
Matthias de Zordo schuftet fürs Comeback
Matthias de Zordo (SC Magdeburg), der Speerwurf-Weltmeister von 2011, hat die Reha-Phase beendet und arbeitet an seiner Rückkehr. Eine Kapselverletzung und ein Achillessehnenriss warfen den 26-Jährigen gehörig zurück. Zwei Jahre war der Sportsoldat vom Pech verfolgt. Bald will er wieder an frühere Leistungen anknüpfen und hat die EM in Zürich (Schweiz; 12. bis 17. August) fest im Visier.
Dass sich harte, intensive Arbeit lohnt, diese Erfahrung durfte Matthias de Zordo mehrfach machen. 2010, als er Vize-Europameister wurde. Und im Sommer darauf bei der WM in Südkorea. Im Daegu Stadion flog sein Speer fast zwei Meter weiter als der des norwegischen Favoriten Andreas Thorkildsen. Ein Erlebnis, das sein Leben gehörig veränderte.
Später sicherte sich „Zorro“, den seine Freunde wahlweise auch „Matze“ nennen, zudem die Disziplinwertung in der Diamond League. Danach warf es den einstigen Handballer aus dem rheinland-pfälzischen Langenlonsheim gehörig aus der Bahn. Lange Zeit plagte ihn eine Kapselverletzung am Ellbogen. Olympia in London erlebte er nur aufgrund einer Ausnahmeregelung. Das Happy End blieb aus: Schon in der Qualifikation war Schluss.
Linkshänder-„Weltrekord“
Am 25. Mai letzten Jahres ein kapitaler Schicksalsschlag: In Halle riss die Achillessehne - schmerzhaftes Pech. Das Projekt Titelverteidigung - gelaufen. Den WM-Wettbewerb von Moskau (Russland) musste Matthias de Zordo daheim am Fernseher verfolgen. Erneut galt es sich in Geduld zu üben. „Danke dass ihr immer für mich da seid. Das motiviert mich zum Weitermachen“, teilte er seinen Fans per Videobotschaft mit.
Aufhören war nie ein Thema. „Klar habe ich gesagt: So ein Mist. Wieder eine Saison, in der ich nicht richtig werfen kann. Aber ich bin der Meinung, man muss immer wieder aufstehen, so hart das Leben einen auch umwirft. Man muss immer wieder kämpfen“, sagt der Weltklasse-Werfer, dessen Bestleistung bei 88,36 Metern steht. Kein anderer Linkshänder war je besser.
Behutsamer Wiedereinstieg
Der Genesungsprozess verlief außerordentlich gut. Operation, zwei Wochen Gips und drei Monate Gehschuh sind längst abgehakt. In der Reha wurde die Wadenmuskulatur behutsam wieder aufgebaut. Disziplinspezifisch durfte lange nur der Oberkörper belastet werden. An einer speziellen Maschine imitierte der 97-Kilo-Kerl Wurfübungen – sitzend.
Im Dezember erfolgte der Einstieg ins Spezialtraining – behutsame, leichte Würfe. Nunmehr kann der Ex-Weltmeister nahezu hemmungslos für das Comeback schuften. „Ich bin optimistisch, dass ich im Sommer wieder ganz der Alte bin.“
„Es ist stark, wie er kämpft“, sagt sein Trainer Ralf Wollbrück. Er übernahm das Ausnahmetalent im Herbst 2012. Der Grund für Trikottausch und Wohnort-Wechsel: kein Speer, sondern Amors Pfeil.
Veränderung der Liebe wegen
Am Wochenende lebt Matthias de Zordo bei seiner Freundin in deren Heimatort Heiningen bei Braunschweig. Von Montag bis Freitag teilt er sich mit dem Cousin der Freundin eine Wohnung in Magdeburg – knapp 100 Kilometer entfernt. Der Entschluss für den Tapetenwechsel fiel, als Boris Obergföll seinen Umzug nach Offenburg ankündigte. Er hatte ihn sechs Jahre beim SV schlau.com Saar 05 Saarbrücken trainiert.
Im Trainingslager flogen die Speere jetzt schon wieder ganz ordentlich. Und zwar in Stellenbosch, am südwestlichsten Punkt Afrikas. Am sogenannten Kap keimte überaus gute Hoffnung. „Das was ich mir für diese zweieinhalb Wochen vorgenommen hatte, habe ich erreicht. Aber der Weg zurück ist nicht einfach und es liegen noch Wochen intensiver Arbeit vor mir“, weiß der 1,97-Meter-Hüne.
Würfe mit schwerem Gerät
„Ich habe erstmals wieder aus einem Rhythmus geworfen, also nicht nur aus dem Stand und aus dem Gehen, sondern mit Geschwindigkeit“, erzählt der Rückkehrer. Die Messwerte sind indes noch wenig aussagekräftig, zumal ausschließlich mit schwerem Gerät geworfen wurde. „Ich habe 900- und 1.000-Gramm-Speere benutzt und damit Weiten zwischen 53 und 55 Meter erzielt“, berichtet der Sportsoldat.
Am 16. April geht es wieder ins Trainingslager, dann nach Albufeira (Portugal). Wann und wo das Saisondebüt erfolgen soll, ist noch offen. „Damit lasse ich mir Zeit. Ich muss sehen, wie der Kopf mitspielt, wie die Entwicklung weiter voran schreitet und ob da noch ein paar Stolpersteine kommen, über die ich erst einmal hinweg steigen muss. Wenn ich meine ersten Wettkämpfe absolviere, muss alles passen.“
Kampf um EM-Tickets
Der Kampf um die EM-Tickets wird sicher kein Zuckerschlecken. Mindestens drei andere DLV-Werfer haben Zürich im Visier. Lars Hamann (Dresdner SC) verbesserte sich im letzten Sommer um fast fünf auf 84,20 Meter. Bernhard Seifert und Thomas Röhler (beide LC Jena) holten bei der U23-EM in Tampere (Finnland) Silber und Bronze. Julian Weber (USC Mainz), der in Rieti (Italien) U20-Europameister wurde, hat ebenfalls schon an der 80-Meter-Marke gekratzt.
Rio de Janeiro (Brasilien) hat Matthias de Zordo auf jeden Fall auf dem Schirm. Denn schon als 16-Jähriger verkündete er: „Ich will Olympiasieger werden.“ Die EM in Zürich (Schweiz) und die WM im nächsten Jahr in Peking (China) liegen quasi auf der Strecke.