Matthias Lindner mit großen Schritten zur EM
Bis vor wenigen Jahren war Sprinter Matthias Lindner zu schmächtig für schnelle Zeiten. Inzwischen aber lässt der Magdeburger die Muskeln spielen: Gleich in seinem ersten Jahr im B-Kader gelang ihm auf Anhieb der Sprung in die WM-Staffel, wenngleich nur als Ersatzläufer. Bei der EM 2014 in Zürich will der 26-Jährige mehr als bloß für die gute Stimmung sorgen.

Der Durchbruch gelang ihm erst 2012, als er sich beim Meeting in Haldensleben auf 10,30 Sekunden verbesserte. In diesem Jahr schaffte Lindner dann sowohl im Freien als auch in der Halle den Sprung ins DM-Finale und verpasste als Vierter und Fünfter eine Medaille jeweils nur knapp. Vorläufiger Höhepunkt war schließlich im August die Reise zur WM nach Moskau.
Auch wenn der Magdeburger lediglich als Ersatzmann mitgenommen wurde und in der russischen Hauptstadt nicht zum Einsatz kam, war die erstmalige Nominierung für die Nationalmannschaft eine große Sache für Lindner: „Plötzlich stand ich in einem Team mit Robert Harting, den ich sonst nur aus dem Fernsehen kannte.“ Innerhalb der Staffel habe eine hervorragende Stimmung geherrscht, so Lindner – auch weil die Rollen klar verteilt waren. „Die vier Plätze waren fest vergeben. Maximilian Kessler und ich wären nur zum Einsatz gekommen, wenn sich einer von ihnen verletzt hätte, was wir natürlich nicht gehofft haben. Unsere Aufgabe war es, die Jungs zu pushen und die Stimmung hochzuhalten.“
Körper eines Schachspielers
Im Alter von sieben Jahren hatte Matthias Lindner beim SC Magdeburg zur Leichtathletik gefunden. Trainiert wurde er damals von seinem Vater Klaus. Nach einem zweijährigen Intermezzo beim TSV Helmstedt in Niedersachsen kehrte er Ende 2009 zu seinem Heimatverein zurück, bei dem er heute auch als Betreuer für eine Gruppe 12- bis 16-jähriger Mädchen zuständig ist. Früher hatte er immer wieder mit Muskelproblemen im Beuger zu kämpfen – einer der Gründe, weshalb der Sprung in die nationale Spitze so lange auf sich warten ließ.
Ein weiterer: „Bis ich 23 Jahre alt war, hatte ich gar nicht die körperlichen Voraussetzungen dafür. Ich war lange Zeit sehr dünn und schmächtig“, erzählt Lindner. Manch einer sah ihn eher im Schachsport als auf der Laufbahn. Erst in den vergangenen Jahren legte er gut zehn Kilo Muskelmasse zu. „Ich musste mir das im Kraftraum hart erarbeiten“, so Lindner.
Training mit Langsprintern
Mittlerweile wird er beim SCM von Marco Kleinsteuber betreut. Zu seinen Trainingspartnern gehören mit Thomas Schneider, Eric Krüger, Janin Lindenberg und Varg Königsmark vor allem Viertelmeiler und 400-Meter-
Hürdenläufer, wenngleich inzwischen mit dem Jugendlichen Felix Gehne ein weiterer Kurzsprinter dazugestoßen ist. „Ich mache aber auch viele Einheiten zusammen mit Eric Krüger, der ja auch über die 200 Meter startet“, sagt Matthias Lindner. Seinerseits auf die 400-Meter-Strecke zu wechseln, kommt für den 26-Jährigen nicht infrage: „Das ist zu lang für mich. Bis 300 Meter halte ich noch mit, aber dann ist der Ofen aus!“
Lindners Fokus liegt stattdessen weiterhin auf den kurzen Sprintdistanzen. Bei der EM in Zürich will er erneut zum DLV-Aufgebot zählen – dann aber möglichst als Stammkraft des deutschen Quartetts. „Ich will rein in die Staffel“, sagt er. Bei seinem bislang einzigen Auftritt im Nationaltrikot wurde er in Weinheim an Position drei eingesetzt, „aber ich kann eigentlich alles laufen von Position zwei bis zum Schluss“, so Lindner. Lediglich als Startläufer wäre er derzeit wohl eher ungeeignet: „Die ersten 30 Meter sind bislang noch meine größte Schwäche“, verrät er. „Da verliere ich rund eine Zehntel auf die deutsche Spitze.“
Vorbild Frank Emmelmann
Trotzdem hat Matthias Lindner insgeheim sogar noch mehr ins Auge gefasst. Der Magdeburger würde sich gern genau wie sein Vorbild, der deutsche Rekordhalter Frank Emmelmann (10,06 sec), auch im Einzel für die EM qualifizieren. Er will, im wahrsten Sinne des Wortes, mit großen Schritten zur EM.
„Ich laufe schon sehr frequent, aber mir fehlt noch die Schrittlänge“, erzählt Lindner – und das, obwohl er mit 1,88 Metern ziemlich groß gewachsen ist. „Das allein reicht aber nicht. Die richtige Schrittlänge kriegt man nur über gute Kraftwerte hin, sonst kann man das Bein nicht richtig strecken.“ Aufschlüsse, wie gut Mister X die Verfeinerung seiner Technik gelungen ist, werden die ersten Hallenrennen im Januar bringen.
Quelle: leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift