| Generationswechsel

Marko Badura – Der neue Diskuswurf-Bundestrainer der Männer

Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hat mit Beginn des Olympiazyklus 2020 den personellen Generationswechsel fortgeführt und 31 Bundestrainer-Posten im Spitzen- und Nachwuchsbereich verändert. Junge, aufstrebende Trainer verstärken das erfahrene DLV-Trainerteam. leichtathletik.de stellt einige der neuen Bundestrainer näher vor. Diesmal Dr. Marko Badura. Viele Jahre lang hat er den Diskuswurf als Wissenschaftler vorangebracht, jetzt ist er für die Weiterentwicklung von Trainern und Athleten in der Praxis verantwortlich.
Silke Bernhart

Der Start in den neuen Job ist Marko Badura nicht schwer gefallen. Nur von außen sahen der Wechsel vom Institut für Angewandte Trainingswissenschaften (IAT) in Leipzig auf den Posten des Diskuswurf-Bundestrainers der Männer und des Heimtrainers von Robert und Julia Harting (SCC Berlin) nach einem großen Schritt oder gar Bruch aus. „Back to the roots“ – zurück zu den Wurzeln, so könnte man diesen Wechsel viel eher bezeichnen.

Denn Marko Badura kommt aus Berlin. Hier wohnt seine Familie. Für die Stelle als Trainingswissenschaftler am IAT war er unter der Woche nach Leipzig gependelt. Und Marko Badura kommt aus der Praxis. Als Jugendlicher zählte er selbst zu Deutschlands größten Wurftalenten.

Darauf angesprochen, wo denn seine eigene Bestleistung im Diskuswurf liegt, muss er allerdings lachen. „Falsche Frage“, sagt er. Und falsche Disziplin. Der heute 45-Jährige war bis Anfang der 90er-Jahre Speerwerfer, und zwar ein richtig guter. Bis er sich früh in der Karriere an der Schulter verletzte und nicht mehr an einstige Leistungen anknüpfen konnte. 17 Jahre lang hielt er mit 77,00 Metern den deutschen U20-Rekord, 2007 übertrumpfte ihn dann der spätere Weltmeister Matthias de Zordo.

Ständiger Begleiter der Diskuswerfer

Auf das sportliche Karriere-Ende ließ Marko Badura ein Sportstudium in Berlin folgen, in dessen Abschlussarbeit er sich damals noch mit dem Speerwurf beschäftigte. „Diskuswerfen habe ich da peripher auch gemacht“, erinnert er sich, „aber ich hatte meine liebe Mühe und Not damit.“ Nach einem Abstecher nach München als Jugend-Bildungsreferent und in der Lehre des Bayerischen Leichtathletik-Verbands wechselte er 2007 an das IAT nach Leipzig, wo die Spezialisierung auf die Würfe mit der Scheibe begann. Das Thema seiner Dissertation spricht für sich: „Untersuchungen zur Leistungswirksamkeit der Verwringung beim Diskuswerfen“.

Bald war Marko Badura am IAT für die wissenschaftliche Begleitung dieser Disziplin verantwortlich und Deutschlands Diskus-Elite regelmäßig bei ihm in Leipzig zu Gast. Er kennt die Athleten und Trainer gut, und so wird seine Berufung zum Diskuswurf-Bundestrainer unter den Fachleuten weniger Erstaunen hervorgerufen haben als vielleicht in der Öffentlichkeit. Bisher war er im Hintergrund tätig, jetzt rückt er weiter in den Fokus – nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass der Diskuswurf zu den erfolgreichsten Disziplinen der deutschen Leichtathleten zählt.

Entlastung von Jürgen Schult

„Ich sehe mich in der Reihe einer langen, erfolgreichen Tradition“, sagt der neue Männer-Bundestrainer und blickt dabei deutlich weiter zurück als bis zu den Olympiasiegen der Brüder Christoph und Robert Harting in den Jahren 2016 und 2012. Mit dem deutschen Werfer, dem der weiteste Wurf der Geschichte gelang, arbeitet er nun noch enger zusammen als bisher: Marko Badura hat Weltrekordler Jürgen Schult in der Bundestrainer-Position abgelöst, sodass dieser sich besser auf seine Aufgaben als Leitender Bundestrainer Wurf konzentrieren kann. „Das ist eine richtig schöne Sache, da kann ich ihn entlasten“, sagt Badura.

Er selbst stecke aufgrund seiner wissenschaftlichen Arbeit mittlerweile viel tiefer im Thema Diskuswurf, als es für Jürgen Schult möglich sei. Das, was sich bewährt hat, will Marko Badura fortführen, dort, wo er Luft nach oben sieht, neue Impulse geben. „Ein Ziel ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse schneller in die Praxis umzusetzen“, erklärt er. Auch hinsichtlich der Trainings- und Wettkampfplanung sieht er Verbesserungspotenzial. An Tag X die bestmögliche Leistung abrufen, das ist in der Vergangenheit trotz der vielen Erfolge nicht allen DLV-Athleten gelungen.

„Hänge viel mehr am Telefon“

Dafür gilt es nun, im Trainerteam den Dialog zu intensivieren. „Ich hänge viel mehr am Telefon als vorher“, benennt Marko Badura die größte Änderung in seinem neuen beruflichen Alltag, zu dem in der Arbeit mit vielen Individualisten auch eine Portion diplomatisches Geschick gehört. Sorgen bereitet ihm das nicht – im Gegenteil: „Ich bin da vielleicht etwas unkonventionell. Ich gehe einfach auf die Leute zu. Ich lege meine Meinung dar. Und dann kann man darüber diskutieren.“

Auch mit Nachwuchs-Bundestrainer Jörg Schulte, der in Potsdam tätig ist, steht er im Austausch. Einige große Talente wie die Prüfer-Brüder Henning und Clemens (SC Potsdam) oder der Magdeburger Henrik Janssen rücken nach. Dahinter aber fehle die breite Basis, auch hier sieht Marko Badura Handlungsbedarf. „Ich denke, kaum jemand kann sich im Nachwuchsbereich hinstellen und sagen: Ich bin zufrieden“, erklärt er. „Auch im Diskuswurf ist die Situation nicht so erfreulich, wie wir sie gern hätten.“

Neue Wege mit Robert Harting

Kaum weniger herausfordernd ist die Arbeit mit der eigenen Trainingsgruppe, zu der neben Robert und Julia Harting auch Julie Hartwig, Deutsche Vizemeisterin in der U23, zählt. Nach Jahren eingefahrener Routine und besonders bei Robert Harting zuletzt vielen körperlichen Beschwerden hat Marko Badura sich im Winter etwas ganz anderes einfallen lassen: ein Trainingslager im Schnee <link news:53476>(wir berichteten). „Das war für alle eine schöne, neue Erfahrung. Ich wollte auch, dass sie einfach mal den Kopf frei bekommen. Die Grundstimmung war von Anfang an richtig gut. Und ich war positiv überrascht von ihrem sehr guten Bewegungsgefühl.“

In den kommenden Monaten geht es nun darum, zunächst die Weltmeisterschaften 2017 in London (Großbritannien) und dann die Heim-Europameisterschaften 2018 in Berlin vorzubereiten, bei denen Robert Harting seine Karriere beenden wird. „Wir haben mit vielen Nebenbaustellen zu kämpfen“, erklärt Marko Badura, „und wir haben wenig Spielraum. Da ist es wichtig, dass wir jede Trainingseinheit qualitativ hochwertig absolvieren.“

Das doppelte Heimspiel im Berliner Olympiastadion dürfte sowohl für Marko Badura als auch für Robert Harting zum emotionalen Höhepunkt der Zusammenarbeit werden. „Als Bundestrainer sage ich natürlich: Egal, wer am Ende oben steht, ich hoffe auf ein gutes deutsches Abschneiden“, erklärt Badura. „Aber es wäre schon ein ganz besonderes Erlebnis, Robert in seinem Wohnzimmer zum Erfolg zu führen. Ich hoffe für ihn auf einen guten Abschluss der Karriere. Dafür geben wir beide unser Bestes.“

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