Marcel Fehr - Auf dem Weg zu neuen Bestzeiten?
Er gilt als eines der größten deutschen Talente auf den Mittel- und Langstrecken. Nur konnte das Marcel Fehr 2012 nicht zeigen. Eine Verletzungs- und Krankheitsserie machte Starts unmöglich. Erst zu Silvester meldete sich der 20-Jährige zurück. Zusammen mit seinem „ehrenamtlichen Vollzeittrainer“ Uwe Schneider und einer 20-köpfigen Trainingsgruppe sollen 2013 die Bestzeiten purzeln.
Oft sind es Kleinigkeiten, die eine Beziehung, eine Laufbahn oder ein ganzes Leben verändern. Bei Marcel Fehr (LG Limes-Rems) war es die unliebsame Bekanntschaft mit der Kante eines Couchtischs, die zu einem tiefen Einschnitt in seine bis dahin so erfolgreiche Karriere führte. Erst bildete sich ein Bluterguss im Knie, dann war ein Schleimbeutel verklemmt. Spritzen blieben wirkungslos. Das Knie musste operiert werden.Anschließend erwischte ihn eine Grippe. Kaum hatte er die überstanden, machte sich in seinem Körper ein Virus breit. Die Behandlung mit Antibiotika wirkte sich nachteilig auf seine Knochen aus, er konnte acht Wochen nur alternativ trainieren. Von der Sommersaison 2012 verblieb am Ende nur noch ein kleiner Rest, für den es sich nicht lohnte, noch einmal in Wettkämpfe einzusteigen.
So war Marcel Fehr ein ganzes Jahr von der Leichtathletik-Bildfläche verschwunden. Kein Wettkampf, keine positive Nachricht vom mehrmaligen Deutschen Jugendmeister, einem der hoffnungsvollsten Mittel- und Langstreckentalente der Republik. 2012 - für ihn ein Seuchenjahr mit Verletzungen, Infektionen und unglücklichen Umständen am laufenden Band. Abgehakt.
30:50 Minuten beim Comeback
2012 wollte er aber nicht ausklingen lassen, ohne sich zu überzeugen, dass er trotz ungeliebtem Alternativtraining (Radfahren oder Schwimmen) noch zu guten Leistungen fähig ist. Am letzten Tag des missratenen Jahres feierte der 20-Jährige ein eindrucksvolles Comeback: Sieg beim Silvesterlauf von Backnang, den er 2011 wegen der Knieverletzung abbrechen musste. Marcel Fehr legte die 10 Kilometer in 30:50 Minuten zurück und war damit nicht zu schlagen.
Wenige Tage zuvor war ein Test im Bundesinstitut für Trainingswissenschaften in Leipzig erfolgt. Das Ergebnis hatte ihm Mut gemacht: Alle Werte waren auf dem Stand von vor seiner Pechsträhne. „Wir gehen optimistisch auf einer guten Grundlage ins neue Jahr“, sagt sein Trainer Uwe Schneider. Bei Hallenmeetings sind drei oder vier Läufe als Aufbau für den Sommer geplant. Saisonziel ist die Teilnahme an der U23-EM Mitte Juli in Tampere (Finnland). Um sich dafür zu qualifizieren, sind über 1.500 Meter 3:42 und über 5.000 Meter 14:04 Minuten erforderlich.
In der Gruppe entspannter
Das heißt, er muss seine persönlichen Bestzeiten unterbieten. Sein Trainer ist überzeugt, dass er das schafft, wenn er vor weiteren Verletzungen und Krankheiten verschont bleibt. Zumal sich die Trainingsgruppe bei der LG Limes Rems erheblich vergrößert hat. Das hat Dynamik in die Sache gebracht. Die Läuferinnen und Läufer stacheln sich gegenseitig an.
Uwe Schneider sagt: „Ihre Motivation überträgt sich auf alle. Als früherer Einzelkämpfer läuft Marcel in der Gruppe jetzt viel entspannter.“ Die Sogwirkung des Jugendmeisters und seines engagierten Coachs führte dazu, dass sich Plüderhausen zu einer neuen Laufhochburg entwickelte.
Trainer gibt Job auf
Der 53-jährige Uwe Schneider bezeichnet sich selbst als „ehrenamtlicher Vollzeittrainer“. Um sich ganz seinem Hobby widmen zu können, hat er seine Firma aus dem EDV-Bereich verkauft und den Job aufgegeben, „weil ich mich nervlich nicht kaputt machen wollte“. Jetzt könne er sich voll aufs Training konzentrieren, ohne ständig das Handy zur Hand nehmen zu müssen.
Etwa 20 Talente zwischen 17 und 21 Jahren zählen bei der LG Limes-Rems zu seinen Schützlingen. Bei den Frauen ist Hanna Klein der prominenteste Neuzugang. Die B-Kader-Athletin studiert in Stuttgart und ist aktuelle Deutsche Jugendmeisterin über 800 Meter. Mit ihrer Bestzeit von 2:05,53 Minuten steht sie in der deutschen U20-Bestenliste 2012 auf Platz vier.
Über Ostern in Südtirol
Julia Hämmer ließ 2012 bei den Deutschen Meisterschaften mit Platz sieben über 5.000 Meter aufhorchen. Mit ihrer Bestleistung von 16:38,85 Minuten steht sie auf Platz zwei der U23-Bestenliste. Bei den Junioren hat Robel Mesgena, der aus Eritrea stammt, seinen Lebensmittelpunkt seit September 2012 von Kassel nach Plüderhausen verlegt. Der Deutsche Jugendhallenmeister 2011 und mehrmalige „Vize“ hinter Marcel Fehr versucht nun, sich einbürgern zu lassen, um mit einem deutschen Pass bei der U23-EM starten zu können.
In den nächsten Monaten soll es erfolgreich weitergehen. Im Januar bezieht das 20 Läufer umfassende Team ein Trainingslager in Mannheim, über Ostern geht es nach Südtirol. Für eine gelungene Saison wird alles getan. Fast alles. Was fehlt, wünscht sich Uwe Schneider an der Schwelle zum neuen Jahr: „Ein, zwei Sponsoren, damit wir all das, was wir uns vorgenommen haben, verwirklichen können.“
Quelle: leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift