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Mareen Kalis meistert Herausforderungen mit Bravour

Wenn es im Sommer 2014 darauf ankam, dann war Mareen Kalis zur Stelle: Bei den deutschen U18-Meisterschaften in Wattenscheid verteidigte die 17-Jährige vom LC Paderborn ihren Titel. Ihren größten internationalen Triumph feierte die 800-Meter-Spezialistin bei den Olympischen Jugendspielen in Nanjing (China). Zur neuen Bestmarke von 2:05,67 Minuten als Vorlaufschnellste, krönte sie ihre Teilnahme im Finale mit der Bronzemedaille. Dabei begann die Freiluftsaison alles andere als verheißungsvoll.
Sandra Arm

Es sind die letzten Spätsommertage, es sind Herbstferien. Mareen Kalis verbringt sie auf Fehmarn. Die Ostseeinsel ist ein bekanntes Surfrevier. Die junge Paderbornerin zieht es gern an und ins Meer. „Windsurfen macht richtig Spaß. Meine Eltern haben es mir beigebracht, sobald ich schwimmen konnte“, sagt die begeisterte Wassersportlerin, die noch auf die Herbststürme wartet. Abschalten und genießen kann das Lauftalent auf Fehmarn ebenso.

Richtig genießen, das kann Mareen Kalis jetzt. Jetzt, wo die Freiluftsaison hinter ihr liegt und sie die vergangenen Monate noch einmal Revue passieren lässt. Beim Blick zurück darf eine Zahl aus dem Vorjahr nicht fehlen: 2:05,82 Minuten. Es war der 27. Juli, als Mareen Kalis bei der Jugend-DM in Rostock zur neuen Bestzeit lief, die sie zugleich an die Spitze der U18-Bestenliste katapultierte. „In der Saison war es das perfekte Rennen“, sagt die U18-Athletin. Die neue Bestzeit schien dann in diesem Sommer zunächst nicht erreichbar zu sein, der Trainingsrückstand bedingt durch Knieprobleme machte sich bemerkbar. Deshalb verlief der Saisonstart eher schleppend.

Vom Mehrkampf zur 800-Meter-Spezialistin

Auf ihrer Paradestrecke, den 800 Metern fühlt sie sich wohl. Die Mittelstrecke hat sie bereits mit neun Jahren für sich entdeckt, als sie ihr erstes Rennen mit großem Vorsprung gewann. Außerdem probierte sie sich in vielen Sportarten aus: Ballett, Turnen, Judo. Der Sieg ließ die Faszination für die Mitteldistanz wachsen. „Die Strecke ist genau richtig für mich. Sie ist nicht so lang, ich kann taktisch laufen, mit dem direkten Kontakt zu meinen Gegnern“, schwärmt  die Nachwuchs-Athletin, die vom Mehrkampf kam. Noch bis vor zwei Jahren war sie vielseitig unterwegs. „Über die Hürden war ich ebenfalls noch gut. Nicht so erfolgreich lief es im Werfen.“ Es folgte die Spezialisierung - der richtige Schritt.  

Bei den Kontinentalausscheidungen für die Olympischen Jugendspiele in Nanjing stimmte zwar der dritte Platz, nicht aber die Zeit (2:10,07 min). Ende Juni beim Meeting in Osterode kehrte mit einer Zeit von 2:06,01 Minuten das Selbstvertrauen zurück. Alina Ammann (TuS Esingen) war ihr zu dem Zeitpunkt in der deutschen U18-Bestenliste mit 2:05,05 Minuten bereits enteilt. Gespannt war man daher auf das Aufeinandertreffen der beiden bei der U18-DM in Wattenscheid. „Der Sieg hat mir schon sehr viel bedeutet. Ich war froh, dass ich nach dem verkorksten Saisonstart  noch das Optimum aus dem Lauf herausgeholt habe“, sagt die Titelverteidigerin.

Nach Ärger folgt Freude über Bronze

Noch viel lieber spricht Mareen Kalis über ihren ganz persönlichen Saisonhöhepunkt: die Olympischen Jugendspiele in Nanjing. Alles war noch größer als bei ihrem U18-WM-Start im vergangenen Jahr in Donezk (Ukraine): die Stadt, das Stadion, die Stimmung. Die WM-Siebte kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Imponiert hatte ihr besonders das olympische Dorf, in dem die Athleten aus den unterschiedlichen Nationen aufeinandertrafen. Von der atemberaubenden Atmosphäre im Stadion ließ sie sich in ihren Rennen nicht aus der Ruhe bringen, setzte auf die bewährte Taktik und jubelte erstmals nach den Vorläufen über die schnellste Zeit: 2:05,67 Minuten. Bestzeit.  

Die neue Bestmarke weckte natürlich auch Begehrlichkeiten: nach noch einer Steigerung im Finale. „Nachdem ich die Meldeliste für den Endlauf gesehen habe, hatte ich mir schon gute Chancen auf eine Medaille erhofft.“ Trainer Michael Krusemark hatte seinen Schützling auf das Rennen am Abend vor einer fantastischen Kulisse von gut 20.000 Zuschauern bestens eingestellt. Etwa 200 Metern vor dem Ziel startete die Paderbornerin einen Angriff. Nur Martha Bissah (Ghana) und Hawi Alemu Negeri (Äthiopien) konnten folgen.

Die auf dem Silberplatz liegende Deutsche, Bissah war unaufhaltsam davongezogen, wurde unbemerkt quasi auf der Ziellinie noch von Negeri überholt. „Ich habe sie leider nicht gehört, weil es im Stadion viel zu laut war. Ich war in dem Moment dann nicht mehr in der Lage zu reagieren.“ Der Ärger über die knapp verpasste Silbermedaille und die Zeit von 2:06,03 Minuten währte nur kurz. Einige Stunden nach dem Lauf kehrte beim LC-Ass das Lächeln zurück. Noch mehr, als sie dann endlich die erhoffte Medaille bei der Siegerehrung um den Hals gehängt bekam.

Ein Jahr voller Herausforderungen

Der Höhepunkte nicht genug, steckt auch das kommende Jahr voller Herausforderungen. Das Abitur am Gymnasium in Schloss Neuhaus ist nur eine. „Ich bin froh, wenn die Schule endlich vorbei ist und ich studieren kann. Über die Richtung bin ich mir noch unschlüssig. Mir schwebt Medizin, Naturwissenschaften oder Ingenieurtechnik vor“, sagt die ehrgeizige Athletin, die als Ausgleich zum Sport im Orchester Geige spielt. Sportlich startet sie in ihr erstes U20-Jahr. Für die Hallensaison, die bei ihr einen hohen Stellenwert genießt, gibt sie eine Zeit um 2:05 Minuten aus: „Tiefer wäre auch sehr schön.“ Für den Sommer darf es dann gern um die 2:04 Minuten sein.

Von Fehmarn ging es am Donnerstag (16. Oktober) direkt nach Saarbrücken zum Kaderauftakt. Das Training wird ebenfalls wieder forciert. Ebenso setzt Mareen Kalis auf Bewährtes: Wie schon im Vorjahr unternimmt sie einen Abstecher zum Cross. Die Teilnahmen an den westfälischen Meisterschaften und einem Crosslauf in Paderborn, den Krusemark mitorganisiert, nutzt sie vor allem als Vorbereitung auf die Hallensaison. Um in den entscheidenden Momenten, wenn es darauf ankommt, wieder zur Stelle zu sein.

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