Marc Blume - Alter schützt vor Leistung nicht
Der Aufgalopp ist ihm vortrefflich gelungen. Marc Blume, der "Evergreen" in der deutschen Sprinter-Szene, feierte einen Einstand nach Maß. "Pliezhausen", meinte er mit keckem Grinsen, "ist immer eine Reise wert." Im Schwabenland feierte Marc Blume gleich bei seinem ersten Freiluftwettkampf einen Doppelsieg: über 90 Meter (9,58 sec) und 150 Meter (15,72 sec), zwei "krumme" Distanzen, die ansonsten kaum gelaufen werden.
Marc Blume will mit dem DLV-Team nach Paris (Foto: Kiefner)
Mit seinen Klubkollegen vom TV Wattenscheid 01 hat er ein festes Ziel vor Augen: das Ticket für die Weltmeisterschaften (23. – 31. August) im Stade de France von Paris.Paris, die Seine-Metropole, steht dick eingekreist in seinem Terminkalender. Marc Blume, die Nr. 1 über 100 Meter hier zu Lande, will das WM-Feeling live erleben. Ronald Stein, Trainer beim TVW 01, weiß natürlich, dass sein Schützling eine verdammt knifflige Aufgabe lösen muss. 10,21 Sekunden ist die Norm über 100 Meter und 20,59 die über 200 Meter. Dennoch macht er auf Optimismus: "Wir haben im Trainingslager sehr gut trainiert." Zwei Wochen weilten sie im milden Klima auf Teneriffa, der Urlaubsinsel, die gerade bei den deutschen Touristen hoch im Kurs steht.
Aber Marc Blume & Co. haben sich nicht in der Sonne geräkelt. Ganz im Gegenteil! Ronald Stein kannte kein Pardon. Mit einem strammen Programm trimmte er seine Schützlinge für die ersten Rennen in der noch jungen Saison. Marc Blume und sein Zwillingsbruder Holger, Ronny Ostwald, Alexander Kosenkow und die beiden Hürdensprinter aus Berlin, Mike Fenner und Jerome Crews, sprinteten um die Wette, was das Zeug hielt, und kehrten topfit von ihrem Teneriffa-Trip zurück.
Job bei den Stadtwerken
Natürlich weiß Ronald Stein, dass Marc Blume nicht mehr die gleich guten Bedingungen hat wie in den vergangenen Jahren. Blume hat nämlich einen Halbtagsjob bei den Stadtwerken in Bochum angenommen. Morgens früh um Acht beginnt sein Arbeitstag. Mittags um 13 Uhr lässt Marc Blume die Griffel fallen. Nachmittags geht's dann ins Lohrheidestadion, wo er mit den anderen trainiert. "Dadurch", gab Stein zu bedenken, "müssen wir im Training einige Abstriche machen."
Marc Blume, der 1996 bei der Hallen-EM in der "Golden Globe Arena" in Stockholm seinen international schönsten Erfolg feierte, als er Gold über 60 Meter gewann, will zeigen, dass er, auch wenn die Rahmenbedingungen nicht mehr so günstig sind, die "Quali" für Paris drauf hat. Nach seiner Leisten-Operation im Oktober hat ihn der Ehrgeiz wieder gepackt. Im Wattenscheider Olympiastützpunkt an der Hollandstraße hat er mit Ronald Stein vor allem an seiner Technik gefeilt. Damit die Konkurrenten auch künftig den alten Blume erleben, der ihnen mit flottem Schrittwirbel auf und davon stürmt.
Triple in Ulm?
In Ulm, Schauplatz der Deutschen Meisterschaften am 28. und 29. Juni, möchte er das Triple wiederholen. Soll heißen: Marc Blume will seine beiden Einzeltitel über 100 Meter und 200 Meter verteidigen. Gleiches plant er mit der Vereinsstaffel, die, so Ronald Steins Prognose, "eine Zeit im tiefen 39-er Bereich" laufen wird.
Wenn es mit der Norm über 100 Meter und 200 Meter nicht klappen sollte, bleibt immer noch die Staffel, die den deutschen Sprintern schon häufig das Tor zu den internationalen Großereignissen geöffnet hat. 38,80 Sekunden ist die Norm, die der DLV festgezurrt hat. Diese Zahl, da ist er sich mit Ronald Stein einig, sei zu schaffen. Marc Blume ist zuversichtlich. 29 wurde er im Dezember. So langsam biegt er auf die Zielgerade seiner Laufbahn ein. Gleichwohl steckt der gelernte Bürokaufmann noch voller Ziele. Und voller Pläne.
Für Paris lohnt sich der Aufwand
Die Weltmeisterschaft in Paris ist für ihn ein besonderer Anreiz. "Dafür", betonte er, "lohnt sich der ganze Aufwand." Die Olympischen Spiele in Athen 2004 sind ein weiterer Ziel für den Abonnementmeister, der ungeachtet seiner Vorherrschaft oft genug was aufs Haupt bekommen hat. O-Ton Blume: "Wenn es um den Männersprint im DLV ging, fiel immer mein Name. Ich war der Buhmann und musste für alles herhalten." Nicht selten wurden Hohn und Spott über ihn gekübelt.
Aber Marc Blume, der in Lüdinghausen, einer Kleinstadt im Münsterland, geboren wurde, lässt sich nicht unterkriegen. Er doch nicht! Dazu liebt er die Leichtathletik viel zu sehr, obschon er selber sagt: "Es gibt im Leben noch andere Dinge als Sport."
Andere Gewichtsklasse
Verbotene Hilfsmittel, sprich Doping, lehnt er deshalb auch strikt ab. Rein optisch tun sich stets riesige Unterschiede auf, wenn man ihn mit seinen ausländischen Rivalen vergleicht. Eigentlich müsste er in einer anderen Gewichtsklasse starten. Denn mit einem muskelbepackten Oberkörper kann Marc Blume nicht dienen. Dafür ist er sauber geblieben in all den Jahren und hat kaum Anerkennung erhalten.
Schlimmer noch: Ihm wurde regelmäßig vorgeworfen, er könne international keinen Blumenpott gewinnen. Doch national hat er die Titel gesammelt wie andere Leute Briefmarken. Drum ist und bleibt er weiterhin ein heißer Kandidat für die WM 2003 in Paris und die Olympischen Spiele 2004 in Athen.
Ulrich Hörnemann