Marius Hanniske – Mal Jäger, mal Gejagter
"Ich war einfach nur happy und habe denen einen ziemlichen Stuss erzählt. Deshalb ist das Interview wohl auch nicht ausgestrahlt worden", schmunzelt Marius Hanniske heute über seine Unerfahrenheit und seine etwas zu vorschnellen Auskünfte vor eineinhalb Jahren. Damals ließ der 19-jährige bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm als Vize-Meister aufhorchen. Seitdem befindet sich der Hochspringer der LG Nord Berlin in der Erfolgsspur.
In der Erfolgsspur: Marius Hanniske (Foto: ReiseBank-Akademie)
Marius Hanniske ist deshalb auch nicht von ungefähr Teilnehmer des zweijährigen Workshop-Programms der ReiseBank-Akademie. Damit ihm nicht wieder ähnliche Fehler wie damals nach diesem Wettkampf passieren, hatte er sich dort um einen Stipendienplatz beworben. Nach einem ausführlichen Training in den vergangenen Workshops weiß der DLV-Youngster aber jetzt, worauf es beim Umgang mit den Medien ankommt. "Insgesamt haben wir schon viel gelernt. Wir sind eine gute Truppe." Damit haben sich auch bisher seine Erwartungen an die ReiseBank-Akademie erfüllt. Denn beworben hatte er sich hauptsächlich, "weil das Angebot gut war."
Durch Vereins- und Trainerwechsel zum Erfolg
Rein sportlich gesehen startete Marius Hanniske schon früher durch. Im November 2002 zog es ihn vom LC Cottbus in die Trainingsgruppe von Weitsprung-Bundestrainer Rainer Pottel nach Berlin. Mit dem Trainer- und Vereinswechsel ging auch die Leistungskurve des jungen Mannes, der aus dem brandenburgischen Forst stammt, nach oben.
Die Verbesserung seiner persönlichen Hausmarke bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm um ganze neun Zentimeter auf 2,23 Meter, eine weitere Steigerung um einen Zentimeter im Mai diesen Jahres in Eppingen und der Gewinn der Silbermedaille bei der Junioren-WM im italienischen Grosseto im Juli mit einer Höhe von 2,21 Metern lassen auf eine tolle Erfolgsstatistik blicken.
Der 1,92 Meter große und 70 Kilogramm leichte Schüler der Werner-Seelenbinder-Gesamtschule möchte nach dem Abitur im übernächsten Jahr zunächst seinen Zivildienst absolvieren. "Danach könnte ich mir etwas im Medienbereich vorstellen", verrät er seine privaten Zukunftspläne.
Unterstützung durch Top-Team-Kader
Zur Leichtathletik ist der Höhenjäger zwangsläufig durch seine Eltern gekommen. "Sie haben mich immer mit zu den Wettkämpfen genommen", erinnert er sich an seinen ersten Kontakt mit dieser Sportart. Beide sind selbst aktive Leichtathleten gewesen. Mutter Heidrun hatte es auf 1,71 Meter Hochsprung-Bestleistung gebracht. Stiefvater Jörg war DDR-Juniorenmeister über die 400 Meter Hürden. "Ich habe fast alle Disziplinen ausprobiert. Werfen konnte ich noch nie gut, für den Sprint war ich zu langsam und für längere Strecken nicht bereit mich zu quälen. Hochspringer wurden bei uns damals gesucht. Da hat sich das so ergeben", erzählt Marius Hanniske.
Doch Erfolg kommt nicht so einfach von allein. Hierfür bedarf es neben hartem Training auch einer gewissen Unterstützung. Zur Stärkung des Nachwuchses wurde vom DLV ein neues Leistungssport-Förderungskonzept aufgestellt. Marius Hanniske wurde in den "Top-Team-Kader Peking 2008" (wir berichteten) aufgenommen. Er selbst verspricht sich davon eine engere Zusammenarbeit zwischen Trainer, Athlet und DLV.
Der Fan des kanadischen Hochspringers Mark Boswell beschreibt sich selbst als zurückhaltend und nervenstark. Trotzdem kommt es vor, dass er vor großen Wettkämpfen gerade mal zwei Stunden schlafen kann.
Vom Jäger zum Gejagten
Seit seinem Durchbruch in Ulm sagt man ihm einen gewissen Rollentausch nach. Er sei durch seine enorme Leistungsexplosion vom Jäger zum Gejagten - zumindest im Nachwuchsbereich - geworden. Durch diese Situation entsteht zwangsläufig ein gewisser Druck, mit dem er allerdings sehr gut umzugehen weiß. "Vorher mache ich mir tierisch die Birne, doch wenn der Wettkampf los geht, ist das vorbei. Bald beginnt eine neue Saison und alles geht von vorne los. Jeder muss erst mal wieder zeigen, was er kann."
Gemeinsam mit seinem Trainer hat Marius Hanniske einige Wettkämpfe unter dem Hallendach geplant. Neben den Deutschen Hallen-Meisterschaften in Sindelfingen stehen jedoch noch keine weiteren Starts sicher fest. Ganz fest steht jedoch, dass er sich weiterhin steigern möchte. "Die vergangene Saison habe ich keinen großen Schritt gemacht, konnte aber die Höhen um 2,20 Meter festigen. Jetzt peile ich für das nächste Jahr die 2,28 bis 2,30 Meter an."
Erneuter Rollentausch
Dann dürfte auch sein Ziel, die Endkampfteilnahme bei der U23-Europameisterschaften im heimischen Erfurt, kein Problem für ihn werden. Medaillenansprüche meldet der bescheidene Sportler hierfür jedoch keine an. "Es gibt genügend Athleten, die noch vor mir stehen."
Wenn alles gut läuft, steht noch ein weiterer großer Wettkampf im Terminkalender: "Ich habe eventuell die WM in Helsinki im August 2005 im Auge." Hier könnte Marius Hanniske dann wieder in die bequemere Rolle des Jägers schlüpfen.