Mehdi Baala – Pechvogel und WM-Hoffnung
Mehdi Baala ist ein besonderer Athlet, sogar im Sturz und der Niederlage. Den Ausgang seines letzten Starts in diesem Winter, beim Karlsruher Hallen-Meeting, hatte er sich ganz anders ausgemalt. Nach einer vorher sensationell schnellen Hallensaison, in der er in Stockholm und Liévin zwei neue französische Rekorde aufgestellt hatte (800 Meter - 1:44,82 Minuten, 1.000 Meter - 2:17,18 Minuten), sollte in der Europahalle mindestens der Meetingrekord über 1.500 Meter fallen. Stattdessen ging Baala bei einem Gerangel gleich in der ersten Runde zu Boden, rappelte sich auf und rollte das 150 Meter entfernte Feld von hinten auf.
Aufgeben gibt es nicht für Mehdi Baala. Er ist noch nie ausgestiegen. In München wurde der 22-Jährige im Sommer Europameister. (Foto: Kiefner)
Das Publikum feierte ihn wie einen Sieger und sein Trainer Jean Michel Dirringer schwärmte: "Was Mehdi dort geleistet hat, war einfach fantastisch!" Der 22-Jährige Europameister von München war äußerst verärgert über die Rempelei, ans Aufgeben habe er allerdings nie gedacht. "Ich habe noch jedes Rennen in meinem Leben zuende gebracht, das war ganz normal für mich." Schließlich sollten ihn doch seine Familie und sein zahlreich angereister Freundeskreis laufen sehen. Weit hatten sie es nicht gehabt, denn Mehdi Baala ist im benachbarten Straßburg geboren, wohnt dort und startet seit neun Jahren für den ASPTT Strasbourg.
Der kleine Grenzverkehr des Mehdi Baala
Der 1,83 Meter große und nur 66 Kilogramm schwere Athlet war nur durch Zufall und mit 16 Jahren erst recht spät zur Leichtathletik gekommen. Der Wettkampf in der Europahalle kam für den Sohn eines Algeriers und einer Elsässerin quasi einem Heimspiel gleich, trainierte er doch von Dezember bis Februar dort jeden Montag und Freitag.
"Wir sind den Betreibern der Hallen in Karlsruhe und Saarbrücken, wohin wir manchmal ausweichen, außerordentlich dankbar, dass wir dort trainieren dürfen. Ansonsten müssten wir jedesmal eine zweistündige Fahrt zur nächsten Halle in Frankreich auf uns nehmen."
Grande Nation ohne Europameister bei der Hallen-WM
In Birmingham wurden die französischen Farben über 1.500 Meter allerdings von Driss Maazouzi glänzend vertreten. Mehdi Baala verzichtete auf seinen Start, weil er sich voll und ganz auf die Freiluftweltmeisterschaften im eigenen Land konzentrieren möchte. "Ich ziehe es vor, auf nur einen Höhepunkt im Jahr hinzuarbeiten."
Der Olympiavierte von Sydney lebt von seinen Antritts- und den Sponsorengeldern von Adidas, Caisse d´Épargne (dem französischen Pendant der Sparkassen, der auch einer der Hauptsponsoren der WM ist), Gaz de France und der Stadt Straßburg.
Nachwuchs verschiebt Wertigkeiten
Damit Mehdi Baala den Erwartungen seiner Landsleute Ende August gerecht wird, ist er momentan in einem Trainingslager in Südafrika. Dorthin wurde er von Trainingspartner Bob Tahri, seiner Trainingsgruppe und Coach Dirringer begleitet. Ein weiteres Trainingscamp ist im April in Font-Romeu in den Pyrenäen geplant. Da seine drei Jahre ältere Frau Hanane, ebenfalls eine von Dirringer trainierte 1.500 Meter-Läuferin mit einer Bestzeit von 4:07,14 Minuten, im siebten Monat schwanger ist, kann es passieren, dass der junge Vater in spe das Trainingslager plötzlich absagen oder verschieben muss. "Egal, was dieses Jahr geschieht – es kann nichts Wunderbareres geben als die Geburt unserer Tochter. Ich bin sehr glücklich!"
Ulrike Philipp