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Matthias Bühler: „Habe schon mal vorgelegt“

Erstes Saisonrennen auf deutschem Boden, drittbeste Zeit der Karriere: Für Hürdensprinter Matthias Bühler war Weinheim wieder ein gutes Pflaster. In 13,39 Sekunden hakte er am Samstag die EM-Norm ab und meldete Ansprüche auf den Startplatz bei der Team-EM in Braunschweig an. Von seiner Saisonvorbereitung in den USA mit Weltrekordler Aries Merritt, großem Glück bei der Zimmersuche und dem Motivationsfaktor Team-EM berichtet der Offenburger im Interview.
Silke Morrissey

Matthias Bühler, Ihr letztes Rennen zum Abschluss Ihrer Saisonvorbereitung in den USA haben Sie in 13,69 Sekunden beendet. In Weinheim waren Sie drei Zehntel schneller. Was ist in den zwei Wochen dazwischen passiert?

Matthias Bühler:
In Atlanta habe ich die drei Stunden Zeitunterschied zu Phoenix deutlich gespürt. Muskulär fühlte ich mich an diesem Tag nicht besonders frisch. In den letzten zwei Wochen lief das Training wirklich gut und an Weinheim habe ich nur gute Erinnerungen. Meine Eltern und viele meiner Freunde waren da. Es pusht wenn du weißt, die gucken dir alle zu, die freuen sich mit dir. Dass ich gleich im Vorlauf diese Zeit laufe, hätte ich aber nicht erwartet – eher, dass ich mit einer 13,50er Zeit starte und mich im Finale noch mal steigere.

Dann lief’s aber auf Anhieb wie am Schnürchen. Haben Sie gemerkt, wie schnell Sie unterwegs sind?

Matthias Bühler:
Schon beim Aufwärmen habe ich gemerkt, dass ich mit fit fühle und auch mein Heimtrainer Wilhelm Seigel hat mich optimal auf das Rennen eingestimmt. Ich hatte endlich einen explosiven Start und bin richtig gut ins Rollen gekommen. Technisch war der Lauf gut, aber es geht noch besser. Wenn ich den Oberkörper noch ein bisschen aktiver bringe, kann ich noch mehr Geschwindigkeit zwischen den Hürden entwickeln. Aber klar – 13,39 Sekunden, das ist natürlich toll!

Der Weg nach Weinheim führte für Sie in diesem Jahr über ein siebenmonatiges Trainingscamp in Phoenix, Arizona. Wie kam es dazu, dass Sie sich dort auf die Saison vorbereitet haben?

Matthias Bühler:
Der Kontakt zu Andreas Behm [Anm.: Trainer von Weltrekordler Aries Merritt] besteht schon seit zwei Jahren. Beim ISTAF 2012 saß er beim Dinner zufällig neben mir. Da sind wir ins Gespräch gekommen. Zuerst war nur ein Trainingslager im World Athletic Center geplant, dann habe ich ihn gefragt, ob es auch möglich ist, dort ganz zu trainieren. In der Hallensaison war mein Körper von der Trainingsumstellung ziemlich überreizt, daher habe ich mich entschieden sie abzubrechen, um mich langfristig auf den Sommer vorzubereiten. Im Nachhinein war das genau die richtige Entscheidung, man muss im Leistungssport eben oft ein wenig geduldig sein.

Sie sind 2013 zum vierten Mal Deutscher Meister geworden und waren in 13,45 Sekunden zweitschnellster Deutscher. Warum haben Sie die Veränderung gesucht?

Matthias Bühler:
Ich war mit der Leistungsentwicklung der letzten Jahre nicht zufrieden. Ich hatte oft Verletzungsprobleme, die mich daran gehindert haben maximal zu trainieren. Außerdem fehlte mir immer die Konstanz. Da laufe ich einmal 13,80, dann wieder 13,50 – das möchte ich nicht. Kein Athlet auf dem Niveau sollte solche Schwankungen haben. Die klimatischen Bedingungen in Deutschland sind durch den kalten Winter einfach nicht optimal, außerdem muss das Ziel jedes Athleten sein, mit der absolute Elite seiner Disziplin zusammen zu trainieren.

Woran haben Sie in Phoenix gearbeitet?

Matthias Bühler:
Die Hauptaufgabe war, mich belastungsfähig zu machen. Im Hüftbereich war ich sicherlich nicht stabil genug. Es ist wichtig, dass ich von Woche zu Woche Hürdentraining machen kann und nicht immer Sprint- oder Alternativtraining machen muss, weil die Belastung für meinen Körper zu hoch ist. Daran haben wir gearbeitet, und auch an der Schrittgestaltung zur ersten Hürde. In Phoenix wurde ich jeden Tag von Physiotherapeuten und Osteopathen behandelt, das steigert die Qualität des Trainings nochmal enorm.

Wie lief die Zusammenarbeit mit den Trainern und den anderen Athleten?

Matthias Bühler:
In den Bereichen Sprint und Kraft werde ich von Stuart McMillan betreut, in den Technikeinheiten von Andreas Behm. Auch Dan Pfaff gehört zum Trainerteam, er gibt mir viele Tipps, die Trainer arbeiten hier alle zusammen und versuchen den Athleten Tag für Tag in Topform zu bringen. In der Trainingsgruppe fühle ich mich sehr wohl. Da ist nicht nur Aries Merritt, sondern auch Jeshua Anderson, ein Weltklasse-Mann über 400 Meter Hürden, und andere Athleten, die auf hohem Niveau trainieren. Aries kümmert sich im Training um alle Athleten und gibt uns viele Tipps. Was die Frequenz zwischen den Hürden angeht spielt er in einer anderen Liga. Sein Talent ist einfach faszinierend.

Sieben Monate USA – das ist sicher nicht billig…

Matthias Bühler:
Ich muss in allererster Linie meinen Eltern danken, die das hauptsächlich finanzieren. Von meinem Ersparten habe ich auch einiges dafür aufgewendet. Außerdem haben mich die LG Offenburg und Sponsoren, die mich unterstützen.

Wo sind Sie in Phoenix untergekommen?

Matthias Bühler:
Am Anfang habe ich im Hotel gewohnt, dann habe ich mir ein Zimmer gesucht. Ich hatte großes Glück, denn dabei bin ich auf meine Vermieterin Lisa gestoßen – und die ist Ernährungsberaterin! Jetzt habe ich einen neuen Ernährungsplan, auch das hat sicher Auswirkungen auf die Leistung. Ihr Haus ist nur fünf Minuten vom Stadion entfernt und ich darf ihren Roller benutzen. Ich fühle mich in Phoenix sehr wohl, das ist die Grundvoraussetzung, um erfolgreich trainieren zu können

Mit Ihrer Leistung in Weinheim haben Sie die EM-Norm abgehakt und sind derzeit Kandidat Nummer eins auf den Startplatz bei der Team-EM.

Matthias Bühler:
Der Gedanke an die Team-EM hat mich extrem gepusht! Team-EM in Deutschland – wie geil ist das? Ich bin in Leiria 2009 Team-Europameister geworden, daran habe ich mich immer wieder erinnert. Und dann kam die Meldung, dass ARD und ZDF live übertragen, da ist die Motivation noch mehr gestiegen. Die anderen Hürdensprinter können ja noch kontern und unter 13,39 Sekunden laufen… Aber ich habe schon mal vorgelegt!

Im Video: Matthias Bühler glänzt in 13,39 Sekunden

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