Marion Jones - "Im Chaos das Optimum erreichen"
Am gestrigen Mittwoch Abend betrat Marion Jones die olympische Bühne. Doch wie ein Star wurde sie nicht empfangen. Die dreifache US-Goldmedaillengewinnerin von Sydney blieb während der Weitsprung-Qualifikation weitgehend im Hintergrund.
Marion Jones ist in Athen im Weitsprungfinale gelandet (Foto: Krebs)
Ihr erster Sprung zeigte das offensichtlich nach wie vor vorhandene Weitsprung-Potenzial der Marion Jones. Sie landete jenseits der 7-Meter-Marke, hatte allerdings leicht übertreten. "In dem ersten Sprung habe ich alles gegeben, denn ich wollte ein Signal senden." Nach diesem ungültigen Versuch landete sie im zweiten Versuch bei 6,70 Meter und hatte sich damit für das Finale am Freitag qualifiziert. "Das war ein Sicherheitssprung", erklärte Marion Jones, die danach auf den dritten Versuch verzichtete. Schließlich wartete noch eine andere Herausforderung auf die 28-Jährige: Die Mixed Zone in den Katakomben des Athener Olympiastadions. Hier hatte sich, so schien es, die gesamte US-amerikanische Presse versammelt, um Interviews mit Marion Jones zu führen. Wo Marion Jones stand, war es so eng wie in einer New Yorker U-Bahn während des Berufsverkehrs.
Vehemente Dementis
Im vergangenen Jahr, als Marion Jones eine Babypause eingelegt und die WM in Paris von der Tribüne aus verfolgt hatte, kam der Dopingskandal um das kalifornische Labor Balco ins rollen. Auch Marion Jones stand auf der Kundenliste dieses Labors. Sie wehrt sich seitdem vehement gegen den Dopingverdacht und soll im Juni laut Aussage ihres Anwaltes sogar einen Lügendetektor-Test bestanden haben.
Als die olympische Leichtathletiksaison vor rund drei Monaten begann, begannen auch die Ermittlungen gegen Marion Jones' Freund, den 100-Meter-Weltrekordler Tim Montgomery (9,78 sec). Ihm droht eine (lebenslange) Sperre. Es ist erst gut einen Monat her, dass der frühere Ehemann von Marion Jones, der Kugelstoßer C.J. Hunter, in dem Verfahren aussagte, er habe beobachtet, wie seine Frau Dopingmittel benutzte. In Sydney habe sie vor vier Jahren benutzte Spritzen in die Toilette geworfen und heruntergespült. Das seien alles Lügen und ein Racheakt des früheren Ehemannes, erklärten die Anwälte von Marion Jones, die forderten, dass C.J. Hunter sich einem Lügendetektor-Test unterziehen solle.
Zürückhaltender
Nun also, in den Katakomben des Athener Olympiastadions, sprach Marion Jones mit der US-Presse. Allerdings nicht über den Fall Balco. Locker, lächelnd, mitunter auch lachend, aber insgesamt zurückhaltender und nachdenklicher als früher präsentiert sie sich. "Die Dinge sind anders als vor vier Jahren, ich bin in einer ganz anderen Situation", erklärte Marion Jones, die 2000 über 100 sowie 200 Meter und der 4x400-Meter-Staffel Gold gewonnen hatte. Im Weitsprung und mit der 4x100-Meter-Staffel war sie zudem Dritte.
Doch bei den US-Olympiaausscheidungen im Juli hatte sie sich über 100 Meter nicht für Athen qualifiziert und zudem nach einem schwachen Vorlauf auf ihre 200-Meter-Halbfinalteilnahme verzichtet. Im Weitsprung jedoch steht sie mit 7,11 Metern in der Jahresweltbestenliste auf Rang vier und gehört damit zu den Medaillenkandidatinnen.
"Ein bisschen geht es um die Goldmedaille. Aber mehr geht es darum, das Bestmögliche zu geben, mitten in einem höllischen Jahr. Ich versuche im Chaos das Optimum zu erreichen." Es sei schwer gewesen, in dieser Zeit zu trainieren. "Aber im Vergleich zu den Olympiaausscheidungen habe ich jetzt wieder mehr Geschwindigkeit."
Nur eine Nebenrolle
Der Star der Olympischen Spiele von Sydney spielte beim ersten Auftritt im Olympiastadion von Athen nur eine Nebenrolle. "Marion Jones", mehr sagte der Sprecher nicht, als die dreifache Olympiasiegerin von 2000 in der Weitsprung-Qualifikation Anlauf nahm zu ihrem ersten Versuch. Die Zuschauer reagierten verhalten. Pfiffe waren nicht zu hören, Beifall im Stadionrund brandete auch nicht auf.
Kurz nach der Weitsprung-Qualifikation am Mittwoch Abend hatte der US-Leichtathletik-Verband bekannt gegeben, dass Marion Jones auch in der 4x100-Meter-Staffel laufen wird (wir berichteten bereits). Ob sie Angst habe, eine mögliche Staffel-Medaille zurückgeben zu müssen, falls Marion Jones zu einem späteren Zeitpunkt noch des Dopings überführt werden sollte, wurde Lauryn Williams gefragt.
"Nein", antwortete die 100-Meter-Silbermedaillengewinnerin von Athen, "ich habe keine Angst davor, mit Marion in einer Staffel zu rennen. Die Trainer entscheiden über die Aufstellung. Sie wissen was sie tun, ich vertraue ihnen."
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