auf 127.111 Marathon-Finisher bei 176 Veranstaltungen.
Veranstalter setzen auf regionale Läufer
Im Kampf um Teilnehmer gehen einige Veranstalter nun neue Wege. Statt das Geld in teure Spitzenläufer aus Afrika zu investieren und hohe Preisgelder auszuschreiben, werden die Mittel genutzt, um möglichst viele Läufer anzulocken. Der Rhein Energie Marathon in Bonn (25. April) geht zu seiner 10-jährigen Jubiläumsausgabe einen solchen Weg.
Während 2009 die ersten vier Läufer in Bonn alle aus Kenia stammten, wird dies 2010 kaum der Fall sein. Die Veranstalter verzichten auf die Verpflichtung von Spitzenläufern und gleichzeitig auch auf Spitzenzeiten. "Der sportliche Fokus soll in Zukunft mehr im regionalen und breitensportlichen Bereich liegen. Gemeinsam mit unseren Partnern möchten wir diese Sportler gezielt fördern und einen zusätzlichen sportlichen Anreiz schaffen", erklärt Pressesprecher Kai Meesters von der Agentur MMP.
Zeitprämien für Breitensportler
Im Fall Bonn bedeutet dies: Keine Athletenverpflichtungen, 500 Euro Sieg-Prämie, 300 Euro für Platz zwei, 200 Euro für Platz drei. Zudem erhält jeder Finisher bei den Herren eine Zeitprämie in Höhe von 100 Euro für jede Minute unter 2:30 Stunden, die Frauen erhalten eine solche Zeitprämie pro Minute unter 2:55 Stunden. "Der Marathon ist eine Veranstaltung in der Region, für die Region. Wir möchten beim zehnten Marathon gezielt den Breitensportlern die Chance geben, sich beim Jubiläumsmarathon in die Gewinnerannalen einzutragen", sagt Kai Meesters.
Auch München geht bereits seit mehreren Jahren einen solchen Weg, verpflichtet keine Athleten und hat damit Erfolg. Zwar war die Siegerzeit 2009 des Ukrainers Maksym Salii (2:28:11 h) weit weg von den schnellsten Läufen, die Teilnehmerzahlen geben den Veranstaltern jedoch recht. Mit 5.399 Finishern war der München-Marathon 2009 die Nummer fünf in Deutschland.
Nur die ganz großen Marathon-Läufe in Deutschland brauchen sich weiter keine Sorgen zu machen und garantieren weiterhin Top-Zeiten in der Spitze und hohe Finisher-Zahlen. Vorbildhaft ist hier der Berlin-Marathon, der 2009 weltweit mit 35.031 Finishern die Nummer drei war und mit dem Äthiopier Haile Gebrselassie (2:06:08 h) zugleich die siebtschnellste Siegerzeit 2009 stellte. Auch die Marathon-Läufe in Hamburg, Frankfurt und Köln wissen in diesen Kategorien zu brillieren, dahinter beginnt jedoch der Kampf um Teilnehmer.
Zeiten werden im Durchschnitt immer langsamer
Und noch eine zweite Tendenz ist in den letzten Jahren in der Marathon-Szene zu verzeichnen. Während an der Spitze die Siegerzeiten immer schneller werden und ein Streckenrekord nach dem anderen fällt, werden die Zeiten der breiten Masse immer langsamer.
Im Jahr 1985 beendeten den Frankfurt Marathon 7.296 Läufer. 1.735 (23,8 Prozent) davon absolvierten die 42,195 Kilometer unter drei Stunden. Immerhin 146 Läufer (2 Prozent) blieben unter 2:30 Stunden.
2009 durften sich die Organisatoren des Frankfurt Marathons über einen neuen Streckenrekord des Kenianers Gilbert Kirwa (2:06:14 h) freuen, im Durchschnitt war der Frankfurt-Marathon 2009 jedoch deutlich langsamer als 24 Jahre zuvor. Bei 9.496 Finishern schafften mit 422 Läufern nur 4,4 Prozent den Sprung unter drei Stunden. Lediglich 46 Läufer knackten die 2:30-Stunden-Marke, was ein verschwindend kleiner Anteil von 0,0048 Prozent bedeutet.
Marathon wird zum Breitensport-Event
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass sich der Marathon immer mehr zu einem Breitensport-Event entwickelt. Während wenige Spitzenläufer, die zumeist aus Afrika stammen, um den Sieg, Streckenrekord und Preisgelder kämpfen, steht für den Großteil der Läufer das Ankommen im Vordergrund.
Beim mit 43.250 Marathon-Finishern weltweit größten Marathon-Lauf 2009 in New York (USA) lag die durchschnittliche Finisher-Zeit bei 4:19 Stunden. Beim Berlin-Marathon lag dieser Wert bei 4:10 Stunden und damit deutlich über den Durchschnitts-Zeiten früherer Ausgaben.