Marion Wagner - Neues Lebensgefühl
Natürlich hat Marion Wagner eine eigene Homepage, ein Internetauftritt gehört ja mittlerweile zum guten Ton unter Leistungssportlern. „Dritter Platz bei den Deutschen Hallenmeisterschaften über 60 Meter in 7,37 Sekunden“, verkündet dort ein virtuelles Laufband. Und: „Dritter Platz über 4x200 Meter“. Seit ein paar Wochen ist die Leichtathletin vom USC Mainz 30 Jahre alt und damit die älteste deutsche Top-Sprinterin, die im Sindelfinger Glaspalast am Start war.

Ein neues Lebensgefühl. „Die ganzen Wehwechen habe ich hoffentlich hinter mir“, sagt die Staffel-Weltmeisterin von 2001. Zwei Jahre hat sie verloren, 2006 und 2007, ist ihren besten Zeiten (und der Konkurrenz) häufig hinterhergelaufen, für die WM 2007 ist sie immerhin noch als Staffelersatzläuferin nominiert worden.
Auf der Suche nach dem Optimum
Doch das ist nicht der Anspruch von Marion Wagner, deren Bestzeiten über 100 Meter (11,31 sec) und 60 Meter in der Halle (7,22 sec) fast fünf respektive sieben Jahre zurückliegen. „Ich habe noch kein optimales Rennen gefunden“, sagt sie. Zwischen 11,22 und 11,25 Sekunden will sie irgendwann laufen, vielleicht sogar 11,20, das treibt sie an, und natürlich Olympia in Peking (China) und die WM 2009 in Berlin.
Danach soll Schluss sein auf internationaler Ebene, und zeitgleich wird auch Harry Letzelter, der 58-Jährige, seine Trainertätigkeit beenden. Seit 1992 arbeiten die beiden zusammen, und nur einmal, im vergangenen Oktober, als sich Harry Letzelter einer Bypass-Operation unterziehen musste, machte sich die Sprinterin kurzzeitig Gedanken über einen neuen Coach. Notgedrungen.
Heiler Mikrokosmos
Marion Wagner, der Coach, der USC Mainz - das ist ein Mikrokosmos heiler Leichtathletik-Welt. Gelebter Konservativismus im positiven Sinne, keine Skandale, keine Mätzchen, keine Eitelkeiten. Nur die Kunststoffbahn, Training, Wettkämpfe und die Stoppuhr. Bodenständiges Arbeiten. „Ich bin kein Typ für Medienrummel“, sagt Marion Wagner. Im Gegensatz zur talentiertesten deutschen Sprinterin Sina Schielke (TV Wattenscheid 01), die sogar dann ein buntes Thema ist, wenn sie ihre Schwangerschaft verkündet. Sina Schielke hat dank ihres Managers Werner Köster keine PR-Chance ungenutzt gelassen, sich sogar für den „Playboy“ ausgezogen.
Die Bankkauffrau Marion Wagner bekommt etwas verschrobene Liebesbekundungen in ihr Homepage-Gästebuch geschrieben. Etwa von Tom, mit lieben Grüßen. „Hey, hab’ Dich in Dortmund beim Training gesehen, Du bist einfach nur der Hammer.“
Privat ist privat
Privates sei privat, sagt Marion Wagner, das müsse nicht an die Öffentlichkeit, sie will über Sport reden, das ist ihr lieber. Nur soviel noch. „Mich für den Playboy nackig zu machen, würde nicht zur mir, zu meinem Job und zu meinem Umfeld passen.“
Also der Sport. Marion Wagner ist keine besonders reaktionsschnelle Starterin, viele Konkurrentinnen kommen schneller aus dem Block. Deshalb verwundert es ein wenig, dass ihre wertvollsten internationalen Platzierungen in Einzelrennen - Platz fünf bei der Hallen-EM 2002, Rang sechs drei Jahre später - über die kürzere 60-Meter-Distanz erreicht hat.
Olympia-Einzelstart als Highlight?
Und ein wenig ärgert es sie, „dass ich meistens auf die Staffelerfolge reduziert werde“. Mit dem WM-Titel 2001 als Höhepunkt, ein Jahr später lief das deutsche Quartett bei der EM in München auf Platz zwei, bei der WM 2003 wurde es der fünfte Rang. Deutsche Hallenmeisterin über 60 Meter war sie auch schon, 2005 und 2006.
Marion Wagner nimmt einen langen Anlauf, träumt vom Einzelrennen in Peking („Das wäre ein Highlight“) und der WM 2009. Die Berliner Läufe vor eigenem Publikum will sie unbedingt noch mitnehmen, 32 wäre sie dann. Melanie Paschke und die Zwillinge Birgit und Gabi Rockmeier, vor sieben Jahren Mitglied der deutschen siegreichen WM-Staffel, waren in etwa genauso alt, als sie ihre Karriere beendeten.
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www.marionwagner.de