Marius Broening - „Blut geleckt“
Es läuft rund für den Sprinter des LAV Asics Tübingen in diesem Winter. Marius Broening machte mit seiner Steigerung über 60 Meter auf 6,60 Sekunden und Platz zwei bei der Hallen-DM in Sindelfingen zuletzt den Startplatz für die anstehende Hallen-WM in Valencia (Spanien; 7. bis 9. März). Es ist bei den Erwachsenen sein erster Einzelstart im Nationaltrikot. Silvia Otto sprach für leichtathletik.de mit dem Kurzstreckler.

Marius Broening:
Das fühlt sich einfach bombig an. Ich habe mich seit 2004 für jedes sportliche Highlight in der jeweiligen Leichtathletik-Saison qualifizieren können und auch miterlebt. Die Olympischen Spiele in Athen, Welt- und Europameisterschaften. Das ist schon toll. Aber ich bin eben immer in der Staffel gelaufen oder war Ersatzmann. Klar ist das super, aber die Einzelnorm ist sozusagen ein Fortschritt meiner sportlichen Karriere. Ich sehe es zugleich als eine neue Herausforderung an, die mich sehr motiviert. Auch wenn ich vor meinem Start bei der Hallen-WM etwas aufgeregt bin. Schließlich betrete ich sportliches Neuland und bin der einzige DLV-Vertreter im Sprintbereich.
Sie sind bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften mit 6,60 Sekunden 60-Meter-Bestzeit gelaufen und können auf eine konstante Saison in diesem Bereich verweisen. Was haben Sie sich für die Hallen-WM vorgenommen?
Marius Broening:
Ich will wie immer das bestmögliche Ergebnis abliefern und würde gerne das Finale erreichen. Da spielt es auch keine Rolle, ob ich für das deutsche Team oder im Einzelrennen laufe. Meinen Start beim Hallen-Meeting in Chemnitz am Freitag habe ich dazu genutzt, um schon im Vorlauf eine gute Zeit zu laufen. Und mit 6,66 Sekunden ist der Plan aufgegangen. Das ist wichtig für die Hallen-WM. Sonst ist man gleich in der ersten Runde weg vom Fenster. Die nötige Lockerheit ist jedenfalls da und das Vertrauen in die Leistung auch. Zudem laufe ich zu neunzig Prozent immer Bestzeit bei Deutschen Meisterschaften. Mal schauen, ob es international auch so klappt.
Nach der Hallensaison 2006 sind Sie zu Micky Corucle als Coach gewechselt. Seitdem ist Tobias Unger ihr Trainingspartner. Ihre Leistung hat sich aber erst jetzt weiterentwickelt...
Marius Broening:
Das stimmt. Ich bin im April 2006 in die Trainingsgruppe von Micky Corucle gewechselt. Also erst kurz vor den Europameisterschaften in Göteborg. Und zu diesem Zeitpunkt war es für uns wichtiger, das bestehende Niveau zu halten, um die EM-Qualifikation für die Staffel zu schaffen. Großartige Änderungen standen nicht im Plan. Vielmehr wollten wir uns damit Zeit lassen bis zum Winteraufbau. Leider durchkreuzten Probleme an der Bandscheibe im Oktober 2006 die Pläne. Ich hatte im Krafttraining zum ersten Mal Kniebeuge gemacht und meine fehlende Technik führte zu dieser Verletzung. Als Resultat saß ich wochenlang in der Beinpresse und auch die Saison lief sehr mäßig. Dafür haben wir in dieser Zeit intensiv an der Lauftechnik gefeilt. Leider kam dann im Sommer 2007 eine Zerrung hinzu. Immerhin konnte ich bei den Deutschen Meisterschaften einen ganz guten Lauf hinlegen und mich als Dritter als Ersatz für die Staffel qualifizieren. Ansonsten war auch die Saison abgehakt.
Hatten Sie während dieser Zeit Zweifel am Wechsel?
Marius Broening:
Zweifel an Micky Corucle? Nein. Es war uns beiden vorher klar, dass durch den Trainerwechsel nicht sofort eine neue Bestleistung rausspringt. Wir führten im Vorfeld viele Gespräche und ich habe keine Millisekunden an meiner Entscheidung gezweifelt. Micky ist kein Zauberer, sondern auch er kocht nur mit Wasser. Aber er hat mein absolutes Vertrauen, der Mann weiß, was er macht.
Deshalb ist die Verbesserung im Winter die logische Konsequenz eines genau geplanten Trainingsaufbaus?
Marius Broening:
Ja, die Veränderungen im Training haben sich jetzt nach dem Zeitraum ausgezahlt. Viele Bewegungsabläufe waren automatisiert und es dauert, diese zu ändern. Ich habe alleine ein Jahr gebraucht, um meine Schrittlänge so zu verkürzen, wie Micky Corucle es wollte. Zudem hatte ich früher viele Defizite im Rücken- und Bauchbereich. Die sind inzwischen behoben und ich bin endlich verletzungsfrei. Überhaupt ist das Training bei Micky zu sechzig Prozent anders. Und ich laufe jetzt viel beständiger gute Zeiten. Da kann natürlich auch mal ein schnelles Rennen rausrutschen. 2007 bin ich über 60 Meter irgendwo im Bereich von 6,75 Sekunden rumgegurkt. Aber wir haben eben nichts überstürzt und die Einzelnorm ist eine erste kleine Belohnung.
Tobias Unger fährt nicht nach Valencia, wie ist denn Ihr Verhältnis zueinander?
Marius Broening:
Tobi und ich sind schon zu Jugendzeiten oft gegeneinander gelaufen und haben um den ersten Platz gekämpft. Von unserer Zusammenarbeit profitieren wir beide. Auch indem wir uns gegenseitig pushen. Im Training will keiner gegen den anderen verlieren oder bei Tempoläufen dem anderen einen Meter Vorsprung geben. Aber wir sind beste Kumpels und dick befreundet. Da ich in Tübingen wohne, fahre ich zum Training nach Stuttgart oder Kirchheim. In Zeiten, wo viele Einheiten auf dem Plan stehen, übernachte ich oft bei Tobi. Er ist der beste Gastgeber der Welt. Dann machen wir zuerst ‚Stabi-Übungen’ im Garten und dann wird gekocht. Salat mit Lachs zum Beispiel. Ehrlich, wir ernähren uns sehr gesund. Das bringt schon was.
Im Sommer stehen die Olympischen Spiele in Peking (China) an, Ihre Bestzeit über die 100 Meter liegt bei 10,30 Sekunden. Für einen Einzelstart müssen Sie einiges draufpacken…
Marius Broening:
2004 hat die Staffel das Olympische Finale nur um zwei Hundertstel verpasst. Der bittere Beigeschmack ist noch immer da. Aber die Qualifikation in diesem Jahr wird ein heißer Fight werden. Fest steht, ich habe Blut geleckt. Allerdings ist die Einzelnorm von 10,20 Sekunden schon ein Wort. Da muss alles passen. Der Wind, die Temperatur, der Start. Meine Stärke liegt auf den letzten Metern, da komme ich richtig ins Rollen. Für Peking lege ich im Sommer auch den Fokus auf den Sport. Das Studium der Sport- und Gesundheitsförderung muss dann warten. Ich habe im Wintersemester sechs Scheine gemacht. Nun werde ich bei Dieter Baumann in Tübingen ein Praktikum absolvieren und ein Konzept für Krankenkassen ausarbeiten. Da hoffe ich auf mehr Zeit. Schließlich sind die Olympischen Spiele nur alle vier Jahre und ich will dabei sein.