Martin Wierig - Wurf in die Weltspitze
Das Jahr 2012 glich für Diskuswerfer Martin Wierig einer Achterbahn: Nach starkem Saisonstart scheiterte er bei der EM bereits in der Qualifikation. Doch die positiven Momente überwogen: Platz sechs bei Olympia und eine neue persönliche Bestleistung von 68,33 Metern. In diesem Jahr will Martin Wierig nun seinen Trainer übertreffen.
Es ist nicht ungewöhnlich, in der Adventszeit ein paar Pfunde zuzunehmen. Stollen, Plätzchen und Gänsebraten - die Verlockungen lassen den Zeiger der Waage bei so manchem ein Stückchen weiterwandern. Diskuswerfer Martin Wierig jedoch hat im Dezember sogar abgenommen.Nach der Geburt seines Sohnes Matthis am 2. Dezember sei es der jungen Familie nicht immer leichtgefallen, abends noch groß etwas zu kochen, erzählt der 25-Jährige. „Stattdessen gab es oft nur schnell eine Schnitte“, sagt Martin Wierig. Drei bis vier Kilo, so schätzt der Magdeburger, fehlen ihm zu seinem „Kampfgewicht“. Ansonsten habe das Training aber kaum gelitten.
Olympia-Norm auf Anhieb
Das Jahr 2012 des 2,02-Meter-Manns glich wie schon das vorherige einer Achterbahnfahrt. Mit 66,01 Metern war er in Wiesbaden so stark wie nie zuvor in die Saison eingestiegen. Die Olympianorm hakte er gleich im ersten Anlauf ab.
„Danach habe ich mir jedoch zu viel Druck gemacht, weil ich bei meinen ersten Olympischen Spielen Eindruck hinterlassen wollte“, sagt Martin Wierig. „Ich habe die Leichtigkeit verloren, die man braucht, um erfolgreich zu sein.“ Negativer Höhepunkt war die EM in Helsinki (Finnland), als der Deutsche Vizemeister schon in der Quali als 15. mit indiskutablen 61,34 Metern die Segel strich.
Zu kurzes Einwerfen
Nach dem EM-Debakel setzte sich Martin Wierig mit einer Sportpsychologin zusammen, „um die Freude am Diskuswerfen wiederzufinden.“ Zudem stellte er seine Wettkampfvorbereitung um: „Bei großen Meisterschaften hat man beim Einwerfen meist nur zwei Versuche. Ich habe gemerkt, dass mir das nicht reicht, deshalb mache ich jetzt immer schon vorher ein paar Würfe draußen auf dem Aufwärmplatz“, erklärt der 25-Jährige.
Rechtzeitig zu den Olympischen Spielen fand er seine Form wieder. Olympiasieger Robert Harting (SCC Berlin) bemerkte später am Rande des ISTAF, Martin Wierig sei in dieser Zeit zum Teil besser gewesen als er. Beim Meeting in Schönebeck schleuderte Martin Wierig den Diskus auf 68,33 Meter - 1,22 Meter weiter als seine bisherige Bestmarke. „Das war ein sehr, sehr guter Wurf, aber man darf diese Weite auf einer Wurfwiese auch nicht überbewerten“, sagt der Magdeburger.
Noch stolzer ist er deshalb auf eine andere Leistung: 65,85 Meter - weiter als im Olympiafinale warf Martin Wierig in einem Stadion noch nie. Als einer der Jüngsten im Kreis der Finalisten belegte er damit Rang sechs. Seine Top-Form bestätigte er Anfang September, als er als Zweiter der Diamond League in Brüssel (Belgien) seine „Stadion-Bestweite“ auf 66,05 Meter steigerte.
In Rio aufs Treppchen
Für 2013 sind 68,50 Meter angepeilt. Damit würde Martin Wierig die Bestleistung seines Trainers Armin Lemme aus dem Jahr 1982 exakt einstellen. Auf seiner Webseite zählt ein Countdown die Tage und Stunden bis zum zweiten großen Ziel in diesem Jahr: die WM in Moskau (Russland). „Dort möchte ich mindestens meinen sechsten Platz aus London verteidigen, am liebsten aber sogar noch ein, zwei Plätze weiter vorn landen“, stellt Martin Wierig klar.
Er war schon Siebter bei der EM 2010 und Sechster bei Olympia 2012 - ein fünfter Rang bei der WM 2013 würde also gut in diese Reihe passen. Das ganz große Ziel aber sind die Olympischen Spiele 2016: „Ich möchte in Rio de Janeiro um die Medaillen mitwerfen“, sagt Martin Wierig. Ziel sei es, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und so die Lücke zu Robert Harting nach und nach zu verkleinern.
Es sei ein großer Luxus, den Besten der Welt in den eigenen Reihen zu haben, meint Martin Wierig. An Robert Harting könnten sich die anderen deutschen Werfer orientieren. „Wenn die eigenen Zubringerleistungen sein Niveau erreicht haben, dann weiß man, dass man auch in der Welt weit vorn landen wird.“ Martin Wierig schätzt Deutschlands Sportler des Jahres. „Robert hat das Diskuswerfen wieder in den Vordergrund gerückt“, sagt der Magdeburger anerkennend.
Hohe Hürde für Moskau
Umso mehr ärgert er sich darüber, dass der Weltverband IAAF vor einen Start bei der WM in Moskau eine Norm von 66 Metern gesetzt hat - ein Meter mehr als noch für Olympia. „Das ist kein Pappenstiel“, meint Martin Wierig und verweist darauf, dass man bei den vergangenen Weltmeisterschaften in Daegu (Südkorea) mit 66,08 Metern die Bronzemedaille gewonnen hat.
Wer die geforderte Weite nicht gleich zu Saisonbeginn bei den Spezialmeetings in Halle und Wiesbaden abhakt, dürfte seiner Meinung nach kaum noch eine Chance auf eine Qualifikation haben. „Das ist schade. Schließlich hat der DLV dank der Wildcard für Titelverteidiger Robert Harting durchaus die Möglichkeit, sogar mit vier Athleten nach Moskau zu fahren.“
Quelle: leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift