Martin Lauer - Segeltörn zum Jubiläum
Am Morgen Vorlesung an der Münchner Universität, mittags Abflug in die Schweiz, am Nachmittag Segeltörn auf dem Zürich-See und abends die Sternstunde im Letzigrund: Zum 50. Mal jährt sich der 7. Juli 1959, an dem Martin Lauer mit drei Weltrekorden binnen einer Stunde in Zürich in die Sportgeschichte stürmte.
Doch noch sensationeller als die Steigerung der 110-Meter-Hürden-Bestmarke von 13,4 auf 13,2 Sekunden waren Vorgeschichte und Umstände dieser Ausnahmeleistung. „Zum Gedenken an diesen Tag werde ich genau ein halbes Jahrhundert danach um 15 Uhr ein Gedenksegeln auf dem Tegernsee veranstalten, denn hier mache ich wie jedes Jahr im Juli/August mit meiner Frau Christa Urlaub“, sagt Martin Lauer, einer der größten Athleten, die es jemals gab.Hätte nicht zwei Jahre danach eine unsterile Spritze die Karriere des 24-Jährigen beendet, seine Zürich-Weltrekorde und der 4x100-Meter-Olympiasieg 1960 in Rom wären nur Wegmarken zu den ganz großen Zielen gewesen. Eine Verletzung vereitelte bei den Sommerspielen in Rom den Hürden-Triumph des Kölners, der schon mit 19 Jahren weltbester Zehnkämpfer gewesen war und 1964 in Tokio in dieser Disziplin zum „König der Athleten“ werden wollte.
„Wenn man den Aufwand im heutigen Spitzensport sieht, ist es ja kaum vorstellbar, dass meine Leistungen damals mit nur zweimal zwei Stunden Training pro Woche zustande kamen“, sagt Martin Lauer. Der heute 72-Jährige lief an jenem 7. Juli 1959 in Zürich erst den Weltrekord von Jack Davis (USA) über 110 Meter Hürden in Grund und Boden, steigerte dabei gleichzeitig die Bestmarke über 120 Yards/109,73 Meter auf ebenfalls 13,2 Sekunden.
Knappe Stunde später noch ein Rekord
Er verbesserte 53 Minuten später auch den Weltrekord von Charlie Tidwell (USA) auf der damals populären 200-Meter-Hürden-Distanz um eine Zehntelsekunde auf 22,5 Sekunden. „Ich fühlte mich schon lange stark genug für den Weltrekord. Aber im Zeitalter der Aschenbahn hatte man nur selten rekordreife Bedingungen wie an diesem schönen Sommertag in Zürich“, sagt Martin Lauer.
Mitten im Sommer war er in bester Form, er kam blitzschnell aus dem Startloch, und bei 1,9 Metern/Sekunde Rückenwind stürmte der Mann, der später auch als Schlagersänger mit sechs Millionen verkauften Schallplatten und beruflich als Diplomingenieur in der Kernforschung Karriere machte, zur Fabelzeit von 13,2 Sekunden.
Zur Feier ein Radschlag
„Ich habe den Rekord mit einem Radschlag gefeiert. Als Preis gab es einen 20-Prozent-Gutschein auf eine teure Schweizer Uhr. Er war wertlos für mich, denn ich konnte sie mir nicht leisten“, sagt Martin Lauer angesichts heutiger 100.000-Dollar-Prämien für Weltrekorde. Die 200-Meter-Bestmarke kam damals nur zustande, weil sein Rivale Lee „Willie“ May (nur 13,6 sec) Revanche wollte. „Das war mir sehr recht, die 200 Meter waren meine eigentliche Stärke“, erzählt Martin Lauer, der dem Amerikaner erneut die Hacken zeigte.
„Einige Fachleute sagen, ich hätte mein Talent damals noch vergeudet, weil ich sehr unorthodox trainiert habe. Sicher hätte ich einiges besser machen können, aber so ganz falsch kann es nicht gewesen sein, dass ich permanent im Sauerstoff-Defizit blieb. Und ich trainierte immer nur Dienstag und Donnerstag je zwei Stunden.“
Martin Lauers 110-Meter-Hürden-Weltrekord wurde erst 13 Jahre danach von Olympiasieger Rod Milburn (USA) gebrochen, der über 200 Meter Hürden im Grunde genommen nie. „Er war 39 Jahre alt, als der Weltverband die Rekordliste einfror. Irgendeiner soll kurz danach schneller gewesen sein, aber die Leistung wurde nicht anerkannt“, sagt Martin Lauer, dessen Träumen dann der ärztliche Kunstfehler ein Ende setzte.
Quelle: Sport-Informations-Dienst